Meschede. Wirtschaft und Stadt geben in Meschede den Jahresempfang: 425 Gäste kommen zu dem gesellschaftlichen Ereignis - eine Rekordbeteiligung.
425 Gäste aus dem öffentlichen Leben und „normale“ Bürger sind am Freitag zum Jahresempfang der Stadt Meschede und der Interessengemeinschaft Mescheder Wirtschaft (IMW) in die Stadthalle gekommen – eine Rekordbeteiligung. Dabei wurde weit in die Vergangenheit und gleichzeitig in die Zukunft geschaut. Und es wurde deutlich, dass beides miteinander zu tun hat.
Wie Meschede zur Stadt wurde
Das war am Freitag auch der Startschuss fürs 1150-jährige Jubiläum des Stiftes Meschede. Die Historikerin und Theologin Gisela Muschiol hatte vor ihrem Festvortrag von Pfarrer Michael Schmitt noch die Ausgrabungen in der St.-Walburga-Kirche gezeigt bekommen. Frisch mit diesen Eindrücken sprach die Professorin für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Bonn (und gebürtige Iserlohnerin) über „1150 Jahre Stift Meschede: Von Äbtissinnen und anderen starken Frauen im Mittelalter“. Klingt das angestaubt? Nein! Denn mit der Gründung des Damenstiftes 870 durch die Witwe Emhildis begann Meschede erst, eine Stadt zu werden. Das Sagen hier hatte kein Bischof, sondern die (dem Kaiser unterstellten) Frauen im Stift, mit ihrer Äbtissin an der Spitze. Und der Kaiser verlieh dem Stift Meschede 958 die Marktrechte – die 1000-Jahr-Feier 1959 in Meschede deswegen war übrigens ein Rechenfehler, heute weiß man es besser.
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Und mit den Marktrechten begann wiederum die Wirtschaftsgeschichte – und der eigentliche Aufstieg dieser Stadt.
Diesen Bogen konnte IMW-Vorsitzender Meinolf Ewers schlagen. Übrigens: Ewers denkt schon daran, in 38 Jahren das Jubiläum 1100 Jahre Wirtschaft in Meschede auszurufen. Aber das hat noch Zeit… Das Stiftsjubiläum biete jedenfalls die Möglichkeit, sich „darauf zu besinnen, wo wir herkommen, damit wir umso besser festlegen können, wo wir hingehen wollen“. Dem Stift waren die Marktrechte zu verdanken – und damit beginne die Mescheder Wirtschaftsgeschichte: Die Menschen hätten sich nicht mehr als Selbstversorger begriffen, sondern sich auf das konzentriert, was sie besser als Nachbarn konnten – also Produkte und Dienstleistungen mit ihnen zu tauschen.
Dieser Weg führte dazu, dass Südwestfalen die drittstärkste Industrieregion in Deutschland geworden ist. 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten im produzierenden Gewerbe (in ganz NRW: nur 29 Prozent). Die Kehrseite: Exportorientierte Branchen würden in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten auch „deutlich ausgebremst“ – aktuell die Maschinenbauer und Automobilzulieferer. Stichworte: Die Handelskriege der USA mit China und Europa, das „unsägliche Brexit-Trauerspiel“.
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Konjunkturdelle oder Abschwung?
Ewers weiß noch nicht, ob das eine Konjunkturdelle oder ein längerer Abschwung sei. Aber um für schlechtere Zeiten gerüstet zu sein, müsse in Bildung investiert werden – auch das Damenstift (und danach das Kanonikerstift) hätten eine Schule unterhalten. Meschede sei da mit den Investitionen auf einem guten Weg. Aber schon bei der Digitalisierung sei das nicht der Fall: „In unseren Gewerbegebieten liegen Kupferkabel für Kabelfernsehen“, die Regierung meine, das sei genug – „manchmal macht mich Politik sprachlos“.
Und dann ärgert sich die IMW über fehlende Gewerbeflächen: „Nun werden wir Opfer unseres eigenen Erfolges, denn freie und noch nicht reservierte Gewerbeflächen sind kaum noch vorhanden.“ Die Landesregierung in Düsseldorf sei die „Bremse“: „Ihr sind Grashalme im Sauerland wichtiger als Werkshallen.“
Kritik an der Landesregierung
Nur sichere und gute Arbeitsplätze bei heimischen Unternehmen würden junge Menschen hier halten oder sie hierher zurückzuholen. Ewers wundert sich, „warum unsere Landesregierung das nicht versteht: Als schwarz-gelbe Regierung glaubt sie doch von sich selber, dass sie mit wirtschaftlicher Kompetenz gesegnet sei. Die kann ich hier leider nicht erkennen.“
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„Meschede ist nach wie vor eine Stadt im Wandel“, sagte Bürgermeister Christoph Weber: „Wir wollen eine generationengerechte, solidarische, tolerante Stadt, in der sich die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Unternehmen wohlfühlen.“ Finanziell stehe Meschede „gar nicht so schlecht da“: Die Verbindlichkeiten hätten sich in vier Jahren von 34,4 auf 17,2 Millionen Euro halbiert, die Pro-Kopf-Verschuldung sank auf 573 Euro. Weber warb für die Teilnahme am Wettbewerb „Machen!!!2020“: Hier werden noch bis Ende Januar Projekte gesucht, die das Leben in Meschede noch lebenswerter machen könnten.