Menden. Pfarrer Björn Corzilius fordert rasche Hilfen für Notleidende durch Inflation: Im Sozialausschuss beschreibt er eine dramatische Lage in Menden.

Sorgen vor Herbst und Winter und ein eindringlicher Appell: Wenn die Lebenshaltungskosten aus dem Ruder laufen, trifft es die Ärmsten am härtesten. Menden soll dann schnell und unbürokratisch helfen. Das brachte nun der Sozialausschuss auf den Weg.

Es war noch vor dem Eintritt in die eigentliche Tagesordnung der Sitzung. In der Einwohnerfragestunde meldete sich Dr. Björn Corzilius zu Wort. Und der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde in Lendringsen brachte eindrückliche Schilderungen mit, er äußere sich hier in dem Gremium „in akuter Sorge“, sagte der Seelsorger. Sein Thema: die steigende Inflation, besonders im Bereich der Energie- und Lebensmittelpreise.

„Die Armutssituation spitzt sich schon jetzt zu“

„Die Armutssituation spitzt sich schon jetzt zu“, berichtete Corzilius aus seinen Erfahrungen, die er etwa mit einem Beispiel aus seiner Gemeinde belegte. Von einem Mann berichtete er, der verwahrlost in seiner Wohnung lebe und nun die Nachbarn um Brot habe bitten müssen. Die Gemeinde habe dafür schnell eine Lösung finden können, berichtete der Pfarrer. „Die Frage ist aber schon, wie viele Menschen in solchen Situationen es noch gibt.“

+++ Auch interessant: Maser-Impfpflicht – 56 offene Fälle in Menden und Balve +++

Denn, so seine Einschätzung: „Je prekärer die Armut ist, desto unsichtbarer wird sie.“ Deshalb sei es auch die Herausforderung für Menschen, die helfen wollen: „Wir müssen irgendwie nah an die Bedürftigen herankommen können.“

Not ist bereits im Herbst groß

Corzilius berichtete, die Not sei schon jetzt im frühen Herbst vielfach groß, für die kommenden Monate und insbesondere den Winter sei noch Schlimmeres zu befürchten. Überrascht haben dürfte diese Schilderung als Auswirkung aktueller Krisen niemanden. Die Mitglieder des Sozialausschusses zeigten sich dennoch beeindruckt und bewegt von Corzilius’ Worten. Der hatte nachdrücklich gebeten, alle Akteure gemeinsam – Stadtverwaltung, Politik, Kirchen, Vereine etc. – mögen rasch und organisiert Hilfe auf den Weg bringen.

Durch eine Art Task Force oder ein Sozialforum zur Vernetzung und unter Einbeziehung der Hilfsangebote, die es schon gebe in der Stadt. „Wir brauchen Instrumente, um reagieren zu können.“ Das Forum „Lendringsen hilft“ als Reaktion auf die Ukraineflüchtlinge nannte er als Positivbeispiel und Vorbild.

Verwaltung: Neuer Arbeitskreis soll gebildet werden

Ganz neu in Menden sind diese Ideen nicht. Schon Anfang September hatte der Sozialausschuss zu einer Sondersitzung eingeladen und sich von den Stadtwerken als Energieversorger, von Sozialverbänden und Stadtverwaltung ein Bild der Lage und der Unterstützungsmöglichkeiten vermitteln lassen. Vorschläge wie die des Seelsorgers wurden auch da formuliert.

+++ Auch lesenswert: 80 weitere Plätze für Flüchtlinge in Menden geschaffen +++

Nun will man sich aber auch rasch an eine Umsetzung machen. Ein erster Vorschlag aus der Stadtverwaltung sah etwa vor, einen Beschlussvorschlag für die nächste Sitzung des Sozialauschusses zu formulieren und dann einen oben beschriebenen Arbeitskreis zu bilden. Der nächste reguläre Termin wäre aber erst im November. Viel zu spät, hieß es nun, da sei man ja schon mitten im Winter. Etwa von Klaus Ullrich (Grüne): „Es wäre fahrlässig bis zur nächsten Sitzung zu warten.“

Arbeit allein nicht den Ehrenamtlichen in Menden überlassen

Die Linderung akuter Not, sagte Ullrich weiter, solle man nicht nur den verschiedensten Ehrenamtlichen in Menden überlassen, man müsse auch die Verwaltung mit ins Boot nehmen. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“

+++ Interessant: Dürfen Bürger Obst von den städtischen Flächen ernten? +++

Ein mehrheitlicher Wunsch im Sozialausschuss: Das neu zu bildende Gremium soll nicht zu groß sein, dafür schnell und wendig arbeiten können. Daher einigte man sich von Seiten der Politik auf eine kleine Abordnung durch den Ausschussvorsitzenden Bernd Alban und Stellvertreter. Hinzukommen sollen Vertreter der Verwaltung, der Kirchen und anderer im sozialen Bereich tätigen Verbände und Vereine. Auch an die Einbeziehung der Akteure aus Inklusion und Integration wurde appelliert. Die weitere Vernetzung in die Politik hinein soll dann über die sozialpolitischen Sprecher der Fraktionen geschehen.

Ein erstes Treffen des neuen Gremiums könnte schon bald stattfinden. Bernd Alban unterstrich aber, er werde bei drängender Notwendigkeit den Ausschuss auch zu Sondersitzungen zusammenrufen.