Menden. Bei der Europawahl legt die CDU in Menden mit 37,6 Prozent um 4 Prozentpunkte zu. SPD hält AfD nur knapp auf Abstand. Wahlbeteiligung gestiegen.

Gegen 20.30 Uhr am Sonntagabend steht auch für Menden das Ergebnis der Europawahl fest: Klarer Sieger ist die CDU, die mit 37,6 Prozent um vier Prozentpunkte gegenüber der Europawahl 2019 zulegen kann. Damit erhält ihr heimischer Europaabgeordneter Peter Liese einigen Rückenwind aus Menden. Auch die AfD verbucht indes einen satten Gewinn, landet knapp hinter der SPD auf Rang 3 und kommt von 8,8 auf 14,7 um fast sechs Prozentpunkte nach oben. In Wahlbezirken wie der ehemaligen Kaserne (34,4 Prozent) oder der Bismarckstraße (31,1) werden die Rechtspopulisten sogar klar zur stärksten politischen Kraft gewählt, jeweils weit vor der Union. Auch auf der Platte Heide siegt die AfD, wenn auch nur sehr knapp. Auffallend: Diese Wahlbezirke weisen zugleich die mit Abstand niedrigsten Wahlbeteiligungen auf.

Denn während stadtweit mehr Menschen den Wahl-Aufrufen gefolgt sind als vor fünf Jahren und damit eine Beteiligung von insgesamt fast 61,8 Prozent (2019: 59 Prozent) erreicht wird, liegt die Wahlbeteiligung in Bereichen mit AfD-Mehrheit nur zwischen 30 und 40 Prozent. Die Mendener Wahl-Organisatorin Sylvia Bastek zeigt sich auf WP-Anfrage nach Abschluss der Wahl am späten Abend zufrieden: „Wir haben angesichts der guten Briefwahlzahlen damit gerechnet, dass die Beteiligung noch einmal steigen kann.“

Großer Verlierer sind diesmal die Grünen

Die SPD hat die AfD in ganz Menden mit 15,7 Prozent nur ganz knapp auf Abstand halten können. Großer Verlierer dieser Europawahl in der Hönnestadt sind diesmal die Grünen: Sie stürzen von zuvor 20 auf nur noch 9 Prozent regelrecht ab. Das neue „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) kommt in Menden auf 4,44 Prozent, damit liegt die Abspaltung der Linken hier klar vor dem Original, das nur noch bei 1,4 Prozent landet. Vor fünf Jahren waren es noch 3,6. Die Linke muss damit auch Splittergruppen an sich vorbeiziehen lassen – wie die Satiriker der „Partei“, die Tierschutzpartei oder „Volt“. Bei den ganz kleinen Zahlen ist bemerkenswert, dass immerhin acht Mendenerinnen und Mendener der Partei für Verjüngungsforschung ihre Stimme gegeben haben.

Wie viele Menschen die Europawahl in Menden auf die Beine gebracht hat, zeigen die absoluten Zahlen womöglich anschaulicher als die Prozentzahlen: Fast 25.000 Mendenerinnen und Mendener haben diesmal gewählt, etwa 1000 mehr als 2019, ob per Brief oder im Wahllokal. Exakt 40.338 hätten es sein können. Dennoch dürften viele mit dieser Beteiligung zufrieden sein.

Die Wahlbeteiligung von 2019 war am Sonntag gegen 16 Uhr erreicht. Interessant: Vor fünf Jahren waren 40.684 Mendenerinnen und Mendener wahlberechtigt, diesmal knapp 300 weniger. Und das, obwohl Menden an Einwohnern zugelegt hat und jetzt erstmals auch die 16- und 17-Jährigen wählen dürfen. Erklärlich ist das offenbar durch die Zuzüge aus dem außereuropäischen Ausland.

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„Viel los bisher“: Bauchgefühl täuscht erfahrene Wahlvorstände nicht

Was die Beteiligung betrifft, hat Wahlvorstand Mark Dyckmanns, der mit seiner Tochter Anna Franziska im Foyer des Hönne-Gymnasiums sitzt, an diesem Sonntagnachmittag ein gutes Bauchgefühl. Bis 14 Uhr, als die WP aufkreuzt, haben nach seinem Empfinden seit 8 Uhr schon viele hier ihr Kreuzchen gemacht, „und rund 30 Prozent haben ja zuvor schon per Briefwahl abgestimmt“. Beim letzten Mal saß dieser Wahlvorstand noch im alten Bürgersaal, der gerade zum Bürgerhaus umgebaut wird. Deshalb ist das Wahllokal 122 hierher umgezogen, wo allmählich auch die Briefwahlvorstände eintreffen, allen voran Baudezernent Jörg Müller. Er schleppt nicht nur einen dicken Koffer, sondern jongliert dazu noch einen Kuchen in die Schule.

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Die Briefwahlvorstände haben die meisten Stimmen auszuzählen

Die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in den Briefwahlvorständen haben dank des Briefwahl-Booms deutlich mehr Stimmen durchzuzählen und abzugleichen als die Kolleginnen und Kollegen in den Wahlbüros vor Ort. Am Ende dieses Tages werden rund 350 Helferinnen und Helfer die Europawahl in Menden geschaukelt haben.

José Cabelos-Hunstiger wählt im jüngsten Mendener Wahllokal aller Zeiten: Die Stadt-Azubis Anna Domme (links) und Finja Westhelle händigen dem „Halbspanier“, wie er sich selber nennt, als Wahlvorstände die Unterlagen aus.
José Cabelos-Hunstiger wählt im jüngsten Mendener Wahllokal aller Zeiten: Die Stadt-Azubis Anna Domme (links) und Finja Westhelle händigen dem „Halbspanier“, wie er sich selber nennt, als Wahlvorstände die Unterlagen aus. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Für den jüngsten Mendener Wahlvorstand aller Zeiten läuft es gut

Dazu zählt der jüngste Wahlvorstand aller Zeiten: Acht Auszubildende der Stadtverwaltung Menden machen nach intensiven Schulungen hier jetzt ihr eigenes Ding. Und es läuft bis zum Nachmittag gut, wie Pia Stemmer berichtet. Sie und ihre gleichfalls jungen Kollegen Alexander Stute, Anna Domme und Finja Westhelle haben um 13 Uhr ihre vier Kolleginnen und Kollegen abgelöst. Kurz vor Toresschluss ihres Wahllokals im Walburgisstift kommt die Vormittagsschicht dann wieder dazu.

Auch für „Halbspanier“ ist die Europawahl eine Bürgerpflicht wie jede andere

Und was sagen die Wähler? Für José Cabelos-Hunstiger, der im jüngsten Mendener Wahllokal aller Zeiten wählt, ist der Urnengang ohnehin Bürgerpflicht. Als „Halbspanier“, wie er sich selber nennt, fühlt er sich trotz hispanischer Wurzeln zu einer Europawahl nicht besonders aufgerufen. „Ich war nach meiner Geburt genau ein Jahr lang Spanier“, lacht er. Danach erhielt der Sohn eines spanischen Vaters die deutsche Staatsbürgerschaft, und doppelte gab‘s vor gut 50 Jahren noch nicht. Für geflüchtete Neu-Mendener sieht die Sache mit dem Wahlrecht hingegen ganz anders aus.

Wahlgeheimnis muss gewahrt bleiben: Helfer passen an Kabine genau auf

Im Hönne-Gymnasium passt Mark Dyckmanns genau auf, als sich eine ältere Dame mit Rollator in Begleitung ihres Sohnes der Wahlkabine nähert: „Hallo?“ – „Ich bringe meiner Mutter nur die Brille“, beteuert der Sohn. Das Wahlgeheimnis ist heilig, es dürfte nur gebrochen werden, wenn die Mutter ihr Kreuzchen nicht aus eigener Kraft setzen könnte.

Mark und Ann Franziska Dyckmanns sind Wahlvorstände im Foyer des Hönne-Gymnasiums, das anstelle des gesperrten Bürgersaals als Wahllokal dient. Für Wähler Franz-Wilhelm Cramer ist die Teilnahme seit eh und je Ehrensache.
Mark und Ann Franziska Dyckmanns sind Wahlvorstände im Foyer des Hönne-Gymnasiums, das anstelle des gesperrten Bürgersaals als Wahllokal dient. Für Wähler Franz-Wilhelm Cramer ist die Teilnahme seit eh und je Ehrensache. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Wähler Hans Kraus-Lehnhardt findet derweil, dass jeder und jede zur Wahl gehen müsste. Er hat gerade bei den Dyckmanns seinen Stimmzettel eingeworfen: „Gerade jetzt muss man doch gehen, denn wir können doch hoffen, dass Europa auch künftig Frieden schafft. Und dass uns unsere Demokratie erhalten bleibt“, sagt der Handwerksmeister.