Menden/Arnsberg. . Die Handwerkskammer Südwestfalen meldet die besten Umfragewerte seit der Wiedervereinigung. Für die nächsten sechs Monate rechnen die Betriebe bei steigendem Auftragseingang mit der Fortsetzung des Aufschwungs. Sie klagen aber über den Mangel an qualifizierten Bewerbern.

Die Sonne scheint über Südwestfalen. Was meteorologisch derzeit nicht recht gelingen will, gilt dafür umso mehr für die Handwerkskonjunktur - und das bereits im fünften Jahr in Folge mit steigender Tendenz, wie der selbst etwas erstaunt wirkende Meinolf Niemand berichtete, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen.

Die Frühjahrsumfrage der Kammer ergab mit 128 Punkten den drittbesten Umfragewert einer Frühjahrserhebung seit 1978 und durch alle Branchen und Kreise Zahlen, die es seither erst einmal zwischen 1989 und 1992 gab: „Als eine Sonderkonjunktur im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung das Bild prägte“, wie Niemand ergänzte. Für die nächsten sechs Monate rechnen die Betriebe laut Umfrage bei steigendem Auftragseingang mit der Fortsetzung des Aufschwungs.

Ein paar Wermutstropfen

Mit einigen wenigen Ausnahmen, die Pressesprecher Markus Kluft als „Wermutstropfen“ bezeichnete. So sind die Erwartungen des regionalen Lebensmittelhandwerks wie Bäcker oder Fleischer an das kommende Halbjahr eher durchwachsen - immerhin ein Drittel der Betriebe befürchtet eine Verschlechterung ihrer Geschäftsaussichten, und das laut Umfrage trotz positiver Lage: Weniger als sieben Prozent meldeten eine schlechte Geschäftslage, und mehr als ein Viertel der Befragten sprach sogar von einem guten Geschäftsverlauf.

„Aber die Zeiten werden schwieriger“, merkte Hermann Niehaves an, zusammen mit seinem Bruder Martin Geschäftsführer der im Märkischen Kreis mit zahlreichen Filialen vertretenen Bäckerei- & Konditorei Niehaves in Menden und Gastgeber der Konjunktur-Pressekonferenz. Und das liegt nicht nur daran, dass die Discounter wie Aldi und Lidl mit ganzen Backstraßen, aber auch Fleisch- und Fleischprodukten im Kühlregal immer weiter in die Domäne des Handwerks vordringen. Auch Tankstellen bieten an Sonn- und Feiertagen rund um die Uhr Backwaren an, „während das Handwerk zu diesen Zeiten hart reglementiert wird“, wie Hermann Niehaves anmerkte.

Überregulierung aus Brüssel

Von manchen uninformierten Kunden bekomme er mittlerweile zu hören: Wenn du es nicht mehr nötig hast zu verkaufen, dann lass es doch bleiben. Und sein Bruder beklagte die Überregulierung der Handwerksbetriebe durch ständig neue Verordnungen aus Brüssel, etwa zur Kennzeichnung von Inhaltsstoffen. Politisch gewollt seien seiner Ansicht nach künftig Mono-Betriebe, die nur ein bis zwei Artikel anbieten. Die deutsche Bäckertradition sei aber eine andere.

Vereinzelte Probleme werden auch aus dem Baubereich und im Kfz-Handwerk gemeldet, wo die Hersteller im Neuwagengeschäft mit preisgünstigen Eigenzulassungen den örtlichen Händlern Konkurrenz machten. Auch der zunehmende Internet-Handel sei eine Gefahr, Offerten oberhalb des Schnäppchenniveaus würden von Kunden vielfach nicht akzeptiert.

Aber zurück zu den guten Nachrichten: Der lange Aufschwung hat dazu geführt, dass die Handwerksbetriebe vermehrt Personal einstellen - bundesweit ist Schätzungen zufolge ein Zuwachs von zwei Prozent möglich. „Das mag auch mit dem milden Winter zusammenhängen, denn die Bauwirtschaft konnte nahezu unvermindert Aufträge abarbeiten. Andererseits findet hier die positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und auf den wichtigen Exportmärkten ihren Niederschlag“, merkte Handwerkskammer-Präsident Willy Hesse an, der mit seinem Dachdeckerbetrieb beim Thema Wärmedämmung selbst gut im Geschäft ist. Es werde viel Geld für Gebäudesanierung ausgegeben, „weil auf dem Kapitalmarkt nichts mehr zu holen ist.“ Die Nachfrage stieg jedenfalls aus dem privaten Sektor wie aus dem industriellen Bereich gleichermaßen.

16 Prozent wollen einstellen

Und noch eine gute Nachricht: Nur noch 6,4 Prozent der befragten Unternehmen plant bis Herbst einen Beschäftigungsabbau, aktuell sind es doppelt so viele. 16 Prozent wollen dagegen mehr Personal einstellen, haben aber immer häufiger das Problem, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. „Am meisten beklagen die Betriebe den Facharbeitermangel“, so Markus Kluft.