Menden. Hospizkreis Menden unterstützt todkranke Menschen und deren Angehörige. Wie sich die Arbeit über die Jahre verändert hat.
Ilona Düppe und Ingrid Camatta begleiten Menschen auf ihrer letzten Reise. Der Hospizkreis Menden unterstützt todkranke Menschen und deren Angehörige. Wie die beiden diese emotional fordernde Aufgabe meistern – und wie die Arbeit ihre Sicht auf das Leben verändert hat.
Menschen werden immer älter
Seit 1996 gibt es den Hospizdienst für Menden und Fröndenberg mittlerweile. Eine, die buchstäblich seit der ersten Stunde dabei ist, ist Ingrid Camatta. Sie ist vor allem für die Koordination und Erstgespräche zuständig. Ihr Umgang mit einem Thema, das für viele Menschen eine Belastung ist, hat sich seitdem verändert. „Dass wir sterben, ist nichts Neues. Es ist nicht überraschend, nur der Weg ist unterschiedlich“, erklärt Camatta. Sie pflegt einen recht nüchternen Umgang mit dem Thema. Doch das sorgt keinesfalls dafür, dass ihr das Einfühlungsvermögen fehlt.
Sie und Ilona Düppe sehen sich vielmehr als kurze Wegbegleiter, die in einer unübersichtlichen und mitunter turbulenten Zeit Halt bieten. Einen klassischen Verlauf des letzten Weges gebe es allerdings nicht und hänge stark vom Alter der Betroffenen ab. Seit der Gründung habe sich die Altersstruktur deutlich verändert, „die Menschen sind deutlich hochbetagter“, sagt Camatta. Waren 90 Jahre und mehr seinerzeit eher Ausnahmen, ist es mittlerweile eher die Regel. „Je älter die Menschen werden, desto erschöpfter wirken sie oftmals“, sagt Ilona Düppe.
Gemischte Gefühle
Sind die todkranken Menschen deutlich jünger, ändere sich auch die Einstellung zum Sterben drastisch. Dann nämlich würden finanzielle Sorgen oder die Angst um die Familie mehr Raum einnehmen. „Es ist schwer, das anzunehmen“, so Ingrid Camatta. Und genau das werde verstärkt, wenn eine schwere und lange Zeit unentdeckte Krankheit der Grund dafür ist, dass die Menschen sterben. Vom Nicht-Wahrhaben-Wollen wechseln die Gefühle oft hin zu Wut. „Dann kommt die Frage auf: Warum trifft es mich jetzt?“, erklärt Camatta.
+++ Hintergrund: Die Arbeit geht nicht an jedem spurlos vorbei +++
Die Aufgabe des Hospizkreises besteht vor allem darin, dass sich die Betroffenen mit Diagnose und dem Sterben auseinandersetzen – „gleichzeitig müssen Angehörige loslassen können. Es braucht Akzeptanz, das ist ganz wichtig“, sagt Düppe. Das drohende Schicksal zu ignorieren oder sprichwörtlich um den heißen Brei herumreden, sei dabei nicht förderlich. Denn: „Die Betroffenen merken sehr wohl, wie es um sie steht“, ergänzt Ingrid Camatta. Ein Todesfall in der eigenen Familie führte seinerzeit dazu, dass sich sie sich mit der Hospizarbeit auseinandersetzte. So fand sich 1996 zunächst eine kleine Gruppe in Menden zusammen; wenig später gründeten sich auch in den Nachbarstädten ähnliche Vereine.
Hilfe für Helfer
Dass das Ehrenamt für Ilona Düppe und Ingrid Camatta nicht selbst zur seelischen Belastung wird, liegt vor allem daran, dass sie keine familiäre Beziehung zu den begleiteten Familien haben. „Wir sind einfach außen vor und sind uns unserer Rolle bewusst. Ich kann die Situation nicht ändern, aber zumindest eine gewisse Zeit lang helfen“, betont Düppe. Kurse und Supervisionen, also eine professionelle Begleitung von außen für die Mitglieder des Hospizkreises, gehören ebenso dazu. Nach jedem Einsatz steht zudem eine dreimonatige Pause, um das Erlebte zu verarbeiten und im Kreise des Vereins zu besprechen. Ingrid Camatta half es, das Erlebte aufzuschreiben. Nur für sich. „Damit ich es los werden kann.“ Im Schnitt begleitet der Hospizkreis zehn bis zwölf Betroffene und deren Familien im Jahr; wie lange diese Begleitungen dauern, ist dabei höchst unterschiedlich. Während es in einigen Fällen nur wenige Tage sind, berichtet Camatta von einem Fall, bei dem man eine Frau gut eineinhalb Jahre unterstütze. In der Regel markiert die Beisetzung für den Hospizkreis auch das Ende der Begleitung.
Das Wichtigste aus ihrer Sicht: „Wenn man etwas mit den Betroffenen klären will, sollte man die Zeit, die noch bleibt, immer nutzen.“ Das sei nicht nur wichtig für die todkranken Menschen selbst, sondern auch für die Angehörigen – um einen gemeinsamen Abschluss zu finden und loszulassen.