Menden. Die Missbrauchsverbrechen haben die katholische Kirche schwer gezeichnet. Das sei nicht ihr einziges Problem, sagt Pfarrer Bernd Mönkebüscher.
Selten schließt sich an eine Buchvorstellung eine so intensive Diskussion an, wie am Montagabend im Theater Am Ziegelbrand (TAZ). Der Hammer Pfarrer Bernd Mönkebüscher, früher auch in Hüingsen tätig, stellte auf Einladung der Buchhandlung Daub sein Buch „Es schmeckt nach mehr – In der Kirche ist für alle Platz“ vor. Wie schon im Interview mit der WESTFALENPOST im Vorfeld der Lesung fand er klare Worte. Die basieren auch auf seiner Biografie.
Als Mönkebüscher ein Kind war, faszinierte ihn der Pfarrer seiner Gemeinde. „Ich war damals dick, ich wurde gehänselt, die Kirche war mein Schutzraum“, erinnerte er sich am Montagabend. „Ich musste nicht in eine Messdienerkleid passen, es wurde nach mir geschneidert.“ Im Laufe seines Lebens hat sich nicht nur seine Rolle gewandelt, sondern auch seine Einstellung zur katholischen Kirche.
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Mönkebüscher wurde Pfarrer, viel passierte im gewohnten Rahmen. Doch der Priester wollte sich nicht in Schablonen pressen lassen. Er outete sich als homosexuell, ergriff das Wort für queere Menschen. Für die, die die katholische Kirche als „unnatürlich“ betrachtet. Das spiegelt sich auch in den Gottesdiensten wider. „Wir sagen wie selbstverständlich ,Liebe Brüder und Schwestern’ und lassen damit immer einen kleinen Teil der Menschen außen vor – die, die sich weder als Mann, noch als Frau sehen“, sagt Mönkebüscher. Man müsse es nicht auf die Spitze treiben, dürfe aber durchaus mal darüber nachdenken.
Diese Offenheit vermisst Mönkebüscher an vielen Stellen: „Wie gastfreundlich sind wir als Gemeinden?“ Was der Pfarrer meint: In den Gremien, Arbeitsgruppen und Zusammenkünften sprechen immer wieder dieselben Menschen miteinander. „Mir fehlen die Stimmen der Fremden“, würde sich Mönkebüscher mehr Einfluss von außen wünschen.
Für Menschen, die sich von der katholischen Kirche abwenden und austreten, hat er großes Verständnis – auch wegen der Missbrauchsverbrechen und der Art, wie sie aufgearbeitet werden. „Die Missbrauchsverbrechen sind ein Erbe, das die Kirche noch sehr lange belasten wird“, sagt Mönkebüscher. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er auch seine Entscheidung, in der Kirche zu arbeiten, immer wieder hinterfragt. Das findet sich auch im Buch wieder, das Mönkebüscher nicht als Reformbuch verstanden wissen will. Die kleinen Kapitel geben seine Gedanken wieder, ordnen ein. „Vielleicht findet man da auch einen kleinen Funken Hoffnung“, so der Kirchenmann. Mönkebüscher greift den Emmausgang auf, an ihm orientieren sich die Kapitel: „Das Zweifeln gehört dazu.“
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Ob die Kirche reformfähig ist? Mönkebüscher hat da seine Zweifel. Die Kirche folge nicht dem Tempo der Gesellschaft, sagt er auch mit dem Blick auf die Rolle der Frau. Dabei sei es wichtig, dass Kirche nicht überall gleich sein müsse: „Ich habe Papst Franziskus anfangs so verstanden, dass er die Ortskirche stärken will. Und das ist ja auch richtig, Kirche muss nicht überall gleich sein. Wir dürfen nicht nach Afrika gehen und sagen, wie Kirche sein muss. Diesen Fehler hat die Kirche viel zu lange gemacht. Andersherum kann Afrika uns auch keine Vorschriften machen. Das Verbindende ist das Glaubensbekenntnis.“
Viele Besucher im TAZ waren angetan von Mönkebüscher und seinen frischen Gedanken. „Sie sind ein Hoffnungsträger“, sagte eine Besucherin. Nur wenige Priester taugten als Seelsorger, weil sie zu weit weg seien von den Menschen – diese Kritik wurde immer wieder laut. Mönkebüscher nahm das zum Anlass, zu mehr Gemeinschaft zu ermuntern: „Kirche ist da, wo die Menschen sind. Wir alle können solche Orte schaffen.“