Fröndenberg. Der Schmallenbach-Verbund schließt seine Kurzzeitpflege in diesem Jahr. Damit fallen sechs Plätze weg. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Der Schmallenbach-Verbund hat schlechte Nachrichten für pflegende Angehörige. Der Verbund schließt seine Kurzzeitpflege zum 31. März 2023. Chef Heinz Fleck bedauert die Entscheidung, nennt aber auch klare Gründe für die Entscheidung. „Die Kurzzeitpflegetermine, die bereits im letzten Jahr über den 31. März 2023 hinaus gebucht und von uns bestätigt wurden, werden wir auch einhalten.“
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Die Kurzzeitpflege ist vor allem dazu gedacht, jene Menschen zu entlasten, die ihre Angehörigen Zuhause pflegen. Wenn pflegende Angehörigen beispielsweise Urlaub machen wollen, eine kurze Auszeit brauchen oder schlichtweg ausfallen, übernehmen Kurzzeitpflegestellen die Versorgung der betroffenen Person – quasi ein Pflegeheim auf Zeit. Das kann beispielsweise auch der Fall sein, wenn Menschen aus dem Krankenhaus entlassen werden, aber noch nicht fit genug sind für eine Rückkehr nach Hause. Sie brauchen eine Art Übergangslösung. Diese Pflegeplätze werden ausschließlich für diesen Zweck angeboten, also nicht für Langzeitpflege wie bei einem Pflegeheim. Sie sind aber langfristig im Voraus buchbar.
Angebot läuft Ende März aus: Bürokratischer Aufwand sei extrem hoch
Eine solche Übergangslösung hat der Schmallenbach-Verbund lange Zeit angeboten. Doch jetzt zieht Chef Heinz Fleck die Reißleine. Ende März endet das Angebot auf dem Hirschberg. „Es ist eigentlich ein tolles Angebot“, sagt Heinz Fleck. Doch es passe nicht mehr zum Verbund. Die Belastung, die durch die Vorhaltung des Angebotes entstehe, sei schlichtweg zu hoch. Durch die häufigen Wechsel sei der bürokratische Aufwand massiv. Auch die Prüfkriterien seien nicht zu unterschätzen. „Der Dokumentationsaufwand ist exorbitant hoch“, erklärt Heinz Fleck. Während für die 240 vollstationären Plätze rund 100 Aufnahmen im Jahr anfallen würden, seien es bei den sechs Kurzzeitpflegeplätzen rund 90 Aufnahmen im Jahr. Diese seien nicht langfristig planbar und würden sich oft in letzter Minute noch ändern. Es sei schwierig, für die gegebenenfalls notwendige ärztliche Betreuung der wechselnden Gäste Hausärzte zu begeistern.
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Und auch das Personal sei schwer für diese Arbeit, die mit viel Aufwand und Stress verbunden ist, zu gewinnen. „Wir müssen oft hinter Dokumenten hinterherlaufen“, erklärt Heinz Fleck. Ebenfalls ein Problem sei, dass immer mehr ältere Menschen aufgrund des Bettendrucks in den Krankenhäusern zu früh entlassen würden. „Ältere kommen dann vielleicht schneller aus dem Krankenhaus, als sie vielleicht sollten“, so Fleck. Das wiederum sorge für noch mehr Druck bei den Pflegekräften, die in der Kurzzeitpflege auf sich selbst angewiesen sind und nicht wie im Klinikum per Knopfdruck Hilfe von Ärzten anfordern können.
Anforderungen der Angehörigen sind hoch – Wirtschaftlichkeit ist kaum gegeben
Doch damit nicht genug. Neben der kaum darstellbaren Wirtschaftlichkeit der Kurzzeitpflege seien auch die hohen Anforderungen der Angehörigen problematisch. Viele Angehörige würden mit der Vorstellung an den Verbund herantreten, dass die zu pflegende Person dort während des kurzen Aufenthalts „grundüberholt“ werde („Bringt die mal auf Vordermann“). Es gehe um Dinge wie das Schneiden von Fuß- und Fingernägeln oder das Besorgen von Rezepte für Physiotherapien, die dann bestenfalls innerhalb eines einwöchigen Aufenthalts abgearbeitet werden. Das sei nicht gut umsetzbar.
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Des Weiteren komme es immer wieder zu Problemen, wenn Angehörige bei der Angabe des Krankheitsbildes nicht ganz ehrlich seien oder sich bei manchen Personen das Krankheitsbild vor Ort anders darstelle. So hätten die Kollegen in der Kurzzeitpflege nicht die Erlaubnis, Personen dort festzuhalten. Dementiell veränderte Menschen mit Weglauftendenzen benötigten aber einen besonderen Schutz, der in dieser Form der Pflege nicht darstellbar sei. Die Einrichtung sei eben nicht geschlossen. „Gott sei Dank haben wir bis jetzt immer alle wiedergefunden“, sagt Heinz Fleck. Erst jüngst sei eine Person in der Kälte abgehauen und bis zu den Angehörigen gelaufen, wo sie dann aufgegriffen wurde. Eine Belastung für alle Seiten.
Eingestreute Kurzzeitpflegeplätze bleiben weiterhin erhalten – langfristige Reservierung ist aber nicht möglich
Der Entschluss stehe deshalb fest: Ab April wird es nur noch sogenannte eingestreute Kurzzeitpflegeplätze geben. Das sind Plätze in einem Pflegeheim, die mit Versorgungsvertrag abgesichert neben der Langzeitpflege auch Pflegeplätze für kurze Zeit anbieten. Diese Plätze sind nicht langfristig zu reservieren, sondern nur verfügbar, wenn es eine Belegungslücke gibt. Vergleichbar ist das mit dem System in einem Hotel: Entsteht zwischen zwei Langzeitbuchungen eine Lücke, so wird diese kurzfristig angeboten, um eine durchgängige Belegung zu gewährleisten.
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Und wie steht der Kreis Unna dazu?
Der Kreis Unna erstellt seit mehreren Jahren regelmäßig einen sogenannten Pflegebedarfsplan, der sich mit der Situation und den Bedarfen im Kreis befasst. „Die Schließung der solitären Kurzzeitpflege in Fröndenberg beim Schmallenbach-Verbund erhöht natürlich den Druck auf die noch vorhandenen Plätze, insbesondere in den hohen Nachfragezeiten wie in den Ferien“, sagt Hans Zakel vom Fachbereich Arbeit und Soziales des Kreises. Der Dipl.-Sozialwissenschaftler sagt weiter: „Es existieren ja nur noch fünf Einrichtungen [Anm. d. Red.: im Kreisgebiet]. Die Lage ist auch im Umfeld des Kreises sehr ähnlich.“ Die Entwicklung sei aus sozialplanerischer oder pflegeplanerischer Sicht zwar verständlich, aber kritisch zu bewerten.