Menden. Zu klein, nicht barrierefrei: Nutzer geben der Bücherei in Menden dennoch die Note 1,85. Ein Experte stellt der Politik Bücherei der Zukunft vor.

Zu klein, zu kurze Öffnungszeiten, nicht barrierefrei: Mendens Stadtbücherei hat einige Mängel, die womöglich eine noch stärkere Nutzung verhindern. Das ergab eine Bestandsanalyse, die zusammen mit einem Zukunftskonzept nun im Mendener Kulturausschuss vorgestellt wurde. Konkrete Aussagen zu einem Standort finden sich darin nicht.

Bekanntermaßen gibt es Überlegungen, die Stadtbücherei irgendwann in das neue Dieler-Gebäude umziehen zu lassen. Oder kann man mit einem Umbau im Bestand im Alten Rathaus auch etliche Mängel beseitigen? Andreas Mittrowann ist Diplom-Bibliothekar und berät Büchereien bei ihrer baulichen und inhaltlichen Weiterentwicklung. Und auch die Mendener Stadtbücherei hat er zusammen mit deren Team rund um die Leiterin Veronika Czerwinski genau unter die Lupe genommen. Ergebnis: Keineswegs sei nun alles schlecht.

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Freundliches Team, zentrale Lage: Nutzer geben Bücherei eine mehr als gute Note

Mittrowann hatte dafür etwa auch Nutzer befragt, und die gaben der Stadtbücherei im Durchschnitt eine doch mehr als ordentliche Note von 1,85. Positiv genannt wurden immer wieder unter anderem das freundliche und kompetente Team, die zentrale Lage in Mendens Innenstadt, günstige Beiträge, große Auswahl, eine schöne Atmosphäre und verschiedene Veranstaltungen. Kritikpunkte gibt es aber auch einige: zu geringe Öffnungszeiten (ab dem frühen Abend ist nicht mehr geöffnet, Samstag nur vormittags, sonntags gar nicht), größtenteils keine Barrierefreiheit. Außerdem schränkt der altehrwürdige Gebäudebestand die Möglichkeiten ein, sowohl bei Veranstaltungen als auch im Alltagsgeschäft: Die Räume werden als wenig übersichtlich wahrgenommen. +++ Lesen Sie auch: In der Mendener Bücherei wird der Platz knapp +++

Mendens Büchereileiterin Veronika Czerwinski.
Mendens Büchereileiterin Veronika Czerwinski. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Andreas Mittrowann hat sich auch Zahlen angeschaut, mit anderen Bibliotheken in Städten ähnlicher Größe verglichen. Zum einen ist da die Nutzerquote: 5,43 Prozent der Mendener kann er als aktive Büchereinutzer einstufen, was bedeutet, dass sie im vergangenen Jahr mindestens einmal dort waren. Der Mittelwert, so Mittrowann, liege bei 8,5 Prozent. Auch war die Benutzerzahl von weit über 80.000 in den Jahren davor auf etwa 75.000 in 2019 zurückgegangen. Er führt das in erster Linie auf die eingeschränkten Öffnungszeiten zurück. Zahlen ab 2020 seien natürlich aufgrund der Coronapandemie und ihrer Einschränkungen kaum aussagekräftig. Auch sei die nutzbare Fläche der Stadtbücherei in Relation zu Mendens Einwohnerzahl deutlich zu klein, auch die Zahl der Benutzerarbeitsplätze. Und dann der Etat zu klein um bei Veröffentlichungen auf dem neuesten Stand zu bleiben.

In der Sitzung des Kulturausschusses skizzierte Mittrowann, wie die Bibliotheken der Zukunft auszusehen hätten, eine Entwicklung die schon längst im Gange sei. „Die eigentliche Ausleihzahl ist nicht mehr die Währung der Zukunft für die Bibliotheken."

Bücherei im Alten Rathaus steckt noch im 20. Jahrhundert

Ein Erlebnis- und Lernort, der digitales Wissen bereithalte für Groß und Klein, Begegnungen und Austausch schaffe, aber auch Erlebnisse in Form von Veranstaltungen. Und der mittels „Bibliothek der Dinge" auch an der Nachhaltigkeit arbeite, mit Repaircafé oder der Gelegenheit, etwa Werkzeug auszuleihen. Gerade bei Sachinhalten sei das digitale Medium immer mehr auf dem Vormarsch, bei Kinderliteratur oder Romanen das gedruckte Buch aber weiter sehr stark. Zusammengefasst, so Mittrowann: „Die Bücherei ist das schlagende kulturelle Herz der Stadt, für alle Generationen.“

Konzept kommt an: Jetzt Zeitplan erarbeiten

Die Politik nahm Mittrowanns Darstellungen sehr wohlwollend und positiv zu Kenntnis, manchen Ausschussmitgliedern fehlten aber noch Zahlen und mögliche Kosten. Das Konzept wurde dann einstimmig angenommen, die Stadtverwaltung soll nun einen Zeitplan ausarbeiten, wie es hier weitergehen kann. Die kulturpolitischen Sprecher der Fraktionen wollen sich beraten, damit noch in diesem Jahr die nächsten Schritte eingeleitet werden können. Der Kulturausschuss tagt verhältnismäßig selten, gewichtige Entscheidungen zu Gebäuden würden auch andere Ausschüsse und den Rat betreffen.

Durch die gegebenen Einschränkungen im Alten Rathaus stecke die Bücherei in Menden quasi noch im 20. Jahrhundert. Verschiedene Arbeitsfelder bei einer Umgestaltung nannte Andreas Mittrowann: Digitale Medien müssten vermehrt bereitgestellt und eingesetzt werden, auch soll die Möglichkeit geschaffen werden, auch außerhalb der Öffnungszeiten Bücher und Co. auszuleihen oder zurückzubringen. Aufenthaltsqualität muss weiter ausgebaut werden, unter Beachtung auch einer älter werdenden Bevölkerung, ebenso müssen Menschen mit Migrationshintergrund weiter angesprochen werden. Und ein wichtiges Standbein in der Bildung bleibt die Kooperation etwa mit Schulen. Für das alles sei auch eine personelle Aufstockung nötig.

Zeit für Büchereien war nie besser

„Nie war eine bessere Zeit für Büchereien als jetzt nach Corona", betonte Andreas Mittrowann. Gerade bei den Kleinsten seien diese Institutionen jetzt gefordert, Bildungsrückstände mit aufholen zu helfen. In seinem Konzept hatte er dargelegt, dass er für diese Neuausrichtung der Mendener Stadtbücherei eher bei einem Neubau bessere Chancen sehe, aber auch ein Umbau am bekannten Standort möglich sei. Der Ausschuss wollte sich noch nicht genau festlegen, allerdings schienen auch einige Sympathien für einen Verbleib im historischen Gebäude durch. Mittrowann berichtete, in anderen Städten sei durchaus im besten Fall eine Verdoppelung der Nutzerzahl gelungen, ein Drittel mehr für Menden sehe er aber mindestens als realistisch.