Schmallenberg. An der Haltestelle „Habbel“ kommt es in Schmallenberg zu einer blutigen Auseinandersetzung zwischen drei Männern. Zwei Angeklagte vor Gericht.

27. Februar, 18.45 Uhr, es dämmert bereits: Ein Auto hält an der Bushaltestelle „Habbel“ in Schmallenberg. Zwei junge Männer steigen aus, laufen über die Straße und prügeln auf einen 23-Jährigen ein. Das Motiv: Rache wegen einem vorangegangenen Streit am Netto-Markt, ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Die Täter schlagen dem Opfer gegen den Kopf. Als sich der 23-Jährige das Kennzeichen der Täter aufschreiben will eskaliert die Situation weiter: Sie treten und schlagen auf den am Boden liegenden Mann ein.

Er erleidet eine Rippenfraktur, mehrere Prellungen, Platzwunden und ist zehn Tage arbeitsunfähig, so zumindest lauten die Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft hat deswegen zwei junge Männer (25 und 23) wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung angeklagt - sie mussten sich nun vor Gericht in Bad Fredeburg verantworten. Richter Ralf Fischer verurteilte die beiden Angeklagten am Ende zu Haftstrafen in Höhe von zehn Monaten (23-Jähriger) und einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung (25-Jähriger) - zusätzlich wurde gegen beide Angeklagte ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt. Der 25-Jährige Angeklagte soll zudem 2400 Euro an eine soziale Einrichtung zahlen, der 23-Jährige zusätzlich 200 Stunden soziale Arbeit verrichten.

Die Angeklagten

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Die Version der Angeklagten lautete jedoch anders: Am Nettomarkt sei der 23-Jährige vorab mit dem Opfer in einen Streit geraten. Er sei dort mit seinem Roller gefahren, der betrunkene Mann habe ihm eine Glasflasche hinterhergeworfen und ihn beleidigt. Er habe dann seinen Freund (25-jähriger Angeklagter) angerufen. Dieser habe ihn abgeholt. Sie hätten den jungen Mann lediglich angerufen, ihn dann suchen und mit ihm reden wollen. Laut eigenen Angaben habe der 25-Jährige jedoch zunächst im Auto gewartet und sei nicht mit ausgestiegen. Keiner sei sofort auf das Opfer losgegangen.

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Der 25-Jährige habe die Situation beobachtet, es sei zu einem Schlagabtausch gekommen, dann habe der Mann ein Messer gezogen und wörtlich gerufen: „Ihr seid gefickt, ich werde euch umlegen.“ Erst dann sei er ausgestiegen, hingelaufen, habe ihm das Messer aus der Hand getreten und ihn zu Boden geschlagen. „Es war Notwehr.“ Einer der Angeklagten habe auch eine Schnittwunde an der Hand gehabt. Warum der 23-Jährige nicht nach dem Flaschenwurf die Polizei gerufen sondern die Konfrontation gesucht habe? „Ich wollte kein Angsthase sein. Hier ist das so. Dann wird man immer wieder angegriffen.“ Richter Ralf Fischer: „Wir dulden keine Selbstjustiz! Das einzig Richtige wäre gewesen, die Polizei zu verständigen.“

Das Opfer

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Das Opfer schilderte die Situation dramatischer. Er habe an der Haltestelle auf seinen Bus gewartet, als das Handy klingelte. Er habe den Angeklagten seinen Standort verraten, aber nicht mit einer Attacke gerechnet. Einen Streit vorher habe es gegeben, er gab auch den Flaschenwurf zu - wegen dem die Staatsanwaltschaft gesondert ermittelt. „Sie gingen dann sofort beide auf mich los, haben mich geboxt und getreten.“ Er habe ein kleines Messer dabei gehabt, dieses aber nur gezogen, um sich zu verteidigen und die Angreifer abzuwehren. „Als ich sie mit dem Handy filmen wollte, sind sie dann ausgerastet.“

Die Zeugen

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Auch Zeugen waren zur Verhandlung geladen - darunter ein 68 Jahre alter Vater und sein Sohn. Sie waren am besagten Abend im griechischen Restaurant neben dem „Habbels“ essen. Bei der Polizei machten sie in der Befragung konkrete Angaben zu Tätern und dem Tathergang. Vor Gericht konnten beide sich „nicht genau erinnern.“ Weitere Zeugen konnten nur Angaben zum vorherigen Streit am Netto-Markt machen.

Das Urteil

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Wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung wurden beide Angeklagten zu Haftstrafen auf Bewährung, einem Fahrverbot von jeweils drei Monaten sowie einer Geldstrafe und Sozialstunden verurteilt. „Von Notwehr kann hier keine Rede sein. Jeder haftet für die Tat des anderen und ist mit Schuld. Diese geplante Racheaktion ist kein normales Verhalten“, so Fischer. Am Ende der Verhandlung stehe zwar Aussage gegen Aussage , „aber ich habe keine Zweifel, dass das Opfer uns hier die Wahrheit gesagt hat, zumal er selbst Straftaten zugegeben hat“, so Richter Ralf Fischer weiter.