Bestwig. Der Geselle aus Bestwig handelt mit Drogen. Er hat sein Leben wieder in den Griff bekommen, weil seine Chefin ihn nicht fallen gelassen hat.

Die Fakten sind schnell erzählt: Ein damals 20-Jähriger hat 28 Mal mit Haschisch und Marihuana gehandelt. Gleich mehrere Straftaten. Er räumt die Taten ein. Das Jugendgericht verurteilt den heute 22-Jährigen zu einer Geldbuße von 800 Euro. Außerdem legt ihm das Gericht auf, dass der Bäckergeselle seine Arbeitsstelle bei der Bäckerei in der Gemeinde Bestwig nicht kündigen darf. Und das aus einem besonderen Grund:

Schon Ausbildung in der Backstube absolviert

Drogen brachten das Leben eines 22-Jährigen aus Bestwig durcheinander.
Drogen brachten das Leben eines 22-Jährigen aus Bestwig durcheinander. © picture alliance / dpa | Oliver Berg

Andere Betriebe und Firmen würden einen Mitarbeiter kündigen, der straffällig geworden ist. Nicht so die Bäckerei aus der Gemeinde Bestwig. Sie glauben fest daran: Er ist ein guter Kerl. Deshalb sitzt die Chefin auch mit im Gerichtssaal und begleitete den jungen Mann zu Terminen bei der Jugendgerichtshilfe. Der 22-Jährige hatte nach der Schule bereits seine Ausbildung in der Backstube absolviert. Die Inhaber der Bäckerei kennen die Schwierigkeiten, die der Bestwiger in seinem jungen Leben bereits überwinden musste. Dazu gehört die lange Krankheit des Vaters an der er schließlich starb.

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„Mir tut das alles sehr leid“, sagt der Angeklagte vor Gericht. Er räumt die Taten ein. Er habe die Drogen von einem Freund, gegen den ebenfalls ein Strafverfahren läuft, in Empfang genommen und an seinen Nachbarn und eine weitere Bekannte übergeben. Unter anderem bunkerte er 100 Gramm Marihuana in seinem Bettkasten, außerdem streckte er manchmal Geld für die Drogen vor, wenn die Abnehmer klamm gewesen seien. „Ich habe damit kein Plus gemacht“, versichert der Angeklagte. „Und dennoch sind das Drogengeschäfte“, sagt Jugendrichterin Mareike Vogt. Dem stimmt auch die Staatsanwältin zu. „Ich versuche hier ehrlich zu sein“, sagt der sichtlich aufgeregte Angeklagte. Daran hat im Saal niemand Zweifel.

Anwältin: Falsche Freunde, falsche Entscheidungen

Seine Anwältin Nicole Post erklärt, dass ihr Mandant für einige Zeit von der Spur abgekommen sei. Er habe selbst Drogen genommen, sich mit den falschen Leuten umgeben und plötzlich auch noch seine sichere Arbeitsstelle gekündigt. Die falschen Freunde hätten ihm damals dazu geraten. „Er ist leicht zu manipulieren und gutgläubig“, wird die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe später den Charakter des Mannes beschreiben.

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Der Tod des Vaters Ende 2018 habe ihn jedoch wachgerüttelt, so die Anwältin. „Das hätte der Papa nicht gewollt“, habe sich ihr Mandant gedacht. Zumal er nun auch mehr Verantwortung für die Mutter übernehmen musste. Er hörte auf Drogen zu nehmen, zog zu seiner Mutter, stoppte alle Kontakte in die Kifferszene und bat den alten Arbeitgeber um eine zweite Chance. Die bekam er und möchte er nun auch weiter nutzen.

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Das Jugendgericht verurteilte den Mann nach dem Jugendstrafrecht. Er muss eine Geldbuße in Höhe von 800 Euro zahlen (die Staatsanwaltschaft hatte 1600 Euro gefordert), außerdem darf er seine Arbeitsstelle nicht kündigen. Die Geldbuße kommt einem Verein aus Arnsberg zugute, die schwerkranke Kinder auf ihrem letzten Weg begleiten.