Lahrfeld. Die Hausarztpraxis von Mutasem Hajjar in Lahrfeld gibt es nun ein Jahr. Der Mediziner erzählt von seinen Erfahrungen und Zukunftsplänen.

Von null auf 2000: So viele Patienten vertrauen dem Mendener Hausarzt Mutasem Hajjar mittlerweile ihre Gesundheit an. Der Mediziner mit syrischen Wurzeln ist seit einem Jahr in Menden aktiv – in der modernen Hausarztpraxis im Lahrfeld 18. Auf rund 200 Quadratmeter verteilt gibt es vier lichtdurchflutete Sprechzimmer, einen Ultraschall-Raum, ein Labor, einen großen Empfang sowie einen Wartebereich. Mittlerweile hat sich Mutasem Hajjar einen großen Patientenstamm aufgebaut. Mehr als 1000 Patienten behandelt er im Schnitt pro Quartal. Allein. Wie passt das zusammen mit dem Wunsch, sich für seine neuen Patienten Zeit nehmen zu wollen?

Verstärkung für die neue Praxis im Lahrfeld

5,2 Minuten. Das ist laut Dr. Andreas Engelhardt, Hausarzt aus Hennen, die durchschnittliche Sprechstundenzeit bei Deutschlands Hausärzten. Viel zu wenig. Das ist klar. Gründe dafür gibt es viele, nicht zuletzt sind es zu wenige Ärzte, die ihre knappe Zeit mit viel Bürokratie verbringen müssen. In der Praxis von Mutasem Hajjar gibt es 15-Minuten-Termine. Damit das so bleiben kann, gibt es nur zwei Optionen: Aufnahmestopp oder Verstärkung. Die Flucht nach vorne: Das ist der Weg, den Mutasem Hajjar gehen will. Mediziner Bassel Farah wird in den nächsten sechs Monaten seine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin in der Mendener Praxis komplettieren und Mutasem Hajjar unterstützen. +++ Lesen Sie auch: Neue Hausarztpraxis im Lahrfeld: Alles über Arzt und Konzept +++

Während immer mehr Praxen auf dem Land schließen, hat Mutasam Hajjar den Schritt vor einem Jahr gewagt und eine neue Praxis eröffnet. Rückendeckung hat der Mediziner dabei von Andreas Engelhardt und seinen Kollegen aus Hennen. Denn die Praxis im Lahrfeld ist eine Zweigstelle einer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Hennen, die Andreas Engelhardt mit zwei weiteren Kollegen führt. Das hat gleich mehrere Vorteile: Mutasam Hajjar ist angestellter Arzt und trägt damit nicht das unternehmerische Risiko. Er muss sich also nicht zu Beginn der Karriere verschulden, um eine Praxis abzulösen und eventuell sogar zu modernisieren. Darüber hinaus erledigt die Hauptpraxis in Hennen einen Großteil der Bürokratie, sodass Mutasam Hajjar mehr Zeit für die Patienten hat. Auch gegenseitige Vertretungen sind möglich. Und das Wichtigste: Mutasam Hajjar ist nicht allein. Er hat ein großes Team im Rücken und kann von den Erfahrungen der anderen profitieren. Es ist ein Konzept, dass Mutasam Hajjars Traum von der eigenen Praxis hat wahr werden lassen.

Blick in die Hausarztpraxis von Mutasem Hajjar.
Blick in die Hausarztpraxis von Mutasem Hajjar. © WP | Jennifer Wirth

„Ein Jahr ging so schnell vorbei“, sagt Mutasam Hajjar. Wenn er sich umschaut, lächelt er. Es sind quasi seine eigenen vier Wände. Sein Praxis-Baby. „Es war so viel zu tun.“ Schließlich ist er bei null gestartet. Neue Patienten, viele neue Akten. „Die Nachfrage ist weiterhin hoch. Wir wollen keinen Aufnahmestopp“, sagt der gebürtige Syrer. Deshalb freue er sich sehr über die Unterstützung durch Bassel Farah. Der neue Kollege wird rund sechs Monate bleiben, bis er schließlich eine eigene Praxis nach dem gleichen Prinzip auf Platte Heide eröffnet. Wird es dann wieder eng in Lahrfeld? Nein, sagt Andreas Engelhardt. „Ab Juli kommt ein weiterer Hausarzt in die Praxis ins Lahrfeld“, kündigt er an.

Menschen sind dankbar, einen Hausarzt gefunden zu haben

Der Patientenstamm sei bunt gemischt, sagt Mutasam Hajjar. Eins haben die Menschen gemein: Sie sind dankbar, einen Hausarzt gefunden zu haben. „Ich habe Leute hier, die haben drei Jahre lang keinen Arzt gefunden.“ Die Lage sei extrem schwierig und angespannt, sagt auch Andreas Engelhardt. Endlos-Warteschleifen an den Telefonen oder Patientenaufnahmestopps sind meist die Folge. Doch die Mediziner aus Hennen wollen das nicht so hinnehmen. Eine gute Struktur sei entscheidend. Deshalb erfolgt die Terminvergabe bereits jetzt zu 60 Prozent online über „Doclib“. „Das wird supergut angenommen.“ Das Ziel sind 80 Prozent. Denn das Verfahren sorge sowohl bei Patienten, als auch bei den Mitarbeitern für weniger Frust. Keine langen Warteschlagen oder heiß telefonierte Ohren. Auch Akuttermine können über diesen Weg vereinbart werden. Damit sei eine bessere Steuerung möglich, was letztendlich auch zu geringeren Wartezeiten führe – und schlussendlich zu zufriedenen Patienten. +++ Das könnte Sie auch interessieren: Ärztemangel ist längst spürbar +++

Auch in Zukunft wollen sich die Mediziner weiterentwickeln, die Strukturen verbessern und mehr Leistungen anbieten. „Wir sind ein junges, innovatives Team, kennen die Bedürfnisse der Patienten und wollen darauf eingehen“, sagt Engelhardt. Er kündigt auch für das Lahrfeld Neuerungen ab Sommer an. Was genau, will er aber noch nicht preisgeben. Für Mutasam Hajjar ist derweil klar: „Ich würde es wieder machen. Ich habe tolle Menschen kennengelernt. Die Mendener sind sehr lieb und freundlich. Ich fühle mich sehr wohl hier.“