Menden. Es könnte für Menden die wichtigste Entscheidung des Jahrzehnts werden: Überträgt die Stadt ihr Kanalnetz an den Ruhrverband?

Es könnte die wichtigste Rats-Entscheidung des Jahrzehnts werden: Wenn die Stadt Menden ab 2025 ihr Kanalnetz an den Ruhrverband übertragen und dafür 108 Millionen Euro erhalten könnte, bestünden in schwierigen Zeiten gute Aussichten auf stabile Haushalte und Handlungsfähigkeit in der Zukunft. Denn der Mendener Etat wäre mit einem Schlag zu einem Gutteil entschuldet. Die Stadt müsste nicht in einer neuen Phase der Haushaltssicherung hohe Zinsen auf ihre Kredite zahlen. Die Ruhrverbands-Versammlung hat der Vorbereitung der Übertragung im Dezember zugestimmt.

Altschulden-Übernahme durch Bund und Land noch offen

Das Ziel einer Entschuldung der Stadt verfolgen indes auch Bund und Land, die allen Kommunen diese Hilfe in Aussicht gestellt haben. Allerdings liegen dem Stadtkämmerer hierzu noch keine konkreten Angaben vor. Dafür werden in der Politik aber Zweifel daran geäußert, ob Bund und Länder nach der 60-Milliarden-Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu noch in der Lage sind.

Rat hat bestimmt: Einnahme darf Entschuldung nicht gefährden

Dennoch: Um im Zweifel auch von dieser Entschuldung profitieren zu können, hat der Stadtrat vorgegeben, dass die Kanalnetz-Übertragung sogar um ein Jahr aufgeschoben werden soll. Dies, falls sie die Altschulden-Regelung gefährdet, weil Menden dann finanziell zu gut dafür dastünde.

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108 Millionen sollen allein zum Schuldenabbau eingesetzt werden

Die Übertragung dürfe jedenfalls „keine negativen Einflüsse auf eine mögliche Altschuldenlösung durch Land und / oder Bund“ entfalten. Auch damit wäre der Ruhrverband laut einer Vereinbarung mit der Stadt einverstanden. Die vom Ruhrverband zu leistende Ausgleichszahlung soll zudem vollständig zur Tilgung oder Reduzierung der Verbindlichkeiten aus Krediten und zur Haushaltskonsolidierung verwendet werden.

Ruhrverbandsgeld könnte die Hälfte der Verbindlichkeiten lösen

Dafür hat Uwe Siemonsmeier als Kämmerer der Stadt Menden einen Überblick über den Schuldenstand inklusive der Eigenbetriebe vorgelegt. Das Ergebnis: Mit gut 120 Millionen Euro an kurz- und mittelfristigen Krediten mit Laufzeiten bis zu fünf Jahren steht der Konzern Stadt bei den Banken in der Kreide. Hinzu kommen mehr als 80 Millionen Euro mit noch längeren Laufzeiten. Mit den 108 Kanal-Millionen könnte man also den Großteil aller kurz- und mittelfristigen Kredite tilgen. Diese roten Zahlen haben die Stadt Menden selbst, aber auch deren Eigenbetriebe für Immobilien und Stadtentwässerung sowie die Stadtwerke als 100-Prozent-Tochter in den letzten Jahren und Jahrzehnten angehäuft.

Mendener Kanalnetz würde über Schadenskataster bewertet

Auf dem Weg zur Übertragung gibt es indes noch weitere Hürden, wenn der Stadtrat am Dienstag zustimmt. Denn dann soll der Ruhrverband für die endgültige Bewertung des Kanalnetzes ein Schadenskataster erstellen. Das gehört zum Genehmigungsverfahren, in dem ein „wasserrechtlicher Nachweis“ zum Schadensbild erstellt und der Bezirksregierung Arnsberg vorgelegt wird.

Die Übertragung darf keine negativen Einflüsse auf eine mögliche Altschuldenlösung durch Land und / oder Bund entfalten.
Die Stadtverwaltung - in ihrer Beschlussvorlage

Doch am Ende könnte dann die Übertragung stehen, die ähnlich funktioniert wie ein Erbpachtvertrag. Die Stadt bliebe demnach Eigentümerin ihres Kanalnetzes, allerdings hätte der Ruhrverband alle Möglichkeiten, es neu und anders zu gestalten. Die Höhe der Entwässerungsgebühren für die Mendener Bürgerschaft und die Unternehmen bestimmte indes weiterhin der Stadtrat.

Ruhrverband ist öffentliche Körperschaft, kein Privatinvestor

Zu den Argumenten der Übertragungs-Befürworter zählte auch, dass die Kanalnetze mehrerer Nachbarstädte unter der Regie des Ruhrverbandes als einer öffentlichen Körperschaft nicht nur tadellos in Ordnung gehalten werden. Auch die Gebühren lagen dort tendenziell niedriger als bei stadteigenen Netzen.

Abwassergebühren weiter vom Mendener Stadtrat bestimmt

Das Anliegen der Übertragung hatte vor einigen Wochen in Menden für Schlagzeilen gesorgt, nachdem der Haupt- und Finanzausschuss zunächst mehrheitlich Nein dazu gesagt hatte. Erst im Nachgang sorgte die Überzeugungsarbeit des Verwaltungsvorstandes um Bürgermeister Dr. Roland Schröder binnen 14 Tagen für einen Sinneswandel und die mehrheitliche Annahme der Transaktion in der unmittelbar folgenden Ratssitzung.

Am Dienstag geht es jetzt um die Frage, ob der Beschluss endgültig gefasst wird.