Lendringsen. Nach der Starkregen-Katastrophe vom 21. Mai in Lendringsen wird das Kanalnetz jetzt verstärkt. Die Stadt bestreitet einen Zusammenhang.
Spätestens seit der Überflutung von Lendringser Straßen, Kellern und Garagen im Starkregen vom 21. Mai war vielen leidgeprüften Anliegern im Mendener Süden klar: Unser Kanalnetz ist zu schwach. SPD-Ratsherr Mirko Kruschinski trug diese Vermutung auch in den Stadtrat. Doch damals erschien sie vielen noch als bloße Spekulation wütender Flutopfer. Jetzt haben Experten die Annahme der Bürger ganz offiziell bestätigt: Vor allem unter dem Bieberberg-Kreisel sind die Kanäle zu eng.
Lendringser Hauptstraße soll nicht aufgerissen werden
Für die damit anstehende Aufweitung soll jedoch nicht die Lendringser Hauptstraße aufgerissen werden: Buddeln will der Stadtentwässerungsbetrieb Menden (SEM) in der Otto-Weingarten-Straße. Für diese Variante entschied einstimmig auch die Politik im Betriebsausschuss. „Wir müssen das schonendste Vorgehen für den Stadtteil auswählen“, erklärte CDU-Sprecher Hubert Schulte. Ein Aufreißen der Hauptstraße werde erheblich größere Verkehrsprobleme bringen, etwa durch eine langanhaltende Einbahnstraßenregelung (WP berichtete).
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Kanäle unterm Bieberberg-Kreisel „hydraulisch überstaut“
„Mit der Neuaufstellung des Zentralen Abwasserplans für Lendringsen sind fünf bis sechs Stellen im Lendringser Netz rechnerisch als hydraulisch überstaut nachgewiesen worden“, erläuterte SEM-Leiter Michael Mathmann vor dem Ausschuss. Einige Kanäle in Lendringsen seien „derzeit nicht ausreichend dimensioniert“, also zu eng. Der große Schwachpunkt liege dabei unter dem relativ neuen Kreisverkehr Bieberberg / Lendringser Hauptstraße samt den nach Norden führenden Kanälen.
Maßnahme „wegen zentraler Lage“ auf 2024 vorgezogen
Wegen dieser zentralen Lage und der „Auswirkungen der Kanalüberlastung auf nicht nur eine Straßenachse“ wolle SEM die Sanierung der Lendringser Kanalisation auf 2024 vorziehen, sagte Mathmann. Neben der Aufweitung der Kanäle sollen auch Steuerelemente in den Schächten abgebaut oder angepasst werden.
Mendener FDP will wissen: Planungsfehler vor der Flut?
Klaus Luig (FDP) hakte an dieser Stelle nach, ob es die aktuelle Überprüfung wegen des Starkregen-Hochwassers vom Mai 2021 gegeben habe. „Und ich muss das jetzt fragen: Gab es da womöglich Planungsfehler? Wer hat denn die Unterdimensionierung jetzt herausgefunden und den Handlungsbedarf ausgelöst?“, wollte Luig weiter wissen. Wie berichtet, hatten Bürgerinnen und Bürger in Lendringsen nach den Starkregen-Schäden eine Unterschriftenaktion initiiert. Anwohner und Gewerbetreibende forderten darin die Stadt Menden auf, das Kanalnetz in Lendringsen zu überprüfen
SEM-Chef: Netzprüfung nicht wegen Hochwassers erfolgt
Laut Michael Mathmann waren es aber weder Bürgerinnen und Bürger noch die Unternehmen oder die Politik. Das Manko sei im Zuge der Erstellung des neuen Lendringser Zentralplans errechnet worden. „Und wieso wurde in Lendringsen gerade jetzt geprüft?“, ließ Luig nicht locker. Mathmann erklärte, dass das Lendringser Netz für die zentrale Prüfung turnusmäßig an der Reihe gewesen sei. „Diese Prüfung wäre in diesem Jahr mit oder ohne Hochwasser erfolgt. Das Zusammentreffen war wirklich ein reiner Zufall“, beteuerte der Betriebsleiter.
Experte: „Bei extremem Regen spielt der Kanal keine Rolle mehr“
Ob größere Kanäle am 21. Mai aber wirklich viele Wasserschäden hätten abwenden können, bleibt dahingestellt. Thomas Höddnghaus, Projektleiter für die neuen Hochwasser- und Starkregenkarten der Stadt Menden, stellte unlängst fest: „Bei extremem Starkregen spielt das Kanalnetz keine Rolle mehr, das muss man klipp und klar sagen.“ Am 21. Mai kamen noch wild abfließende Wassermassen aus Feldern und Wäldern hinzu. Ein Kanalnetz, dass so etwas aufnehmen könnte, ist laut Höddinghaus „nicht zu bezahlen“.