Meschede. Nach den Ausbrüchen im HSK: Wie schätzt das Gesundheitsamt die weitere Entwicklung ein? Und wie geht es in den kommenden Monaten weiter?

Über Wochen war die Corona-Zahlen im Hochsauerlandkreis niedrig. Dann kam es zu zwei Ausbrüchen. Wie schätzt der Leiter des Gesundheitsamts, Dr. Peter Kleeschulte, die Lage ein? Und womit rechnet er in den kommenden Monaten?

Besteht nach Ausbrüchen wie in Meschede/Velmede sowie Hallenberg/Medebach die Gefahr, dass der Hochsauerlandkreis doch einmal die Corona-Grenze von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohnern reißt und es dann zu einschränkenden Maßnahmen kommt?

Bei beiden Ausbrüchen ist es insgesamt zu 54 Fällen gekommen. Das hat den Hochsauerlandkreis in der Berechnung von Einwohnern und Fällen, der Sieben-Tage-Inzidenz, auf maximal 17 gebracht. Es benötigt aber 130 Neuinfektionen, um den Grenzwert zu erreichen.

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Das ist schon eine Menge. Es ist letztlich nicht auszuschließen, dass von heute auf morgen eine größere Ausbruchssituation entsteht. Die Wahrscheinlichkeit halte ich allerdings derzeit für gering.

Zuletzt waren Ausreisesperren in so einem Fall in der Politik diskutiert worden. Wie weiträumig müssten Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus sein?

Man muss jeden Ausbruch individuell beurteilen. Es gibt immer wieder andere Voraussetzungen hinsichtlich der regionalen Verbreitung und der Betroffenen. Inzwischen ist die Politik zum Ergebnis gekommen, dass Ausreisesperren nicht realisierbar sind. Wie sollen sie überprüft und durchgesetzt werden? Auch bei größeren Ausbrüchen gilt: Kurzfristiges Unterbrechen der Infektionsketten und Überprüfung der Quarantänen.

Halten sich alle an Quarantänen?

Wir haben in einem Fall im April eine Strafanzeige erstattet, weil nachweislich gegen eine Anordnung verstoßen worden ist. Ansonsten sind mir keine Probleme bekannt.

Es hat viel Empörung geherrscht über Mallorca-Urlauber, die am Ballermann gefeiert hatten. Erwarten Sie deutlich steigende Corona-Zahlen durch Reiserückkehrer?

Wir haben im Hochsauerlandkreis mehr als 450 Rückmeldungen von Reisenden aus Risikogebieten erhalten. Bislang waren 10 Fälle positiv. Die Infizierten waren in Serbien, dem Kosovo und der Türkei. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Fälle auftreten, daher sind Kontrollen an den Flughäfen sinnvoll. Allerdings beobachten wir dann nur den kleineren Teil, der größere Teil ist mit dem Auto unterwegs. Von denen wissen wir nichts, wenn sie sich nicht melden.

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Was Mallorca betrifft: Es gibt immer wieder Situationen, in denen meist junge Menschen feiern. Mallorca wurde medial in den Vordergrund gerückt. Ein Ereignis wie in Ischgl, wo es zu einer Masseninfektionen kommt, kann auch an anderen Orten passieren. Bis wird keinen Impfstoff haben, kann man immer wieder nur appellieren: Abstand halten, keine Großveranstaltungen und Masken tragen – auch wenn es zunehmend schwer fällt nach dieser langen Zeit.

Der Herbst naht: Sollte sich jeder vorsorglich gegen die Grippe impfen lassen?

Es gilt wie immer: Jeder, der einer Risikogruppe angehört, chronisch Vorerkrankte und über 60-Jährige. Sie sollten sich rechtzeitig beim Hausarzt anmelden. Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage diesen Herbst größer sein wird.

Dr. Peter Kleeschulte, Leiter des Kreisgesundheitsamts in Meschede.
Dr. Peter Kleeschulte, Leiter des Kreisgesundheitsamts in Meschede. © WP | Ute Tolksdorf

Wie hoch sehen Sie die Gefahr einer zweite Corona-Welle im Hochsauerlandkreis?

Ich kann es nicht beantworten. Der Hochsauerlandkreis ist abhängig von der bundesweiten und weltweiten Entwicklung. In der Vergangenheit hat es bei Virus-Erkrankungen sehr häufig eine zweite Welle gegeben. Aber es muss keine Welle sein - wir sind vorbereitet.

Allein die Quarantänen binden viel Personal beim Kreisgesundheitsamt. Können noch alle Aufgaben wie bisher erledigt werden?

Wir haben über Monate die Routinearbeiten in anderen Sachgebieten auf das Notwendigste reduziert, jetzt aber wieder hochgefahren. Tatsächlich ist es uns gelungen rechtzeitig alle Einschulungsuntersuchungen bei mehr als 2000 Kindern durchzuführen. Das ist nicht in allen Kreisen in Nordrhein-Westfalen gelungen.

Ist es sinnvoll, dass weiterhin Masken getragen werden müssen, wenn einige Orte im Hochsauerlandkreis seit Wochen null Corona-Infektionen verzeichnen?

Die Maske kann man nicht isoliert sehen. Es ist eine Kombination aus Maßnahmen, die wirken. Letztlich ist es aber eine Entscheidung von Land und Bund.

Bisher wurde nur bis zum Herbst geschaut: Was sagen Sie für die Zeit danach, zum Beispiel zu Weihnachtsmärkten?

Noch kann niemand etwas dazu sagen. Bisher haben wir auch keine Nachfragen zu diesen Themen. Wir sollten die nächsten zwei Monate abwarten.

Wann rechnen Sie damit, dass jeder, der möchte, im Hochsauerlandkreis eine Impfung gegen das Coronavirus bekommen kann?

Ich persönlich habe die Hoffnung, dass sie jeder im Frühjahr nächstes Jahres bekommen kann. Es ist aber nur meine Einschätzung. Einen exakten Termin kann heute noch niemand nennen.

>>> Weitere Informationen

Die Zahlen zur aktuellen Corona-Statistik und weitere Themen im Hochsauerlandkreis gibt es hier.