Meschede. Anna Kotthoff (31) ist Gastwirtin aus Leidenschaft. Sie weiß, wann ein Gast unterhalten werden und wann er auch mal schweigen will.

Kotthoff’s Theo ist eine der wenigen echten Bierkneipen in Meschede. Vor zehn Jahren übernahm Anna Kotthoff, damals erst 21 jahre alt, die Kneipe und damit auch ein Stück Mescheder Tradition. Wir sprachen mit der Wirtin über die Zukunft.

Wie wichtig ist denn der Mensch hinter der Theke?

Anna Kotthoff: Sehr wichtig. Als Wirt musst Du verschwiegen und gesprächig zugleich sein, unterhalten, Streit schlichten, aber in den richtigen Momenten auch leise sein. Und wenn es zu privat wird, musst Du dann auch mal etwas sehr Wichtiges in der Küche erledigen. Gäste füllen den Raum mit guter Laune und mit schlechter Laune, mit beidem musst du klarkommen. Die Stille auszuhalten musste ich übrigens auch lernen (lacht). Es gibt Gäste, meistens sind das Männer, die an der Theke vor ihrem Pils sitzen und nachdenken wollen. Ohne Worte.

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Konnten Sie damals auch von der Gastro-Erfahrung Ihrer Familie profitieren? Gab es Tipps?

Na klar. Gerade am Anfang hat mir meine Mutter sehr geholfen, unter anderem als Souffleuse. Sie raunte mir dann immer die Namen der alteingesessenen Mescheder zu. Der Rückhalt meiner Familie ist enorm, die sind immer da. Mit den Jahren kam dann auch noch ein tolles Thekenteam dazu. Daraus sind viele Freundschaften entstanden. Dass sich das Team versteht, ist auch wichtig. Ich hoffe, es bleiben mir noch alle lange erhalten.

Mögen Ihre Gäste Veränderungen?

Die Frage ist eher, ob ich so viel verändern möchte. Meine Gäste würden wahrscheinlich viel mitmachen. Aber ich würde zum Beispiel ungern die Theke oder das Rückbuffet verändern. Ich finde, das gehört hier einfach hin. Ohne wäre es nicht mehr das Theo, das die Gäste mögen. Ich ändere lieber dezent: Neue Bezüge, neue Gardinen, neue Bilder, neuer Anstrich. In der Sommerpause haben wir jetzt die Toiletten saniert. Nach 60 Jahren wurde es Zeit. Einige Gäste waren sehr traurig. Für sie waren die Räume Kult. Manche fragten sogar nach einem Stück der alten Fliesen.

Aber eine Event-Kneipe wird aus Kotthoff’s Theo nicht?

Nein, ich habe meine Stammtische, die regelmäßig kommen. Denen möchte ich ungern absagen für eine Party, oder so. Das passiert höchstens mal für eine geschlossene Gesellschaft.

2017/18 waren Sie die Königin der St.-Georgs-Schützen. Wie wichtig ist die Verbindung zum Schützenwesen für die Zukunft Ihrer Kneipe?

Ich fühle mich Meschede und auch den Traditionen der Stadt verbunden. Und als ich all die jubelnden Menschen sah, die draußen vor der Kneipe standen, als wir vorbeimarschiert sind, hatte ich Tränen in den Augen. Da musste mein Mann meine Hand sehr fest halten. Ich bin einfach gern ein Teil davon. Und Kotthoff’s Theo ist es auch. Die Jungschützen treffen sich hier regelmäßig, die Schützenbrüder kommen zum Absacker vorbei. Aber hier treffen sich ja nicht nur Schützen. Die Karnevalsvereine kommen, meine vielen Stammtische, viele Frauenclubs, Vereine, Fußballfans...

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Welche Rolle spielt der Fußball?

Der Fußball ist für uns sehr wichtig. Aber ich muss das immer von Jahr zu Jahr entscheiden. Die Anbieter machen es uns Wirten nicht leicht. DAZN habe ich aktuell nicht abonniert, weil sich das nicht lohnt. Wir können also keine Freitagsspiele zeigen und müssen auf die fünf Sonntagsspiele verzichten, die DAZN zeigt. Der Dienst zeigt auch Spiele am Montag, aber da haben wir Ruhetag. Das Sky-Abo rechnet sich auch nur, wenn ich die Saison insgesamt betrachte und nicht einzelne Spieltage. Bei Leipzig gegen Mainz ist die Kneipe leer, bei Schalke gegen Dortmund voll. DAZN zeigt auch Champions-League-Spiele, da werden wir dann wohl auf die Sky-Konferenzschaltung wechseln. Man muss halt immer schauen...

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Verunsichern Sie Zeiten, wenn weniger los ist?

Es ist normal, dass es im Hochsommer ruhiger ist und in der Bundesliga-Pause und Schützenfest-Zeit weniger los ist. Dann haben wir hier auch Betriebsferien. Aber so ab Spätsommer werde ich immer kribbelig. Dann ertappe ich mich bei dem Gedanken: Hoffentlich bleibt das nicht so ruhig. Aber ab Herbst kommen die Gäste. Jetzt geht es also wieder los und ich freue mich auf jedes Gesicht.

Wie sieht für Sie die Zukunft der klassischen Pilskneipe aus?

Es ist schwierig und wird immer schwieriger, weil sich das Freizeitverhalten der Menschen verändert und weiter verändern wird. Früher trafen sich die Leute zum Feierabendbier und erzählten sich, was sie am Tag erlebt haben. Heute läuft das viel über Facebook und WhatsApp. Über den Status weiß dann jeder, was am Tag los war. Aber ich hoffe natürlich, dass mir meine Stammgäste auch in den nächsten zehn Jahren treu bleiben.

>>>HINTERGRUND

Die Ursprünge der Kneipe Kotthoff’s Theo gehen auf das Jahr 1858 zurück.

Anna Kotthoff pachtete die Kneipe seit März 2009.

In diesem Jahr feierte sie das Zehnjährige. Ihr direkter Vorgänger war Meinolf Kaiser.

In der Kneipe gibt es auch noch vier Sparclubs. Der älteste heißt Jüppchens Pättgen, benannt nach dem vorherigen Pächter Josef Knippschild.