Menden. Es ist das erste Umlegungsverfahren in Menden. Wo jetzt noch Schafe grasen, könnten künftig Parkplätze entstehen. Das steckt dahinter.

Grillen zirpen, in einiger Entfernung hört man das Summen vorbeifahrender Autos auf der Provinzialstraße. Eigentlich ist es rund um die Westfalenstraße idyllisch. Die Anwohner haben sich ein Kleinod geschaffen. Mit Schafen, Kaninchen und jeder Menge Pflanzen und Bäumen. Doch wo jetzt noch Daniel Schüngels Schafe grasen, könnten in Zukunft asphaltierte Parkplätze entstehen. Es geht um das erste Umlegungsverfahren in der Stadt – und der Widerstand der Anwohner ist gewaltig. Sie bemängeln vor allem schlechte Kommunikation in einem bisweilen aufwändigen Verfahren.

Kaninchen, Apfelbäume, Schafe

Seit gut einem Jahr gibt es den sogenannten Umlegungsausschuss. Das Gremium soll seit Jahren ungenutztes Bauland neu ordnen. Damit steigere sich der Wert der Grundstücke. Wo früher Ackerfläche oder Brachland waren, könnten dann Flächen für neue Wohnhäuser entstehen (WP berichtete). Grundlage ist ein rechtskräftiger Bebauungsplan. Doch längst nicht allen Betroffenen gefällt die Vorstellung, auf ihrem Grund und Boden Bagger buddeln zu lassen. Zuletzt hatten gut ein Dutzend Mendenerinnen und Mendener gegen das Verfahren an der Westfalenstraße Beschwerde eingelegt. Einer von ihnen ist Daniel Schüngel. Er ist an der Westfalenstraße aufgewachsen, wohnt mit seiner Frau und seinen Eltern noch immer dort, wo nun das Umlegungsverfahren durchgeführt werden soll. „Wir möchten es gerne so behalten, wie es ist“, sagt er.

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Dabei ist das Gebiet auf dem Papier geradezu ein Paradebeispiel für den Umlegungsausschuss. Gleich mehrere Eigentümer besitzen in dem Gebiet einzelne Parzellen – so auch die Stadt. „Früher war das alles Garten“, sagt Daniel Schüngels Mutter Barbara. Apfel- und Kirschbäume dienten ebenso der Selbstversorgung wie Beeren oder Kartoffeln. „Es wurde landwirtschaftlich genutzt, der Nachbar hatte Kaninchen“, sagt sie. Und auch Familie Schüngel hat sich hinter dem Mehrgenerationen-Haus ein regelrechtes Kleinod geschaffen. Während der Hund von morgens bis abends im eingezäunten Garten mitsamt kleinem Unterstand herumtollen kann, grasen fünf Meter dahinter zwei Schafe. „Die mähen für uns den Rasen“, sagt Daniel Schüngel und lacht. Auf der Fläche direkt daneben zeigen er und seine Frau auf eine kleines Loch im Boden. „Hier machen wir immer unser Osterfeuer. Seit über 15 Jahren.“ Die ganze Nachbarschaft komme vorbei. Mit der Neugestaltung würde das Brauchtumsfeuer verschwinden. Und bekanntermaßen genehmigen die Ordnungsbehörden keine neuen Osterfeuer mehr mit Verweis auf die nicht vorhandene, langjährige Tradition der Veranstaltung.

Grüne mit Kompromissvorschlag

Für ihn und seine Nachbarn ist das Umlegungsverfahren derzeit nur schwierig nachzuvollziehen. Im Rahmen einer Bürgerveranstaltung der Stadt seien sie von den Informationen regelrecht erschlagen worden. „Das ist schon alles sehr verwirrend“, sagt Daniel Schüngel. Einige Anwohner befürworten das Vorhaben, andere seien dagegen.

Inzwischen haben sich er und seine Schwester in die Materie eingearbeitet. Das Verfahren an sich prangern sie nicht an, vielmehr geht es ihnen um die Kommunikation mit Verwaltung und Politik. Sie fühlen sich und ihre Bedenken schlichtweg nicht ernst genommen. Vater Friedbert bringt es auf den Punkt: „Wir haben uns 50 Jahre gequält, damit es so aussieht.“ Für die Schüngels ist es eine Mischung aus Machtlosigkeit und Enteignung. Zumal die Neugestaltung für sie sogar eine finanzielle Belastung darstellen könnte. Denn für die Erschließung der Flächen werden Anlieger oder Eigentümer wie sonst auch zur Kasse gebeten.

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Der Bebauungsplan aus den 1970er Jahren sieht in seiner ursprünglichen Fassung in dem Gebiet rund um die Westfalenstraße 90 Wohneinheiten vor, einen Parkplatz, nicht-störendes Gewerbe und Ausgleichsflächen mitsamt einem Spielplatz. Glaubt man den Planungen, würde sich der Spielplatz laut Schüngel sogar direkt unter den Hochspannungsleitungen gegenüber der Niehaves-Filiale befinden. Ob der gut 50 Jahre alte Bebauungsplan so allerdings überhaupt umgesetzt wird, dürfte fraglich sein. Das Umlegungsverfahren könne sich bis Ende des Jahres hinziehen, an einem neuen Bebauungsplan könnte die Stadt frühestens ab 2023 arbeiten, sagt Daniel Schüngel.

Die Grünen haben ihrerseits zumindest auf die Kritik der Anwohner reagiert. Demnach solle das Umlegungsverfahren fortgeführt werden, allerdings das kleine Waldstück gegenüber der Baumschule Schotenröhr erhalten bleiben.

Zudem soll es nur eine Stichstraße „ausgehend von der Westfalenstraße für die Hinterlandbebauung“ geben. „Der Antrag bietet einen Kompromiss zwischen den berechtigten Interessen der Mendener Bürger und den durch den Bebauungsplan geschützten Interessen der Eigentümer“, schreibt Markus Kisler.