Lendringsen. Die Physiotherapie-Praxis von Ulrich Hauenschild bekommt eine neue Inhaberin. Doch in den Ruhestand geht der 65-Jährige nicht.
Seine Arbeit ist sein Leben. Das sagt Ulrich Hauenschild und man spürt sofort, dass seine Arbeit keine Belastung für ihn ist, sondern Freude und Inspiration. Schwer fällt es dem 65-Jährigen dennoch nicht, seine Physiotherapiepraxis abzugeben – denn er weiß sie in guten Händen.
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Am 1. Oktober 1988 hat Ulrich Hauenschild seine Praxis eröffnet. Dazu bezog er damals ein leerstehendes Ladenlokal, in dem früher mal ein Schuhgeschäft beheimatet war. Ursprünglich machte er eine Ausbildung zum medizinischem Masseur und Kneipp-Bademeister, ließ sich aber wenige Jahre später zum Physiotherapeuten ausbilden. Im Laufe der Jahre folgten viele weitere Fortbildungen – etwa in Manueller Therapie und Bobath.
Die Praxis brummt, der Vorlauf für Termine beläuft sich auf etwa sechs Wochen. Mit der Praxis, die aus drei Therapeuten und einer weiteren Mitarbeiterin besteht, zu expandieren, kam für Ulrich Hauenschild nicht in Frage: „Wir haben hier eine sehr familiäre Atmosphäre und das soll auch so bleiben.“
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Zustimmend nickt Angelina Kalthoff. Derzeit ist sie noch angestellt in der Praxis, zum 1. Juni wird sie Inhaberin. Dann tauschen sie und Ulrich Hauenschild ihre Rollen, denn der 65-Jährige wird weiter in der Praxis am Lendringser Platz 6 arbeiten. Dass Angelina Kalthoff die Praxis mal übernehmen würde, sei schon seit längerem vage angedacht gewesen, erzählen die beiden. Nun haben sie Nägel mit Köpfen gemacht. Der etablierte Praxisname Hauenschild bleibt bestehen.
Angelina Kalthoff will die Praxis so fortführen, wie Ulrich Hauenschild sie aufgebaut hat. Die 36-jährige Mutter zweier Kinder, die seit acht Jahren mit Ulrich Hauenschild zusammenarbeitet und zuvor auch in einer großen Physiotherapie-Praxis sowie in einer Rehaeinrichtung tätig war, schätzt gerade, „dass wir so eine familiäre Praxis sind“. Auch die beiden weiteren Mitarbeiterinnen gehören seit vielen Jahren zum Team. Jemanden neu einzustellen, sei sicherlich denkbar, sagt Angelina Kalthoff, „aber das muss dann auch menschlich passen“. Dazu gehöre auch, dass Therapeuten bei ihrer Arbeitszeit flexibel sein müssen. Wenn jemand Not habe und eigentlich kein Termin mehr frei sei, „fangen wir eben früher an und hören später auf“.
Die Zuneigung zu ihren Patienten ist bei Ulrich Hauenschild und Angelina Kalthoff spürbar. Sie wollen nicht nur „die Wirbelsäule“, „die Bandscheibe“ oder „die Schulter“ sehen, sondern den Menschen mit seinen individuellen Lebensumständen und Herausforderungen: „Da ist Lendringsen ja auch einfach ein Dorf. Man kennt sich. Und dazu gehören auch die Sorgen und Nöte unserer Patienten“, sagt Ulrich Hauenschild.
Physiotherapie-Effekte oft direkt sichtbar
Zu Geburtstagen bekommen ihre Patienten einen Anruf mit Glückwünschen, bei besonderen Ereignissen wie einer goldenen Hochzeit oft auch einen Blumenstrauß: „Das Wichtigste ist das Interesse an den Menschen“, sagt Ulrich Hauenschild. „Man muss Menschen mögen, sonst ist man falsch in diesem Beruf. Man muss willens sein, sich auf Menschen einzulassen und nicht eine 08/15-Behandlung machen.“ Das Schöne in der Physiotherapie sei, dass Effekte oft direkt sichtbar seien. „Und bei chronischen Erkrankungen sieht man, dass Physiotherapie den Menschen hilft, ihren Alltag besser bewältigen zu können“, erklärt Angelina Kalthoff.
Frakturen, künstliche Gelenke, MS, Parkinson, Schlaganfall und ALS
Behandlungsschwerpunkte sind Patienten mit Frakturen, die Nachbehandlung von Patienten mit künstlichen Gelenken sowie Neurologie-Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS), Schlaganfall, Multiple Sklerose (MS) und Parkinson. Für Seniorinnen und Senioren betonen Ulrich Hauenschild und Angelina Kalthoff, wie wichtig die Sturzprophylaxe ist: „Die Sturzgefahr von älteren Menschen ist groß. Im Alter nehmen Gleichgewicht und Koordinationsfähigkeit ab. Und wenn jemand gestürzt ist, entsteht schnell Pflegebedürftigkeit.“
Vier-Tage-Woche ab Juni
Ein „echter“ Ruhestand kommt für Ulrich Hauenschild ab Juni übrigens nicht infrage. Er macht dann eine Vier-Tage-Woche: „Wenn ich jetzt in den Ruhestand gehen würde, dann wäre ich schnell alt und krank“, sagt der 65-Jährige. Ab Juni will er 40 Stunden pro Woche arbeiten – ein Klacks im Vergleich zu den 65 bis 70 Stunden, die er derzeit arbeitet. Manche Menschen würden ihm sagen, dass er doch auch mal leben solle. Darüber kann Ulrich Hauenschild nur lachen, da seine Arbeit ihn ausfülle und ihm Freude bereite.
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Langweilig wird es Ulrich Hauenschild ohnehin nicht. Denn der Familienvater hat auch noch eine Nebenerwerbslandwirtschaft, kümmert sich um Pferde und Ziegen: „Aktiv zu sein, das ist immer etwas Gutes.“
Kontakt und weitere Infos: www.physio-team-lendringsen.de