Menden. Mendener Eltern wollen etwas gegen den Fachkräftemangel tun und junge Menschen für den Job begeistern. Sie gehen einen ungewöhnlichen Weg.

„Die Erzieher gehen am Stock. Sie bekommen teilweise die pädagogischen Aufträge nicht mehr gewuppt und das ist einfach nicht Sinn der Sache.“ Das sagt Daniel Büttinghaus aus Menden. Er ist Vorsitzender des Jugendamtselternbeirats (JAEB) der Stadt Menden und weiß, dass die personelle Lage in den Kitas gerade sehr angespannt ist und für Verzweiflung auf mehreren Seiten sorgt. Deshalb will er gemeinsam mit anderen Eltern jungen Nachwuchs für den Job begeistern, um die Personalsituation zu entspannen. Dafür geht der Beirat einen ungewöhnlichen Weg.

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Personelle Situation in den Kitas teils dramatisch

Die personelle Lage in den Mendener Kindergärten sei angespannt, teilweise sogar dramatisch, sagt Daniel Büttinghaus. Obwohl die Erzieherinnen und Erzieher alles geben und auch viele Kita-Träger sich bemühen würden, sei keine wirkliche Lösung in Sicht. „Es gibt schon Helfer mit Zeitverträgen in den Kitas“, sagt er. Das sei zwar kurzfristig eine Entlastung, aber keine dauerhafte Lösung.

Die Erzieher gehen am Stock. Sie bekommen teilweise die pädagogischen Aufträge nicht mehr gewuppt und das ist einfach nicht Sinn der Sache.
Daniel Büttinghaus, Vorsitzender des Jugendamtselternbeirats Menden

Doch damit die Lage für alle Beteiltigten wieder angenehmer werden kann, müsse mehr Personal her. Und an diesem Punkt will der JAEB ins Rad greifen. Über Tiktok möchten die Eltern junge Menschen erreichen und für den Job begeistern. Deshalb suchen sie nun Personen aus der Branche, die Lust haben, sich vor der Kamera zu präsentieren und Werbung für den Beruf zu machen. „Wir suchen Protagonisten für ein Tiktok-Video, in dem dafür geworben wird, dass der Beruf des Erziehers gar nicht mal so schlecht ist“, sagt Daniel Büttinghaus.

Eltern starten Tiktok-Aufruf: "Wir brauchen mehr Erzieher"

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    Werbecasting für ein professionelles Video auf Tiktok

    Der Jugendamtselternbeirat hat beschlossen, die Plattform Tiktok aktiv zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Kinderbetreuung zu nutzen. Einen eigenen Account hat der Beirat zwar noch nicht, aber sobald Material da sei, soll es losgehen. „Wir wollen auf Tiktok jüngere Menschen erreichen, bevor sie sich für einen anderen Beruf entscheiden“, sagt Büttinghaus hoffnungsvoll. Er selbst sei „eher die Fraktion Facebook“, doch die Jugend sei auf Tiktok unterwegs und müssen eben auch dort aktiv angesprochen werden. Eine eigene Umfrage unter angehenden Heilerziehungspflegern habe ergeben, dass Reels oder Tiktok-Videos zur Werbung für den Ausbildungsberuf besser ankommen würden, als herkömmliche Aufrufe oder Videos.

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    Aber was ist eigentlich ein Jugendamtselternbeirat? In jeder Kita werden von Seiten der Erziehungsberechtigten Personen ausgewählt, die ihre Interessen vertreten. Diese Elternbeiräte der einzelnen Kindertageseinrichtungen können einen Jugendamtselternbeirat wählen, der Interessen von Eltern gegenüber den Trägern der Kitas vertritt und den das Jugendamt bei den wesentlichen Fragen der Kita-Betreuung informieren und anhören soll. Diese Vertreter werden aktiv gewählt.

    Das Videoportal TikTok

    TikTok ist ein Videoportal, das zusätzlich Funktionen eines sozialen Netzwerks anbietet. TikTok wird oft für die Lippensynchronisation oder das Nachtanzen von Musikvideos genutzt. Aber auch andere, überwiegend kurze Videoclips werden dort von den Nutzerinnen und Nutzern hochgeladen und konsumiert. Ebenfalls sind Live-Streams möglich.

    Betrieben wird TikTok vom chinesischen Unternehmen ByteDance. Unzureichender Datenschutz, versteckte Werbung, mangelnder Jugendschutz - TikTok gerät aber auch immer wieder in die Kritik. Einige Länder haben die App bereits verboten oder ziehen diesen Schritt in Erwägung. Auch auf vielen Diensthandys ist die App mittlerweile geblockt worden.

    Nun plant der JAEB Menden ein Werbecasting. „Ziel ist es, angehende oder bereits ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher sowie Personen im pädagogischen Bereich zu finden, um den Beruf auf humorvolle Art und Weise dem Nachwuchs näherzubringen“, so der JAEB. Und die Eltern gehen mit positivem Beispiel voran. Sie haben selbst ein Video produziert, in dem sie ihre Idee vorstellen und um Bewerbungen bitten. Ihr Video sei nicht perfekt, doch es sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das, was hinterher auf Tiktok ausgespielt werden soll, soll viel professioneller werden. „Wir wissen nicht, ob das klappt“, sagt Daniel Büttinghaus. Aber es zu versuchen, sei besser, als untätig zu bleiben.

    Interessierte können sich mit einem kurzen Steckbrief bis zum 1. Juni 2024 direkt beim JAEB melden unter jaeb-menden@gmx.de.

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