Meschede. . Nach acht Jahren steht das Insolvenzverfahren bei Honsel vor dem Abschluss. Es sind Forderungen von 260 Millionen Euro angemeldet.

Die Auftragsbücher sind voll. Es wird Tag und Nacht gearbeitet bei Honsel, und doch passiert es: 25. Oktober 2010 - Insolvenzantrag. Das Unternehmen ist plötzlich zahlungsunfähig.

Was folgt, ist die größte Firmenpleite jenes Jahres. Es ist ein Wirtschafts-Krimi, der erst jetzt, nach acht Jahren, endet. Das Verfahren steht vor dem Abschluss. Damit werden detaillierte Zahlen bekannt.

259 204 589,09 Euro - das ist die Summe, die Honsel zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags angehäuft hatte und nicht mehr bezahlen konnte. Rund 260 Millionen Euro. Insolvenzverwalter Dr. Frank Kebekus aus Düsseldorf hat die Forderungen aufgelistet.

 Insolvenzverwalter  Dr. Frank Kebekus.
Insolvenzverwalter Dr. Frank Kebekus.

Seit acht Jahren betreut er das Verfahren. Seine Arbeit endet demnächst: Am Dienstag, 29. Mai, findet im Amtsgericht in Arnsberg - es ist für die Insolvenzen im heimischen Raum zuständig - die abschließende Gläubigerversammlung statt. Es wird das restliche Geld verteilt.

Den Großteil werden die Gläubiger wie bei den meisten Pleiten abschreiben müssen. Etwa 67 Millionen Euro stehen zur Verfügung, doch damit fällt der Schnitt nicht ganz so brutal aus: Insolvenzverwalter Kebekus spricht von einer „ungewöhnlich hohen Quote“, nach der Forderungen zum Teil bezahlt werden können.

Die letzten Schritte

Es sind „die letzten Schritte“, die in diesem Verfahren gegangen werden, sagt der Jurist - und am Anfang war nicht klar, ob sie so leicht sein werden, wie sie im Rückblick erscheinen.

Der 25. Oktober 2010 - es war der Tag, an dem sich zunächst einmal ein Schock über Meschede ausbreitete. Honsel, der Leichtmetall-Spezialist, befindet sich mitten im Zentrum der Stadt. 3000 Beschäftigte hat das Unternehmen, mehr als 1500 direkt am Stammsitz. Ein Kollaps der Firma wäre eine Katastrophe für Meschede.

Unternehmen erhalten und fortführen

Der damalige Bürgermeister Uli Hess eilt zur Pressekonferenz. Schon bald macht sich Zuversicht breit: Insolvenzverwalter Kebekus sieht gute Chancen das Unternehmen weitgehend zu erhalten und fortzuführen. Er wird Recht behalten.

Teile des Unternehmens werden verkauft, allen voran die französischen Tochterfirma Fonderie Lorraine. Sieben Monate läuft der Betrieb bei Honsel trotz Insolvenzantrag weiter, dabei fallen weitere Verluste von 8,5 Millionen Euro an.

Doch durch die Betriebsfortführung gelingt der Verkauf am Stück: Der kanadische Automobilzulieferer Martinrea bekommt den Zuschlag. Die Werke in Spanien, Mexiko und Brasilien werden durch Tochtergesellschaften übernommen, Nürnberg und Soest werden später verkauft. Meschede und Nuttlar bestehen bis heute weiter.

Keine Liebe auf den ersten Blick

„Alles im grünen Bereich“, sagt IG-Metall-Bevollmächtigter Wolfgang Werth zur heutigen Situation dort. Die Gewerkschaft und die kanadischen Eigentümer, auch das war keine Liebe auf den ersten Blick.

Es gab Auseinandersetzungen um das deutsche Modell der betrieblichen Mitbestimmung, es gab Streit um Tarifverträge. „Nach einer Eingewöhnungsphase hat sich alles sehr erfreulich entwickelt“, sagt Werth. Nach seinen Angaben fließen die Investitionen in das Werk, Aufträge sind vorhanden.

Investoren bringen Betrieb in Schieflage

In Schieflage gebracht hatte Honsel eine Investorenart, die als Heuschrecke bezeichnet wird: Im Jahr 2004 hatte die RHJ International in Brüssel, eine Tochter des US-Finanzinvestors Ripplewood, die Honsel AG übernommen.

Das Geschäftsprinzip: Der Kaufpreis wird größtenteils durch Kredite finanziert, und dem Unternehmen aufgedrückt. Es muss Gewinne erwirtschaften und zusätzlich die Schulden durch die Übernahme abtragen. Für Honsel wird die Last zu groß - trotz eines Umsatzes von mehr als 500 Millionen Euro jährlich.

Kurz vor dem Kollaps

Im Dezember 2008 steht Honsel bereits kurz vor dem Kollaps. Es werden Zinsen gestundet. Das verschafft nur Luft für kurze Zeit. Im Herbst 2010 spielen sich dramatische Tage in dem Unternehmen statt. Es wird um ein neues Konzept zur Restrukturierung gerungen, sogar noch am Wochenende, aber es kommt zu keiner Einigung mehr mit den Finanzinvestoren.

Am Morgen des 25. Oktober, es ist ein Montag, geht der Insolvenzantrag beim Amtsgericht ein - einer der schwärzesten Momente in der mehr als 100-jährigen Firmengeschichte.

>>> Daten zur Geschichte

1908: Die Firma Honsel wird zunächst in Werdohl gegründet. 1917 entsteht ein neues Werk in Meschede. Der Firmensitz wird 1925 hierhin verlegt.

1999:
Ist Honsel bis dahin ein Familienunternehmen, übernimmt eine amerikanische Fondgesellschaft in dem Jahr 72 Prozent der Anteile. 2004 folgt die Übernahme durch Ripplewood - die Abwärtsspirale beginnt.

2011: Das Werk gehört der Martinrea Honsel Germany GmbH.

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