Menden. Die Anwohner laufen Sturm gegen das Umlegungsverfahren – und kritisieren die heimische Politik. Welche Probleme es bei dem Verfahren gibt.
Die sogenannte Umlegung beschäftigt derzeit dutzende Mendenerinnen und Mendener. Dabei ist längst nicht jeder einverstanden, dass aus dem Garten hinterm Haus in Zukunft vielleicht mal eine Parkfläche für neue Nachbarn werden könnte. In der jüngsten Sitzung des Bauausschusses kochten deshalb die Emotionen hoch.
Naturschutz nicht in Bebauungsplan vorgesehen
Knapp ein dutzend Bürgeranträge gegen das Umlegungsverfahren an der Westfalenstraße sind bei der Stadt inzwischen aufgelaufen (WP berichtete). Die Anwohner fühlen sich enteignet. Und das ändert sich selbst nicht nach einem Vortrag von Gerhard Schensar von der Arbeitsgemeinschaft der Geschäftsstellen der Umlegungsausschüsse in NRW. In Herne hat Schensar selbst mehrere solcher Verfahren begleitet. „Es wird niemand enteignet“, betont der Experte mehrfach. Es gehe schlichtweg darum, bislang ungenutztes Bauland so zu ordnen, dass es erschlossen und genutzt werden kann. Das steigere schließlich den Wert. Und genau das macht Schensar an Zahlen deutlich. Während Grünflächen etwa 10 bis 15 Euro je Quadratmeter wert sind, liegt das fertige Bauland nach dem Umlegungsverfahren bei 270 bis 290 Euro je Quadratmeter.
Der Unterschied zur Enteignung: das Umlegungsverfahren sei privatnützig und solle Wertsteigerungen für die Eigentümer generieren. Denn sie bleiben Eigentümer, wenn auch von mitunter kleineren Flächen. Bei der Enteignung – etwa im Zuge des Ausbaus einer Autobahn – fallen die Fläche allesamt dem Straßenbaulastträger zu. Kurzum: Das Eigentum ist futsch.
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Naturschutzbelange stehen – wie etwa an der Westfalenstraße – hinten an, weil die Bebauungspläne aus den 1970er-Jahren stammen und sie schlichtweg keine Berücksichtigung fanden. „Dass man da sang- und klanglos drüber hinweg geht, finde ich schlimm“, wirft eine Anwohnerin vom Zuschauerrang ein.
„Die Bebauungspläne an dieser Stelle sind völlig überholt. Man könnte eine parallele Planung führen, angepasst an den aktuellen Stand“, so Markus Kisler (Grüne). Doch genau dieser Vorschlag sorgt für Ärger. „Hier werden gewisse Grenzen überschritten, wenn gesagt wird, was nicht passt. Bei diesem Verfahren besteht Verschwiegenheitspflicht“, ärgert sich Klaus Luig (FDP). Markus Kisler selbst ist Mitglied des Umlegungsausschusses.
Umlegung ohne Umschweife
Doch auch die SPD plädiert dafür, Tempo aus dem Verfahren zu nehmen und die Bürgeranträge zumindest zu vertagen statt sie abzubügeln. „Wir wollen erst das Wohnraumentwicklungskonzept abwarten“, sagt Dr. Sven Langbein. Noch dazu erkenne man einen „großen Widerstand“ aus der Bürgerschaft. Das werfe die Frage auf, „ob wir das Umlegungsverfahren so dort überhaupt durchführen sollten“.
Doch auch hier scheiden sich die Geister. Denn Menden steht vor einem Problem. Die Bezirksregierung hatte unlängst bemängelt, dass die Hönnestadt zu viele Baugrundstücke ausgewiesen hat, auf denen seit Jahren oder Jahrzehnten nichts passiert ist. Es müssen Flächen umgewandelt werden. Jörg Müller von der Abteilung Bauordnung im Rathaus lässt im Bauausschuss jedoch durchblicken, dass die bisherigen Vorschläge der Stadt nicht reichen könnten.
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In der weiteren Diskussion zeigt sich allerdings ein generelles Problem des Umlegungsverfahrens. Es ist ein Verwaltungsakt, die Politik kann diesen nur anstoßen oder eben stoppen. Kompromisse oder Verzögerungen im Ablauf durch Einwürfe aus der Politik sind nicht vorgesehen. Das heißt: Entweder läuft es an der Westfalenstraße weiter – oder aber der Rat stoppt das Umlegungsverfahren.
SPD will Umlegung zum Thema im Rat machen
Eine erste Abstimmung zu den Bürgeranträgen endet nach mehrfacher Zählung mit 9:8 für die Ablehnung. Es gibt Kritik von den Zuschauerrängen: „Hier wird so lange abgestimmt, bis das Ergebnis passt“, ärgert sich ein Anwohner, der vom Vorsitzenden Peter Schnurbus (CDU) unmittelbar zur Ruhe gerufen wird. Im späteren Verlauf zeigt sich aber: Das Abstimmungsergebnis war tatsächlich falsch und muss mit einer Kontrollabstimmung korrigiert werden. Diese endet 9 zu 9, die Anträge werden bei der Patt-Situation nicht abgelehnt.
Die SPD kündigt an, das Thema in der nächsten Ratssitzung am Dienstag, 20. September nochmals auf die Tagesordnung zu setzen.