Fröndenberg. Schon vor dem Starkregen im Juli 2021 hat die Stadt Fröndenberg das Thema in den Fokus genommen. Nun sucht sie den Dialog mit den Bürgern.
Die Starkregenereignisse aus dem Juli 2021 sitzen vielen Fröndenbergern noch in den sprichwörtlichen Gliedern. Viele waren selbst von Überflutungen und voll gelaufenen Kellern betroffen. Wie sie sich vor solchen Schäden schützen können, ist weiterhin eine brisante Frage. Und: Was muss die Stadt Fröndenberg tun, um den Hochwasserschutz zu verbessern?
Genau dieser Frage geht die Ruhrstadt schon seit 2020 auf den Grund. Sie hat damals ein Starkregenmanagement ausgeschrieben, inzwischen ist die Emscher Lippe Wassertechnik GmbH, eine Tochter von Emschergenossenschaft (EG) und Lippeverband (LV), damit beauftragt. Detlef Rieger stellte in deren Namen beim Bürgerdialog „Starkregen und Überflutungsschutz“ erste Zwischenergebnisse vor. Handlungsempfehlungen für die Stadt sollen am Projektende bekannt gegeben werden.
Mehr Wasserdampf in heißerer Luft
Spannend waren beide Vorträge des Abends. Dr. Jan Echterhoff (Kommunal Agentur NRW) machte das Thema Starkregen greifbar. Er weiß, dass viele Menschen mit den Begriffen hundertjährliches oder fünfzigjährliches Hochwasser nur wenig anfangen könnten. Gemeint ist jeweils, wie oft ein vergleichbares Hochwasser im Schnitt auftritt. Der Klimawandel sorgt aber dafür, dass sich genau diese Häufungen derzeit verändern. Die Sommer werden wärmer, in der heißeren Luft entsteht mehr Wasserdampf, der zu häufigerem Starkregen führt. Und der fällt dann oft auf versiegelte oder trockene Flächen, wo er schnell abläuft.
Um die Gefahren anschaulicher zu machen, stellte Echterhoff einen zwölfstufigen Starkregenindex vor. Er verglich diesen mit der Richter-Skala, die bei Erdbeben einordnet, wie stark ein solches Ereignis ist. Der Experte der Kommunal Agentur NRW erteilte denen eine Absage, die vor allem nach immer größeren Kanälen rufen: „Die Kanäle, die wir tatsächlich bräuchten, können wir zum Teil gar nicht bauen. Es sei und bleibe wichtig, Überschwemmungsflächen zu schaffen, wohin Regenwasser fließen kann, ohne dass es zur Gefahr wird.
Detlef Rieger, der anhand von konkreten Beispielen Probleme in Fröndenberg beschrieb, untermauerte diese Forderung: „Das Bauen in Auen muss tabu sein.“ Im Ahrtal sei genau das geschehen, die Menschen hätten nah am Wasser wohnen wollen. Das Hochwasser müsste vielen eine Lehre sein. Doch Rieger weiß: „Das Schlimme ist: Das passiert da jetzt wieder.“
Im Keller lauern Gefahren
Echterhoff gab in seinem Vortrag klare Handlungsempfehlungen für den Fall von Starkregenereignissen und Überflutungen. Auf einen Umstand wies er gleich doppelt hin: Keller, in denen Wasser stehe, sollten nicht mehr betreten werden. „Schon ein Wasserstand von 30 Zentimetern sorgt dafür, dass Türen wegen des hohen Wasserdrucks nicht mehr zu öffnen sind.“ So könne der Keller zu einer lebensgefährlichen Falle werden – von ebenfalls möglichen Stromschlägen mal ganz abgesehen.
Bürgermeisterin Sabina Müller hatte zu der Informationsveranstaltung in die Aula der Gesamtschule eingeladen. Rund 50 Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit, mit den Fachleuten dort ins Gespräch zu kommen. Die meisten waren Betroffene, die Lokalpolitik machte sich rar. Das aber war durchaus so gewollt. „Wir werden die ersten Ergebnisse auch im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt vorstellen“, kündigte Fröndenbergs Beigeordneter Heinz Günter Freck im Gespräch mit der WP an.
Mit der Dialogveranstaltung wählte die Stadtverwaltung ganz offensichtlich ein passendes Format. Nach zwei Impulsvorträgen von Dr. Jan Echterhoff und Detlef Rieger konnten die Besucher ihre konkreten Fragen im kleineren Rahmen an Diskussionstischen stellen. Auf besonderes Interesse stieß Rieger, der die vorliegenden Starkregengefahrenkartenvorstellte. Wo wohne ich? Bin ich bei Starkregen besonders gefährdet? Auf diese Fragen suchten viele Fröndenberger Antworten.
Doch auch am Tisch von Markus Törnig, Chef der Tiefbauabteilung der Stadt, fanden sich viele Interessierte ein. Sie wollten wissen, was die Stadt schon getan hat, um die Situation an den vielen Gewässern im Stadtgebiet zu verbessern und was noch geplant ist.
Etwas ruhiger ging es am Tisch von Dr. Jan Echterhoff zu, der den Objektschutz zum Thema machte – sprich: Was kann jeder Hausbesitzer selbst tun? Dass der Zulauf dort geringer war, dürfte aber nicht an der Bedeutung des Themas liegen. Echterhoff hatte schon in seinem Vortrag deutlich gemacht, dass jeder Hausbesitzer gefragt ist. Nach den Starkregenereignissen im Juli 2021 haben sich aber schon viele der damals Betroffenen schon intensiv informiert und zum Teil auch schon erste Maßnahmen ergriffen. „Für mich hat das keine Priorität mehr. Wir haben uns darum schon gekümmert“, berichtete eine Anwohnerin aus Neimen. Bürgermeisterin Sabina Müller verwies zudem darauf, dass auch Versicherungen Beratungsangebote machen, die gut genutzt würden.
Stadt signalisiert Gesprächsbereitschaft
Ursprünglich war geplant, nach den Gesprächen noch eine Abschlussdiskussion zu führen. Da es aber seitens der Besucher keine Fragen mehr gab, wurde diese Diskussion gestrichen. Ohnehin hatten einige Fröndenberger die Aula nach der Beantwortung ihrer Fragen bereits verlassen. Eine Botschaft aber hat Stadtsprecherin Ulrike Linnenkamp auch für alle, die nicht an der Dialogveranstaltung teilgenommen haben: „Wir sind als Stadt jederzeit ansprechbar und informieren gerne.“