Velmede. Die Polizei in Meschede erwischt einen Velmeder in seiner Marihuana-Plantage. Fünf Kilo wollte der 24-Jährige dort pro Jahr ernten.

Er ist das Gegenbeispiel zum klassischen heruntergekommenen Junkie. Freundlich, sprachlich gewandt, intelligent, ordentlich gekleidet, einsichtig - so zeigte sich dieser 24-Jährige aus Velmede in seinem Prozess vor dem Landgericht Arnsberg. Die Drogen haben ihn aber genauso in den Abgrund gezogen. Zur Eigenversorgung und zur Finanzierung seiner Sucht wollte er in seiner Wohnung eine Marihuana-Plantage aufziehen.

Die Waffen zur Verteidigung griffbereit

67 Drogen-Pflanzen fand die Mescheder Polizei in seiner Wohnung - in unterschiedlichem Wachstumsstadium, vom Keimling bis zum 1,20 Meter hohen, blühenden Gewächs.

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Solche Marihuana-Pflanzen entdeckt die Mescheder Polizei in Velmede - insgesamt 67 davon, im verschiedenen Wachstumsstadium: Einige noch als Keimlinge, andere schon blühend.
Solche Marihuana-Pflanzen entdeckt die Mescheder Polizei in Velmede - insgesamt 67 davon, im verschiedenen Wachstumsstadium: Einige noch als Keimlinge, andere schon blühend. © Archiv

Hochgerechnet hätten sie, bei drei Ernten im Jahr, fünf Kilo Marihuana ergeben. Weil bei dem 24-Jährigen auch ein Axtstiel, ein Schlagring und ein Springmesser gefunden wurde, kam es zur Anklage (und Verurteilung) wegen bewaffneten Handels mit Rauschgift. Die Waffen hätten ihm zur Verteidigung dienen sollen, sagte er: „In meinem Milieu hat man es nicht immer mit netten Personen zu tun.“

Es war der erste Test des Mannes als Züchter. Durchaus gelungen, räumte auch die Polizei ein: „Für den ersten Versuch ist es ganz gut gelaufen. Die Plantage war schon professionell“, so ein Fahnder vor Gericht. Der 24-Jährige war in den Niederlanden darauf gekommen: Dort hatte er in einem Shop Samen für Cannabis-Pflanzen entdeckt und eine Anleitung zur Zucht gelesen - „ich dachte, das ist doch gar nicht so schwer“. Er bestellte auch Samen (in Bio-Qualität!), kaufte sich das Zubehör für die Zucht über Amazon zusammen. Ein hoher Stromverbrauch, durch den die Polizei früher möglichen Plantagen auf die Spur kam, weil Cannabis-Pflanzen es heiß mögen, ist heute übrigens nicht mehr nötig - es gibt inzwischen sparsame LED-Leuchten dafür.

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Auch Crystal Meth getestet

Der Deutsche ist gutbürgerlich aufgewachsen in Velmede. Er war nur der rebellische Typ, sagte er, der Ärger mit Autoritäten hat. Das brachte ihn als 15-Jährigen bereits in die Kinder- und Jugendpsychiatrie Marsberg – und ausgerechnet dort geriet er an Kiffer und fing auch mit Marihuana an. Lehre und Gesellenprüfung (mit Auszeichnung) machte er noch, dann überwarf er sich mit seinem Chef und kündigte.

Kein Geld mehr, aber die Sucht musste doch finanziert werden: Da kam ihm die „Geschäftsidee“ mit der Drogenzucht. Im Laufe der Jahre testete der 24-Jährige alle möglichen Drogen aus - zuletzt das besonders gefährliche Crystal Meth, an das er auch im Sauerland kam: Er merkte rasch, wie schnell das abhängig macht, und lässt die Finger davon.

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Ein Junkie, der die Kurve kriegt

Nachdem er in seiner Wohnung in Velmede randaliert hatte, erkannte er bei sich selbst Anzeichen einer Persönlichkeitsstörung. Er begab sich selbst freiwillig in Therapie. Die macht er immer noch. Inzwischen lebt er in einer Nachsorgeeinrichtung in Norddeutschland. Im Norden hat er jetzt auch eine feste Arbeitsstelle sicher. Mit Drogen hat er nichts mehr am Hut. Er ist ein seltenes Beispiel, dass ein Junkie doch die Kurve kriegen kann. Sein Verteidiger Klaus Telgenbüscher (Arnsberg) lobte: „Er ist ein wunderbares positives Beispiel, wie jemand den Poppes hoch bekommen hat!“

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Auch die Zweite Große Strafkammer am Landgericht sah eine positive Entwicklung. Deswegen, und weil der Mann nicht vorbestraft ist, keine der Drogen in den Handel kamen und er der Polizei half, weitere Dealer zu finden, verurteilten ihn die Richter zur Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Er muss außerdem regelmäßig zur Suchtberatung, bekommt einen Bewährungshelfer, muss viermal im Quartal zur Drogenkontrolle.

>>>HINTERGRUND<<<

Geklärt wurde auch d as Rätsel von zwei Tüten mit Biohanf, das die Polizei in der Wohnung fand: Wofür diente das?

Es war schlicht als Vogelfutter gedacht. Der 24-Jährige hatte sich von einer Idee der Piraten-Partei inspirieren lassen.

Die Piraten forderten 2015 die Legalisierung von Cannabis und verteilten dafür Tüten mit Hanfsamen - die aber nicht für den Rauschgiftanbau dienten, sondern eben als Vogelfutter.