Menden. Der frühere Mendener Extremsportler Rolf Grondke bleibt trotz Long Covid aktiv. Stück für Stück baut er die Fitness wieder auf – ein langer Weg.
Er weiß, dass das Leben nie wieder so sein wird wie früher, dass er nie wieder so leistungsstark sein wird wie einst. Durch Long Covid haben sich seine Wünsche verändert: „Ich will einfach wieder am Leben teilhaben, das ist mein Ziel“, sagt Rolf Grondke.
Der 67-jährige Mendener erkrankte im März 2021 an Corona. Während die Infektion bei ihm äußerst mild verlief, begann einige Wochen später – Ende April/Anfang Mai 2021 – eine Tortur, für die er die Diagnose Long Covid erhielt (WP berichtete). Viele Monate verbrachte Rolf Grondke im Krankenhaus und in Reha-Kliniken. Nach sechseinhalb Monaten lehnte er eine erneute Verlängerung seiner Reha ab: „Ich wollte einfach nur nach Hause.“
Erstmals wieder als Aufsicht am kleinen Becken
In diesem Sommer hat er ein für ihn sehr wichtiges Ziel erreicht: Er konnte wieder als Aufsicht am kleinen Becken der Leitmecke arbeiten. Um das zu schaffen, hat er viele kleine Schritte gebraucht.
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Er erinnert sich noch gut an seinen ersten Tag in einer Reha für Long-Covid-Patienten im Ostseebad Prerow in Mecklenburg-Vorpommern. Er wollte eine fünf Meter entfernt stehende Bank erreichen. Zentimeterweise schleppte er sich vorwärts, immer wieder fiel er hin, schaffte es nicht. Am dritten Tag schließlich ging Rolf Grondke bis zur Bank. Daraufhin setzte er sich das nächste Ziel: Er wollte es bis zur Ostsee schaffen. Am zehnten Tag ging er die 250 Meter bis zum Meer.
Vor seiner Corona-Erkrankung hat Rolf Grondke als Badaufsicht in der Leitmecke gearbeitet. Um dies wieder machen zu dürfen, musste er den Rettungsschwimmerschein erneut ablegen, erzählt er. Alle Punkte habe er geschafft, nur die 25 Meter tauchen, da scheiterte er. Infolgedessen trainierte Rolf Grondke jeden Tag: „Ich bin 50 oder 60 Mal getaucht – täglich.“ Mit Erfolg: Schließlich schaffte er einige Wochen Training später die erforderliche Tauchstrecke – und durfte dann im Sommer im kleinen Becken der Leitmecke die Aufsicht übernehmen.
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Rolf Grondke setzt sich immer wieder neue Ziele
Es ist typisch für Rolf Grondke: Er setzt sich immer wieder neue Ziele. Und wenn er scheitert, versucht er es erneut. Bis er es schafft. Dabei bleibt der einstige Mendener Extremsportler (sein Jahrespensum war einst 16.000 Kilometer Radfahren, 5000 Kilometer Laufen, dazu ungezählte Bahnen im Schwimmbad) realistisch, weiß, dass er in seinem Leben keinen Marathon mehr laufen wird: „Das ist auch in Ordnung für mich, ich habe meine Erinnerungen an meine sportlichen Erfolge.“
Nachdem die WP vor längerer Zeit über Rolf Grondke berichtet hat, haben viele Leser den Mendener angesprochen, erzählt er: „Das hat gut getan. Ich will nicht im Mittelpunkt stehen, aber es ist wichtig, dass die Menschen erfahren, dass es Long Covid gibt.“
Jeden Tag Bewegungseinheiten
Einen Tag ohne körperliche Bewegung gibt es für Rolf Grondke nicht. Seit einigen Monaten geht er ins Physiozentrum Menden und nimmt dort an einem Programm für Long-Covid-Betroffene teil, erzählt er: „Da gehe ich gemeinsam mit einem Trainer an meine körperliche Leistungsgrenze.“ Dazu gehört Training auf dem Laufband, dem Fahrrad, dem Crosstrainer sowie an Geräten im Zirkel: „Ich trainiere Kraft und Ausdauer.“
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Darüber hinaus schwimmt er mehrmals pro Woche im Hallenbad. „Und ich kann ja auch zu Hause Treppensteigen“, erzählt er. Seine Lungenfunktion sei besser geworden, freut sich Rolf Grondke. Doch ist sie immer noch entfernt von seiner ursprünglichen Verfassung, bevor er an Corona und dann an Long Covid erkrankte.
Und auch sein Puls macht unerwartete Kapriolen. Wenn er ohne körperliche Belastung im Sessel sitzt oder nachts im Bett schläft, kann es sein, dass der Puls plötzlich auf 180 steigt: „Mein Puls entgleist, das dauert 30 Sekunden oder auch mal fünf Minuten.“ Seine Fitness-Armbanduhr schlägt dann vibrierend Alarm.
Konzentration bereitet Rolf Grondke bisweilen Schwierigkeiten
Auch seine Konzentration bereitet Rolf Grondke bisweilen Schwierigkeiten. In seiner Reha-Klinik in Prerow nimmt er über wöchentliche Fragebögen von zu Hause an einer Long-Covid-Studie teil. Zudem bekommt er regelmäßig Bluttransfusionen, da sein Blut zu wenig rote Blutkörperchen habe, erzählt er.
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Seit mehr als einem Jahr hat Rolf Grondke keinen Geruchs- und keinen Geschmackssinn mehr. Als seine Frau vor einiger Zeit einen Erdbeerkuchen servierte, machte er sich einen Spaß daraus und sagte: „Mmh, lecker Ananaskuchen.“
Angst vor Infektion
Drei Mal ist Rolf Grondke geimpft. Eine vierte Impfung sei nicht ratsam, so seine Ärzte.
Er meidet Menschenmassen und blickt mit unguten Gefühlen auf den Winter: „Vor einer neuen Corona-Infektion habe ich große Angst.“
Rolf Grondke versucht die bestehenden Einschränkungen mit Gelassenheit hinzunehmen, soweit er sie nicht ändern kann. Ob etwas süß oder sauer schmeckt, könne er nicht unterscheiden: „Es schmeckt alles fad. Ich würde es auch nicht merken, wenn ich verdorbenes oder versalzenes Essen zu mir nehmen würde.“
Große Hoffnung setzt er auf Behandlung in der Uni-Klinik in Essen
Große Hoffnungen setzt er auf eine Behandlung in der Uni-Klinik in Essen, für die ihn sein Hausarzt nun angemeldet hat: „Dadurch soll mein Geruchs- und Geschmackssinn wieder zurückkommen. Ich versuche, nach jedem Strohhalm zu greifen.“
Dass Long Covid ihn nicht in den Sessel oder ins Bett zwingt, hat Rolf Grondke – davon ist er überzeugt – seinem sportlichen Leben vor der Infektion zu verdanken. „Aufgeben ist keine Option“, „Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt“ und „Ich bin zwar noch nicht am Ziel, aber auf jeden Fall näher dran als gestern“ sind Motivationssprüche, die er im Herzen trägt und Tag für Tag lebt.
„Aufgeben ist keine Option“
„Das sind die Sprüche, die ich mir immer schon eingeprägt habe“, erzählt der Mendener. „Man muss es wollen, sonst bringt das alles nichts. Ich bin ein Kämpfer durch und durch. Ich habe eine tolle Familie, die mich unterstützt.“
Auch wenn Rolf Grondke weiß, dass er zu seiner alten sportlichen Bestform nicht mehr zurückkehren wird, setzt er sich neue Ziele. Alles sei auch eine Kopfsache, eine Frage der Einstellung: „Meine Motivation ist, vernünftig weiterleben zu können. Dazu muss ich die Initiative ergreifen, Tag für Tag.“