Menden. Lydia Rusch ist Hebamme aus Menden und ermutigt alle frischgebackenen Mütter, an sich und das Stillen zu glauben. Sie gibt Tipps und Tricks.
Kaum auf der Welt und schon einen Bärenhunger: Muttermilch ist für Neugeborene das Beste – da sind sich die Experten einig. Doch stillende Frauen haben es mitunter nicht leicht. Startschwierigkeiten, körperliche Probleme, Druck von außen oder schlichtweg doofe Blicke von Außenstehenden: Situationen, die verunsichern, gibt es genug. Die Mendener Hebamme Lydia Rusch macht passend zur Weltstillwoche darauf aufmerksam. Im WP-Gespräch verrät sie, wo Mütter in Menden ungestört stillen können, wann ein neues Stillcafé startet und mit welchen Tricks die Stillbeziehung langfristig klappen kann.
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Was der weibliche Körper drauf hat, wird vor allem bei Schwangerschaft und Geburt klar. Aber auch danach vollbringt er große Leistungen und erzeugt beispielsweise die sogenannte Vormilch, das Kolostrum. Doch: „Die ersten zwei bis drei Tage nach der Geburt haben Mütter oft das Gefühl, dass ihr Kind nicht satt wird“, sagt Lydia Rusch, die seit 2009 als Hebamme arbeitet. „Die Kinder haben in dieser Zeit ein Hungergefühl und können dann auch schon mal ungemütlich werden. Mütter zweifeln in dieser Zeit oft an sich“, sagt sie. „Aber das ist normal. Man muss es nur wissen. Die richtige Milchbildung setzt meist drei bis vier Tage nach der Geburt ein. Erst dann wird das Kind richtig satt und rund“, erklärt die 37-Jährige Mama von zwei Kindern.
Anspruch auf Betreuung einer Hebamme – auch über das Wochenbett hinaus
Frauen stehen ab Beginn der Schwangerschaft Leistungen einer Hebamme zu. Die Betreuung im Wochenbett gehört dazu – und bei Problemen auch darüber hinaus. Lydia Rusch hat in Menden schon viele Mamas mit ihren Kindern begleitet. „Die Familien trifft man immer wieder. Mal im Schwimmbad, beim Supermarkt oder auch in der Schule, seit meine Töchter selbst zur Schule gehen“, sagt Rusch. Stillen sei für die meisten Frauen bereits in der Schwangerschaft ein großes Thema. „Und das ist auch gut so.“
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Wie wichtig eine gute Vorbereitung und verlässliche Begleitung in der Stillzeit sind, wird bei einem Blick auf die Zahlen deutlich. „Umfragen zeigen, dass 90 Prozent der schwangeren Frauen stillen wollen“, sagt Lydia Rusch. Direkt nach der Geburt würden in Deutschland 80 Prozent der Mütter tatsächlich stillen. „Nach zwei Monaten sind es nur noch 50 Prozent und nach vier Monaten nur noch 30 Prozent, die voll stillen. Das sind erschreckende Zahlen, weil die Mütter es ja eigentlich wollten.“ Die meisten Frauen würden hochmotiviert an das Thema herantreten, doch wenn es zu Schwierigkeiten komme und keine passende Hilfe parat sei, ende das oft unnötigerweise im Abstillen. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, mindestens sechs Monate voll zu stillen.
Beste Lösung für Mutter und Kind finden – auch Teilstillen ist eine Option
Lydia Rusch begleitet ihre Schützlinge eng und beobachtet genau, woran es hakt. Meist würden Tricks wie eine andere Stilltechnik das Problem lösen. „Stillen kann einfach sein. Es braucht eigentlich keine Hilfsmittel, weil es ein natürlicher Prozess ist“, sagt sie.
Manchmal gebe es aber auch Fälle, wo es trotz aller Bemühungen nicht funktioniere, weil zum Beispiel die Schmerzen für die Mutter zu groß sind oder das Kind einfach nicht satt wird. „Dann gilt es die beste Lösung für beide zu finden.“ Abpumpen oder stillfreundliches Zufüttern per Schlauch an der Brust können in solchen Fällen helfen. Jede Lösung ist individuell. „Wichtig ist: Jeder Tropfen Muttermilch ist wertvoll und gesund.“ Ganz egal, ob die Frau voll oder eben nur teilweise stille.
Gesellschaft muss offener werden, damit Frauen sich wohlfühlen
„Es braucht Zeit und Geduld. Es ist wichtig, den Müttern Zuversicht zu vermitteln. Es ist nicht sofort so einfach. Mutter und Kind machen das ja in der Regel beide zum ersten Mal und müssen den Prozess üben“, sagt Lydia Rusch und lächelt. Natürlich gebe es Frauen, die nicht stillen möchten oder können. Jede Frau trifft diese Entscheidung selbst. Doch wer stillen möchte, braucht vor allem Rückhalt und Ruhe. „Das Umfeld sollte stillfreundlich sein.“ So könnten Partner der Frau den Rücken frei halten und Großeltern oder Freunde sich während des Wochenbetts zurückhalten, um die frischgebackene Mama nicht zu verunsichern.
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Und auch die Gesellschaft müsse an sich arbeiten, damit stillende Frauen sich in der Öffentlichkeit wohlfühlen können. „Frauen wird es nicht leicht gemacht.“ Es sei eine Form der Diskriminierung, wenn Mütter für das Füttern ihres Kindes komisch angeguckt werden würden. Die Stadt und auch örtliche Gastronomen können auch zu einer stillfreundlicheren Kultur beitragen und Rückzugsorte schaffen.
Stillcafé in Menden und Still- und Wickelecke im Familienbüro
Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist das Familienbüro der Stadt Menden, das seit Mai eröffnet ist. In den Räumen am Kirchplatz 2 sind Mütter herzlich willkommen. Sie können ihr Baby dort stillen und auch wickeln – immer dienstags und freitags von 9 bis 11 Uhr sowie mittwochs von 14 bis 16 Uhr stehen die Türen offen. Die Familienlotsen beraten auch gerne. „Ab dem 3. November bietet meine Kollegin Kirstin Drepper dort auch immer am ersten Donnerstag im Monat ein Stillcafé an. Das ist ein offener Treff“, sagt Lydia Rusch. Hier können sich Mamas austauschen und von ihrem Wissen gegenseitig profitieren.
Rechtlichen Rahmen beachten und nutzen: Einen Cut in der Stillbeziehung sieht die Bösperder Hebamme bei einem Jahr. Meist ende dann die Elternzeit und Mütter würden wieder arbeiten gehen oder ihr Kind zur Betreuung geben. Doch auch das müsse nicht das Ende der (Teil-)Stillzeit bedeuten, weiß die Expertin. Es gelte, seinen eigenen Rhythmus zu finden. Außerdem stehe Müttern laut des Mutterschutzgesetzes auch während der Arbeit zu, Stillpausen einzulegen. So könne beispielsweise Milch abgepumpt und im Kühlschrank gelagert werden, die dann wiederum für den nächsten Tag mit zur Kita gegeben werden könne. Lydia Rusch wünscht sich mehr Offenheit für diese Thematik.