Fröndenberg. Nach Jahrhundert-Starkregen im Juli 2021 gibt es nun eine Gefahrenanalyse. Welche Schlüsse die Stadt daraus nun zieht.
Wie kann sich Fröndenberg zukünftig besser gegen die verheerenden Folgen von Starkregen wappnen? Eine Gefahrenkarte liefert schon erste Anhaltspunkte für besonders gefährdete Bereiche, Handlungsempfehlungen sollen im Laufe des Sommers folgen. Aber nicht bei allen Maßnahmen kann man auf eine zügige Umsetzung hoffen, gibt die Stadtverwaltung zu bedenken.
Detlef Rieger war nun als Gast in die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt gekommen. Rieger ist bei der Emscher und Lippe Wassertechnik GmbH, unter dem Dach von Emschergenossenschaft und Lippeverband, für Wasserwirtschaft insbesondere bei Oberflächengewässern zuständig. Er hat sich mit den Risiken in Fröndenberg bei Starkregenereignissen beschäftigt. Er wies aber auch selbst zu Beginn seiner Darstellungen darauf hin, vielen der Einwohnern stecke das Unwetter aus dem Juli 2021 sicher noch in den Knochen. Da hätten viele schon in der Realität ganz leidvoll erfahren müssen, welche Stadtgebiete besonders gefährdet sind.
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Der Klimawandel, so Detlef Rieger, bedeute überhaupt ganz allgemein: „Mehr Starkregen, aber auch mehr Dürre.“ In einem ersten Schritt, so berichtete Rieger weiter nun bezogen auf Fröndenberg, habe er die Gefahrenkarte für Starkregen erstellt. Das Stadtgebiet wurde hierzu in 15 Quadranten eingeteilt. Berechnet wurde dann anhand dreier möglicher Szenarien, eines 30-jährigen, eines 100-jährigen sowie eines ganz extremen Starkregenereignisses. Man man müsse dabei in der Erforschung und Abschätzung von festen Parametern und Annahmen ausgehen, so erklärte Rieger den Ausschussmitgliedern. Aber: „In der Realität ist jeder Starkregen, jedes Gewitter anders.“
Die Starkregengefahrenkarten gibt dann für Fröndenberg in den verschiedenen Modellen vor allem die Höhe an, mit welcher das Wasser dann in bestimmten Bereichen steht, außerdem die Fließgeschwindigkeiten. In einem zweiten Schritt erstellt Rieger nun eine Risikokarten die dann auch Auswirkungen von Starkregen zum Beispiel auf Gebäude weiter einschätzt.
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Im Ausschuss gab er aber auch schon einzelne Einblicke und Analysen. So war zum Beispiel der Neimener Weg im Juli 2021 stark betroffen. Riegers Erkenntnisse können jetzt freilich die Überschwemmungen und Schäden nicht mehr rückgängig machen, liefern aber wissenschaftlich unterfüttert Erklärungen und bald dann auch Maßnahmen zur Vorbeugung für kommende Zeiten. So erklärte Detlef Rieger die Überschwemmungen am Neimener Weg mit einer weitestgehenden Verrohrung des Neimener Bachs. Die Rohre hätten dann nicht mehr das ganze Wasser aufnehmen können. „Daher diente der Neimener Weg als Notwasserweg“, heißt es in der Analyse. Großflächig überspült wurde ganz in der Nähe auch das Gelände der Firma Huckschlag. Auch hier nennt Rieger Verrohrungen des Frohnhauser Baches und mangelhafte Seitengräben der Landstraße, die die Wassermassen nicht mehr hatten aufnehmen können. Hier nennt er auch Verbesserungsbedarf. Überhaupt identifizierte Rieger immer wieder Firmengelände mit tiefer liegenden Einfahrten ins Gebäude als Problemzonen.
Abwasserrohre am Limit
Ähnliches gelte, wenn bei Wohnhäusern tiefer liegende Kellerfenster zu einem leichten Angriffspunkt des Wassers werden. Überschwemmungen und Schäden gab es im Sommer 2021 auch am Rammbach. Auch hier hat Rieger nun entsprechend die starken Fließgeschwindigkeiten und großen Wassertiefen belegt. Stellte aber auch dar, dass der Bach eigentlich durchaus für die Aufnahme eines 100-jährigen Regenereignisses ausgelegt sei.
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Was nach dem Unwetter an Forderungen zu einem besseren Hochwasserschutz kam, gehe teilweise weit über die Auswirkungen so eines 100-jährigen Ereignisses hinaus. Detlef Rieger hatte erklärt, ab einer gewissen Stärke könne man sich gegen solch heftige Ereignisse nicht mehr wappnen. Dann sei jedes Abwasserrohr, jede Kanalisation irgendwann am Limit. Problem sei oft die sogenannte Verklausung, also dass ein Rohr durch Treibgut verstopft wird. Daher werden etwa Rohre mit weniger als 500 Millimeter Durchmesser für Starkregen gar nicht mit einbezogen wenn ein Ablauf berechnet wird.
Im nun folgenden Teil von Riegers Untersuchungen werden am Ende auch Handlungsempfehlungen stehen, erklärte im Ausschuss Bauamtsleiter Tim Stein. Politik, Verwaltung und auch Bürger sollen an der weiteren Ausarbeitung beteiligt werden, etwa durch Workshops die im Frühsommer stattfinden sollen. Die ersten Maßnahmen, so Tim Stein, könnten dann im Herbst durch Ausschüsse und Rat auf den Weg gebracht werden.
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Aber nicht alles könne sehr zügig gehen, erklärte Stein auf Nachfragen aus dem Ausschuss. Für neue Regenrückhaltebecken, für die Detlef Rieger geeignete Standorte vorschlagen wird, wäre dann womöglich erst Grunderwerb nötig. Aber die Stadt, so Tim Stein, habe etwa mit der Verbesserung der Gewässerunterhaltung auch schon zügig nach dem Unwetter erste Maßnahmen für einen besseren Schutz auf den Weg gebracht. Wichtig war Ausschussmitglied Gerd Greczka (CDU) noch die Frage, welche der Maßnahmen der Bürger beziehungsweise Hausbesitzer zu leisten hat und welche die Stadt. Detlef Rieger: „Alles, was der Bürger auf seinem Grundstück selber machen kann, das muss er auch machen.“ Ganz oben auf der Liste stehe dabei etwa eine adäquate Rückstausicherung für das Abwasser.