Menden. Der Mendener Künstler Hermann-Josef Schnell spendet den Erlös seines Kalenders an den De-Cent-Laden. Dort ist die Situation dramatisch.
So viel Geld wie noch nie hat Hermann-Josef Schnell in diesem Jahr mit seinem Menden-Kalender eingenommen. Geld, das er – wie seit 20 Jahren – für einen wohltätigen Zweck zur Verfügung stellt. Mehr als 7000 Euro hat der Mendener Künstler am Mittwoch dem Katholischen Verein für soziale Dienste (SKFM) überreicht.
SKFM muss viele Lebensmittel für den De-Cent-Laden zukaufen
Alle zwei Jahre gibt Hermann-Josef Schnell einen neuen Kalender heraus. Den Verkaufserlös spendet der 72-Jährige jedes Mal für einen guten Zweck. In diesem Jahr fließt das Geld an den De-Cent-Laden an der Fröndenberger Straße. Und dort stößt die Spende auf sehr große Freude. Denn: In den vergangenen vier Monaten ist die Menge der Lebensmittel, die der SKFM für den De-Cent-Laden zukaufen muss, dramatisch gestiegen. „Wenn es private Spenden nicht gäbe, dann wäre die Tür hier wohl schon längst zu“, sagt SKFM-Geschäftsführerin Marita Hill.
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Schon vor ein, zwei Jahren hatte Marita Hill darüber berichtet, dass die großen Lebensmittelkonzerne anders als in früheren Jahren immer weniger Obst, Gemüse und haltbare Nahrung abgeben. Diese Situation hat sich nun nochmals verschärft.
Spende über 7380 Euro
7380 Euro stellt Hermann-Josef Schnell zur Verfügung. Der Großteil des Geldes stammt aus dem Verkauf der Kalender. Doch auch private Spender haben ihren Teil dazu beigetragen, und Hermann-Josef Schnell hat den Erlös darüber hinaus selbst aufgestockt.
Eigentlich eine riesige Summe, die der Mendener Künstler für den guten Zweck zur Verfügung stellt. Doch gleichzeitig weiß Marita Hill, dass dieses Geld nicht mal für zehn Tage ausreicht. „Wir geben rund 750 bis 800 Euro pro Tag aus, um Lebensmittel zuzukaufen“, erläutert Marita Hill. Der SKFM kaufe bei zwei inhabergeführten Unternehmen in Menden ein, „da bekommen wir zum Glück Rabatte“.
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Vor allem Obst und Gemüse muss der SKFM zukaufen, aber auch haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln, Mehl und Zucker. „Das hat sich in den letzten vier Monaten rasant in diese Richtung entwickelt“, bilanziert Marita Hill. Die Supermärkte, so ihre Erfahrung, „disponieren anders. Dadurch ist das, was für uns übrig bleibt, noch mal drastisch weniger geworden.“
Öl und Kaffee besonders teuer
Allerdings gebe es auch Lebensmittel wie Öl und Kaffee, die im Einkauf derart teuer seien, dass der De-Cent-Laden sie nicht zukauft, sondern auf Spenden angewiesen ist.
Dem gegenüber ist die Zahl der Bedürftigen, die im De-Cent-Laden einkaufen, immens gestiegen. In früheren Jahren hat der SKFM im Durchschnitt etwa 500 Ausweise ausgegeben, die zum Einkaufen im De-Cent-Laden – ein Mal pro Woche – berechtigen. Im vergangenen Jahr seien es 800 gewesen. Der starke Anstieg sei vor allem auf die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine zurückzuführen.
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Am Mittwoch beispielsweise werden Lebensmittel für 60 Familien ausgegeben. Je nach ausgegebener Nummer kommen die Menschen zu verschiedenen Zeiten in die Räume an der Fröndenberger Straße. Das System ist rollierend. Wer also heute einen frühen Termin bekommen hat, rückt beim nächsten Mal ein Stück nach hinten. Auf diese Weise soll die Verteilung möglichst gerecht ablaufen.
Zehnter Menden-Kalender
Hermann-Josef Schnell freut sich, dass er mit seinen Aquarellen so viel Gutes tun kann. Mit seinem zehnten Menden-Kalender steuert er bald auf die 70.000-Euro-Marke an Spenden zu. Den nächsten Kalender will der Künstler im Herbst 2024 vorlegen. Und bis dahin hat er sich mit Sicherheit eine weitere Gruppe oder einen Verein ausgeguckt, den er mit dem Kalender-Erlös finanziell unterstützen will.
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Wichtig ist ihm, dass es seine ureigene Entscheidung ist, an wen das Geld dann fließt. Denn in diesem Jahr musste Hermann-Josef Schnell zum ersten Mal spüren, dass manche Menschen glauben, ihn in seiner Entscheidung beeinflussen zu können. So habe er Anrufe bekommen von Menschen, die nachfragten, warum er das Geld denn für den De-Cent-Laden zur Verfügung stellt und nicht einem anderen Verein (des Anrufers). Dass er sich habe rechtfertigen sollen, „das war schon starker Tobak“, sagt Hermann-Josef Schnell. „Ich halte die Arbeit hier im De-Cent-Laden für immens wichtig. Und wenn ich mir ausgucke, an wen ich spende, dann hat das schon einen guten Grund.“