Meschede. Wer in Meschede zur späteren Stunde in die Kneipe möchte, kann Pech haben und vor verschlossener Tür stehen. Das sind die Gründe dafür.

Es ist 23.30 am Samstagabend und Totentanz in der Stadt. Wer jetzt noch auf ein Bier unterwegs ist, kann Pech haben und steht vor verschlossenen Türen oder wird freundlich, aufgefordert, seine letzte Bestellung aufzugeben. Gäste berichten über solche Szene. Das Gleiche gilt am Sonntagabend, dann aber schon deutlich früher und in der Woche sowieso. Die Ausgehkultur verändert sich dramatisch.

„Früher, da haben wir uns noch getroffen, weil wir uns was erzählen wollten“, sagt Thomas Bigge vom Mono. Das sei heute ja gar nicht mehr nötig. „Über die diversen sozialen Medien habe ich den ganzen Tag über schon erfahren, wie es meinen Leuten geht.“ Unterhaltung gebe es genug vom Sofa aus. „Ist mir langweilig, sehe ich mir einen Film auf diversen Streaming-Kanälen an.“ Das sei bis in die 90er eben anders gewesen - bei drei Programmen im Fernsehen.

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Mescheder Wirten keine Vorwürfe machen

„Da kann man niemandem einen Vorwurf machen“, betont Bigge, „den Wirten nicht, aber den Gästen auch nicht.“ Ein Wirt, der freundlich, aber bestimmt die Gäste spätabends vor die Tür setze, müsse das dürfen, findet er. „Das ist vielleicht nicht besonders gastfreundlich, aber das ist wirklich jedem Einzelnen überlassen.“ Letztlich müsse es sich ja auch für den Wirt rechnen. „Ich kann das nachvollziehen!“

Außer Thomas Bigge wollte sich auf Anfrage unserer Redaktion kein anderer Wirt der Mescheder Innenstadt zu dem Thema äußern.

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Meschede kein Einzelfall

Auch Ulrich Biene, Pressesprecher der Veltins-Brauerei, beobachtet die Entwicklung. Und zwar nicht nur in Meschede, sondern in vielen anderen Kleinstädten im ländlichen Raum. „Das ist bedauerlich, aber Meschede ist da wirklich kein Einzelfall“, betont er. Seit etwa 15 Jahren schrumpfe das Angebot, begonnen habe das Kneipensterben damals in den Dörfern.

Die Gründe dafür seien vielschichtig. „Wir sind mobiler geworden“, sagt Biene. „Die Zielgruppe der 18- bis 30-Jährigen, die in den Kneipen unterwegs sind, fährt auch bis in die Arnsberger Altstadt oder nach Dortmund.“ Generell gebe es mehr Freizeitangebote und mit dem Smartphone habe sich eben auch die Kommunikation verändert.

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Region mit Vollbeschäftigung

Außerdem sei das Bewusstsein für die Gesundheit gestiegen. So stehe anstelle des Feierabend-Bierchens für viele Berufstätige am Abend oder am Wochenende der Sport auf dem Programm. „Und was man auch nicht vergessen darf: Wir leben in einer Region mit Vollbeschäftigung“, ergänzt der Brauerei-Pressesprecher. „Die Menschen werden in ihrem Job gefordert und wollen am nächsten Tag fit sein.“ Zudem gebe es viele Pendler in Meschede.

Die Kneipenszene einer Stadt sei eben immer auch ein Indikator für die gesellschaftliche Struktur. „Und die Gastronomie hat sich angepasst, denn sie funktioniert bedarfsorientiert“ - sie habe Öffnungszeiten verändert oder eben auch aufgegeben. „Es reicht nun mal nicht, dass Einzelne sagen, wir sind noch da“, betont Biene. Denn am Ende sei eines entscheidend: die Wirtschaftlichkeit.

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Schwierige Jahreszeit

Hinzu komme, dass der Januar und der Februar selbst in gastronomisch viel frequentierten Städten schwierige Monate seien. „Sobald das Wetter besser wird, sind auch wieder mehr Leute unterwegs. Und es ist ja nicht so, dass man in Meschede nicht ausgehen kann“, sagt Biene. Die Menschen gehen gerne Kaffeetrinken, auch nett essen. Der Bedarf habe sich verändert.

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>>> Nur noch vier klassische Bierkneipen:

- In der Innenstadt gibt es vier klassische Bierkneipen: Kotthoff’s Theo, die Tröte, Postkeller und Bibulus (früher Netz).

- Das Bibulus und die Tröte haben nur Donnerstag, Freitag und Samstag geöffnet.

- Die Bar Mono hat nur freitags und samstags geöffnet.

- Brazil (nur montags Ruhetag) und Schröjahrs (gar kein Ruhetag) sind Cafés bzw. Bars.