Menden. Heimische Vereine beklagen, bei Planungen zur langen Nacht der Kultur(en) ausgebootet worden zu sein. Das steckt dahinter.

Die lange Nacht der Kulturen hat in Menden fast schon Tradition. Doch nun gibt’s einen regelrechten neuen Anstrich für die Veranstaltung. Ganz zum Ärger der heimischen Vereine. Die ziehen sich teilweise zurück – und sehen die Schuld dafür beim Stadtmarketing.

Kritik: Vereinstreue nicht mehr erkennbar

Aus der langen Nacht der Kulturen wird die lange Nacht der Kultur. Eine kleine Änderung, die bei heimischen Vereinen allerdings auf nicht besonders viel Gegenliebe stößt. Hintergrund ist vor allem die Auslagerung der Planung. Der städtische Integrationsbeauftragte Boie Peters erklärt im Integrationsrat die Hintergründe.

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Vor gut zwei Jahren sei es demnach um die Neuplanung gegangen. In Absprache mit dem Kulturbüro habe man sich dazu entschieden, die Planung ans Stadtmarketing auszulagern. „Früher waren es zwei Veranstaltungen, die parallel und etwas zeitversetzt zueinander liefen.“ Grundgedanke: ein interkulturelles Freundschaftsfest. „Es geht auch darum, voneinander und miteinander zu lernen“, betont Peters. Im Zuge der Auslagerung ist daraus dann die lange Nacht der Kultur entstanden. Dass sich einige heimische Vereine nun zurückziehen wollen, bedauert der städtische Integrationsbeauftragte. „Es gibt einige ausländische Vereine, die ich in zwei Jahren gerne wieder dabei hätte“, gibt Peters zu.

Doch die reine Umbenennung des Festes ist keinesfalls das, was den Vereinen sauer aufstößt. Integrationsratsmitglied Fatma Kumpir wirft dem Stadtmarketing zumindest indirekt Rassismus vor. Man wolle „kein Türkenfest“ in der Innenstadt, so der Tenor der Gespräche. Grund genug abzusagen. „Ich hatte den Eindruck, dass nicht viel Wert auf heimische Vereine gelegt wird. Ich will nicht nur ein Statist sein“, so Kumpir. Zudem stünden seit der Neuplanung Gastronomen im Mittelpunkt – und nicht die Vereine selbst. Eleni Zachari, Vorsitzende des Integrationsrates, ergänzt, dass es dem alevitischen Verein signalisiert worden sei, keinen Döner zu verkaufen – und auch griechischen Wein sollte es nicht geben. Zachari kritisiert in diesem Zuge vor allem die „Kommerzialisierung der Veranstaltung“: Foodtrucks statt Vereine. „Mir kommt die Galle hoch, wenn das so gelaufen ist“, brüskiert sich Heinz Kiaulehn (MI). Zuspruch bekommt er zudem von Nikolaus Paraschos (CDU): „Ich bin schon traurig, dass eine gute Idee so unter die Räder gekommen ist.“ Für Marion Trippe (FDP) unverständlich, warum dann niemand vom Stadtmarketing Rede und Antwort steht.

Stadtmarketing für Professionalisierung zuständig

Doch ganz so dramatisch stellt sich die Lage dann nicht dar. „Es gibt jetzt andere Anforderungen als vorher. Die Veranstaltung muss eine überregionale Strahlkraft haben“, betont Jenni Gröhlich vom Stadtmarketing auf WP-Anfrage. Gut 10.000 Euro stünden dafür im Wirtschaftsplan zur Verfügung. Sie rechtfertigt daher sowohl die Namensänderung wie auch weitere Anpassungen im Programm und Ablauf. Die lange Nacht der Kultur sei beispielsweise eine deutschlandweit verbreitete Marke, die sowohl kulturelle Veranstaltungen wie Museumsöffnungen und Kunst beinhaltet wie auch interkulturelle Verständigung und Aktionen. Zudem habe sich das Interesse heimischer Vereine doch sehr in Grenzen gehalten. Zur Gesprächsrunde seien lediglich zwei Vereine gekommen, denen Gröhlich dann die neue Stoßrichtung der Veranstaltung erklärt habe.

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Ein Grund, dass das Stadtmarketing nun die Federführung übernommen hat, ist nach WP-Informationen auch, dass heimische Vereine wohl nicht mehr in der Lage gewesen wären, so eine Veranstaltung überhaupt auf die Beine zu stellen. Daraufhin reagierte das Kulturbüro mit einer Neuausrichtung.

Gleichzeitig verteidigt Gröhlich den Ansatz. „Wir wollen ja, dass die Leute von überall zu uns kommen.“ Und das schaffe man schlussendlich nicht mit einem „Türkenfest“, bei dem erst einmal alle (Mendener Vereine, Anm. d. Red.) unter sich bleiben. Rassismus weist Jenni Gröhlich, die selbst türkische Wurzeln hat, in diesem Zusammenhang klar zurück. Ein Blick aufs Programm zeigt dann auch: interkulturell wird’s auf jeden Fall. Bücherei, Stadtmuseum, Teufelsturm und Poenigeturm sind geöffnet, hinzu kommen mehrere Stände, etwa des Kommunalen Integrationszentrums zudem gibt’s eine Bühne vor dem Alten Rathaus. Dort spielt zunächst eine portugiesische Fado-Band, später kommen dann türkische und arabische Musikstücke hinzu. „Ich möchte auch, dass wir unser vielfältiges Menden zeigen“, betont Gröhlich. Aber dazu gehöre – sobald das Stadtmarketing involviert ist – nun einmal auch eine Professionalisierung der Veranstaltung. Menden überregional als Marke und Veranstaltungsort zu präsentieren, sei schließlich die Aufgabe des Stadtmarketings.

Bürgermeister will vermitteln

Und genau das erklärt auch Stadtmarketing-Geschäftsführerin Melanie Kersting abermals im Stadtrat wenige Tage nach der Sitzung des Integrationsrates. Die Initiative zur Neuplanung sei vom Kulturbüro ausgegangen. Bürgermeister Dr. Roland Schröder ist derweil um Schadensbegrenzung bemüht und zwischen Vereinen und Stadtmarketing zu vermitteln – um für die nächste Auflage 2024 wieder alle Beteiligten zusammenzubringen.