Menden. .

Braucht Menden ein Hospiz für sterbenskranke Menschen? Die Unabhängige Soziale Fraktion (USF) bejaht diese Frage ausdrücklich: „Die Frage der Notwendigkeit eines Hospizes für die Zukunft dürfte sich nach Meinung der USF nicht stellen”, heißt es in einem Schreiben an die Stadtverwaltung (WP berichtete). In diesem beantragt die Fraktion, die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen zu prüfen, ob solch ein Hospiz im Gut Rödinghausen einzurichten wäre – denn das sei anderweitig kaum zu vermarkten. Doch was sagen Experten dazu? Wilderich von Boeselager, einer der Gründerväter des Hospizkreises Menden, nimmt im WP-Gespräch Stellung.

Die Gesellschaft altert, es gibt immer mehr Pflegebedürftige. Braucht Menden nicht tatsächlich ein eigenes Hospiz?
In den mehr als 15 Jahren unseres Bestehens ist dies bereits der dritte Antrag dieser Art im politischen Raum. Vor zwölf Jahren war es die SPD. Wir haben damals als Hospizkreis im Rat Stellung nehmen dürfen und um die ideelle Unterstützung unserer Anliegen geworben. Später hat die UWG einen Vorstoß unternommen, und jetzt die USF. Wir freuen uns über jeden Einzelnen, jede Gruppe, jede Partei oder Fraktion, die sich des Themas „Begleitung in der letzten Lebenszeit” annimmt. Aber wenn wir gefragt werden, ist auch diesmal die Antwort: Nein, wir brauchen menschliche Nähe, aber kein eigenes Hospiz in Menden.

Wilderich von Boeselager.
Wilderich von Boeselager. © WP

Warum nicht?
Zunächst einmal gibt es keinen aktuellen Bedarf. Wir haben rund um Menden mit den ausgezeichneten Hospizen in Letmathe, Schwerte und Arnsberg Einrichtungen, zu denen wir einen hervorragenden Kontakt pflegen. Hinzu kommen die Palliativ-Station im Krankenhaus in Unna und die neue Palliativ-Station in Hemer. Wir haben bislang in akuten Situationen, in denen ein Hospizplatz wirklich nötig wurde, nie Schwierigkeiten gehabt, ein Zimmer für unsere Patienten zu bekommen.

Trotzdem: Wäre ein Hospiz hier vor Ort nicht besser für Betroffene und Angehörige?
Dies wird in jedem Fall an der Umsetzbarkeit scheitern, denn ein Hospiz mit sehr personalintensiver Betreuung ist eine teure Angelegenheit. Es kann nur in Übereinstimmung mit den Kostenträgern – der Kranken- und der Pflegeversicherung – verwirklicht werden. Und das scheint mir angesichts der guten Versorgung in unserer Nachbarschaft ausgeschlossen. Zudem müsste sich ein Träger finden, der nach Gesetzeslage mindestens einen zehnprozentigen Eigenanteil für den Betrieb aufbringen müsste. Man muss es so deutlich sagen: Ein Hospiz ist ein sehr teurer Zuschussbetrieb! In der Regel sind es daher auch große caritative Organisationen wie Malteser, Caritas, Diakonie oder Stiftungen, die Träger eines Hospizes sind.

Abseits all dieser Zwänge: Fänden Sie es denn wünschenswert, ein Hospiz in Menden zu haben?
Hospize sind wunderbare Orte professioneller und persönlicher Betreuung. Doch die Hospizbewegung verfolgt primär ein anderes Ziel. Wohl allen Sterbenden tut es weh, wenn sie gerade in den letzten Tagen und Wochen des Lebens ihr Zuhause, ihre gewohnte Umgebung verlassen sollen. Wir wollen helfen, dass die Menschen nach Möglichkeit dort sterben können, wo sie zu Hause sind. Das ist auch in Menden in den meisten Situationen zu verwirklichen: Wir haben hervorragende Seniorenheime, den ambulanten Hospizdienst, gute Pflegedienste mit Palliativschwestern und mehrere in der Palliativmedizin geschulte Hausärzte. Die Hospizbewegung will nicht Ersatz sondern Stütze sein für ein Sterben im familiären Umfeld. Etwas provokativ: Wir würden uns gern überflüssig machen, wenn Nachbarschafts- und Freundeshilfe die Begleitung der Sterbenden und die Entlastung für die Angehörigen übernehmen würden.

Wäre das Gut Rödinghausen als geschichtsträchtiges Rittergut nicht ein besonderer Ort zum Sterben? Kann das für Betroffene nicht sehr schön sein für die letzten Stunden?
Ich denke nicht. Sehen Sie, zwei Beispiele: Das Hospiz in Schwerte ist ein ganz normales Einfamilienhaus, und Arnsberg hat zunächst in einer Etagenwohnung begonnen. Beide Hospize sind wunderbar! Es kommt in dieser Situation nicht auf ein repräsentatives Äußeres an, sondern auf eine persönliche, möglichst private Atmosphäre.