Meschede. . Frühmorgens entdeckt die Meschede Polizei ein Pärchen auf dem Möbelhaus Knappstein in Enste. Vor Gericht liefert es eine ausgefallene Erklärung.
Für den Richter war es eine „Räuberpistole“ der beiden Angeklagten. Dem Staatsanwalt entlockte ihre Geschichte sogar ein „Meine Güte!“ Denn was treibt ein Pärchen frühmorgens fünf Meter hoch auf das Dach des Möbelhauses Knappstein in Enste?
Ein 35-Jähriger und seine 24 Jahre alte Freundin fanden dafür eine ausgefallene Erklärung. Anfang Mai 2018 wollen sie den Schwiegervater zur Arbeit zu einem Betrieb ins Gewerbegebiet gefahren haben. Das war schon verboten: Der 35-Jährige hatte keinen Führerschein, die 24-Jährige als Halterin hätte ihn nicht fahren lassen dürfen. Das Auto ließen sie dann angeblich stehen, um wieder nach Hause nach Meschede zu laufen.
Aus Furcht vor Auto aufs Dach geklettert
Auf dem Weg sei dann bei Knappstein ein anderes Auto gekommen, „aus Reflex“ so die 24-Jährige, seien sie dann ins Gebüsch gesprungen: „Wir wussten nicht, was uns passierte.“ Irgendwie hätten sie Angst gehabt. Wovor genau? Das konnten sie nicht erklären.
Sie seien dann über den Knappstein-Parkplatz gelaufen, danach fünf Meter die hohe Leiter am Gebäude hochgeklettert und hätten sich auf dem Dach versteckt. Staatsanwalt Gregor Keller sagte: „Ich springe nicht ins Gebüsch, wenn ein Auto kommt“ – und auf ein Dach klettere er deswegen auch nicht.
Der Autofahrer hatte beide gesehen, wie sie ins Gebüsch sprangen – und rief die Polizei. Die entdeckte das Pärchen in fünf Meter Höhe auf dem Dach, versteckt hinter Lüftungsanlagen. Von dem Autofahrer erzählten sie nichts, stattdessen sagten sie auf die Frage, warum sie auf dem Dach seien: „Wir wollten allein sein.“ Bei dem Mann wurden Handschuhe, Lampen und eine Multifunktionszange gefunden. Der Verdacht lag nahe: Hier wurde möglicherweise das Ziel für einen Einbruch ausbaldowert. Bewiesen werden konnte das aber nicht.
Haarscharf an Gefängnisstrafe vorbei
Verurteilt wurden beide wegen Hausfriedensbruchs, die Frau zusätzlich wegen Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis: Der 35-Jährige zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und 1500 Euro Geldstrafe, die 24-Jährige zu einer Geldstrafe von 1875 Euro.
Der Mann schrammte haarscharf am Gefängnis vorbei. Staatsanwalt Keller hatte eine Haftstrafe gefordert. Denn der 35-Jährige hat 18 Vorstrafen, darunter diverse wegen unerlaubten Fahrens. Als er erwischt wurde, stand er obendrein noch unter laufender Bewährung aus einer Verurteilung wegen Diebstahls, Hehlerei, Führen einer Waffe. „Er ist nicht gewillt, sich an die Gesetze zu halten“, so Keller.
Paar plant Neustart
Richter Dr. Sebastian Siepe rang sich jedoch „unter Zurückstellung erheblicher Bedenken“ zu einer Bewährung durch. Der Mann hat in Ostdeutschland inzwischen einen festen Arbeitsplatz gefunden, das Paar plant dort einen Neustart.
Vielleicht muss er doch noch ins Gefängnis: Denn im Oberbergischen Kreis ist er in der Zwischenzeit zu einer Haftstrafe verurteilt worden – wieder wegen Fahrens ohne Führerschein. Dagegen ist er in Revision gegangen. Wenn die erneute Verurteilung aus Meschede dort bekannt wird, dürfte es eng werden für ihn.
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