Bestwig. Fast täglich kommt es in den Zügen im Bereich des Sauerlandnetzes zu Übergriffen. Jetzt liegt erstmals eine Zahl vor, die das ganze Ausmaß zeigt.
Fast täglich kommt es in den Zügen im Bereich des Sauerlandnetzes zu Übergriffen. Jetzt liegt auch erstmals eine Zahl vor, die das ganze Ausmaß belegt.
Sexuelle Belästigungen, Beleidigungen bis hin zu körperlichen Angriffen
Für das Jahr 2019 liegen Michael Gerhards, in Bestwig Ortsgruppenvorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer und freigestellter Betriebsrat, demnach über 200 Übergriffe gegen das Zugpersonal vor – von sexuellen Belästigungen, Beleidigungen bis hin zu körperlichen Angriffen.
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„Es passiert täglich etwas“, sagt Gerhards mit Blick auf die hohe Dunkelziffer: Denn nicht in jedem Fall werde ein Übergriff bekannt und publik gemacht. „Es ist nicht alles Gewalt, es passiert auch viel verbal“, sagt er. Allerdings: Im schlimmsten Fall sei auch schon (nach der Verspätung bei einem Fußballspiel) im Iserlohner Raum ein Zug stehen geblieben, weil sich Lokführer und Zugbegleiter in Sicherheit bringen mussten, da sie um ihr Leben fürchteten.
Letzter Vorfall in Arnsberg
Die über 200 Übergriffe beziehen sich auf die Verbindungen Dortmund-Lüdenscheid, Dortmund-Iserlohn, Unna-Neuenrade, die heimische Verbindung Dortmund-Winterberg, Brilon-Stadt, Hagen-Kassel. Der jüngste Vorfall ereignete sich am vergangenen Wochenende in Arnsberg, als betrunkene Reisende im Zug sich angingen und gegenseitig verprügelten - und auch eine Bierflasche nach dem Kundenbetreuer warfen. „Kundenbetreuer im Nahverkehr“, so lautet inzwischen die offizielle Bezeichnung für den früheren Zugbegleiter oder Schaffner.
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Für Gerhards ist es ein gesellschaftliches Problem, das nicht nur die Bahn betreffe - er sieht es im gleichen Zusammenhang wie die Angriffe und Übergriffe, die sich auf Polizisten, Feuerwehrleute oder Sanitäter häuften: „Die Lösung kann nur gesellschaftspolitisch stattfinden. Wir müssen mit der Kinderstube wieder anfangen.“ Die Angreifer kämen aus allen Gesellschaftsschichten.
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Die im letzten Jahr aufgekommene Forderung, Sicherheitsdienste stärker einzusetzen, ist aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt worden. Das geschieht bislang nur bei Fußballspielen oder anderen Großveranstaltungen. Die Sicherheit der Reisenden soll die Anwesenheit der Kundenbetreuer erhöhen: Tagsüber gilt eine Quote von 50 Prozent im Sauerlandnetz, ab 19 Uhr gelten 90 Prozent - dann ist fast in jedem Zug ein Ansprechpartner anzutreffen.
Mehr Sicherheitspersonal
„Das Thema Sicherheit ist immer noch im Fluss“, sagt Bernd Lingemann aus Nuttlar, Aufsichtsratsmitglied im Zweckverband ZRL und Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Gerhards und Lingemann hatten im letzten Jahr den SPD-Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese eingeschaltet, um das Problem bekannt zu machen.
Auch Lingemann sagt: „Die Respektlosigkeit ist ein bundesweites Problem.“ Früher habe es genügt, eine Uniform zu tragen: „Die gilt heute leider nicht mehr viel.“ Lingemann fordert mehr Polizei und Sicherheitskräfte im Bahnbereich, „auch um das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste zu verbessern.“