Menden. Menden ist im Sommer „ein attraktives Ziel für Personen ohne festen Wohnsitz“. Das Problem beschäftigt abermals die Politik. Das steckt dahinter.

Mit dem „Housing First“-Prinzip ist nun ein Ansatz zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit in Menden gescheitert. Doch aus den Augen verlieren will die Politik das Thema nicht. Nun sollen andere Möglichkeiten geprüft werden, wie Menschen ohne Dach über dem Kopf besser versorgt werden können

Wohnungslosenhilfe in Menden vor Ort

Die Idee zu „Housing First“ in Menden kam ursprünglich von der Linken. Das Problem: Eigentlich wurde der Antrag bereits im Sozialausschuss abgelehnt. Pro forma ist nun aber der Rat noch einmal beim Thema gefordert worden. Und besonders die SPD zeigt sich irritiert angesichts der Ausführungen der Stadt: „Bereits jetzt zeigt sich - insbesondere in den Sommermonaten -, dass Menden aufgrund seiner Lage und seiner Innenstadtgestaltung teilweise ein attraktives Ziel für Personen ohne festen Wohnsitz ist.“

Housing First

Housing First beendet Wohnungslosigkeit sofort und vermittelt direkt in eine eigene Wohnung.

Im Antrag der Linken heißt es dazu: „Housing First’ basiert darauf, dass eine obdachlose Person oder eine obdachlose Familie als erstes und wichtigstes eine stabile Unterkunft braucht, da die Sicherheit und die Stabilität einer eigenen Wohnung die notwendige Grundlage darstellt und andere Angelegenheiten erst danach angegangen werden können.“

Laut „Housing-First-Fonds“ werde zurzeit die Zurverfügungstellung von Wohnraum an die Erfüllung von Auflagen und Wohlverhalten gekoppelt. Der Housing-First-Fonds versetzt nach eigenen Angaben Organisationen der Wohnungslosen­hilfe aus ganz Nordrhein-Westfalen in die Lage, den Housing-First- Ansatz selbst umzusetzen. (www.housingfirstfonds.de)

In der Verwaltung geht man davon aus, dass „Housing First“ den Zustrom des entsprechenden Personenkreises begünstigen würde. „Das irritiert uns“, sagt Ingo Günnewicht (SPD). Nicht nur die Formulierung könne hierbei schon verächtlich ausgelegt werden, zeige aber gleichzeitig, dass es ein erfolgreiches Projekt sein könnte. „Das widerspricht dem sozialen Grundgedanken der SPD Menden“, so Günnewicht weiter. +++ Lesen Sie auch: Wohnungslos in Menden: „Scham spielt bei Armut große Rolle +++

Wohnungslosenhilfe: Diakonie Mark-Ruhr betreibt in Menden ein Beratungsbüro

Einen Überblick zu Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Menden bietet vor allem die Diakonie Mark-Ruhr. Seit Februar 2022 betreibt die Wohnungslosenhilfe Iserlohn in Menden auch ein entsprechendes Beratungsbüro. Zuvor mussten Wohnungslose oft einen beschwerlichen Weg für Beratungsgespräche in Iserlohn auf sich nehmen. Ulf Wegmann, der die Beratungen in der Hönnestadt durchführt, betonte zuletzt, dass Betroffene hier frühzeitig Hilfe suchen können: „Das können Menschen sein, die sich am Rande der Wohnungslosigkeit befinden. Zum Beispiel Leute, die in Kurzarbeit sind und bei denen das Geld knapp wird.“

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Grünen-Fraktionschef Peter Köhler schlägt vor, das Thema nochmals im Sozialausschuss auf die Tagesordnung zu heben. Vor allem um die Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung auf den Prüfstand zu stellen. „Es fällt auf, dass von den vielen Stellen im Bereich Soziales fast alle mit der Gewährung von finanziellen Hilfen und Anträgen beschäftigen. Wo ist der Bereich Arbeit für Obdachlose überhaupt inbegriffen?“

CDU kritisiert SPD für Unterstellungen

Irritiert zeigt sich hingegen Robin Kroll (CDU). Das Thema sei bereits zwei Mal ausführlich im Sozialausschuss diskutiert worden, in dem die SPD immerhin den Ausschussvorsitzenden stelle. „Ich finde es höchst bedenklich, einen Satz aus dem Kontext zu reißen und da mit Unterstellungen zu operieren.“ Nur weil man gegen dieses Konzept sei, sei man schlichtweg nicht direkt gegen Obdachlose. „Das geht völlig an der Sache vorbei.“ Noch dazu habe die CDU ein Unterbringungskonzept ins Rollen gebracht, das stetig weiter ausgebaut wird. Es gebe drängendere Themen, die man in diesem Zusammenhang besprechen müsse. Für den Christdemokraten zudem kurios: Im Sozialausschuss habe die SPD ebenfalls für die Ablehnung von „Housing First“ gestimmt, selbst der Antragssteller – die Linke – habe sich enthalten. „Ich finde es schwierig, jetzt wieder eine Grundsatzdebatte zu führen.“ Das Konzept passe für Großstädte, aber eben nicht für Menden. Zustimmung kommt zumindest in diesem Punkt von Bürgermeister Dr. Roland Schröder: „Wir sind nicht Dortmund oder Köln. Wir müssen da mit anderen Konzepten ran gehen.“

Angebot der Wohnungslosenhilfe besser bewerben

Den Grund für seine Zurückhaltung begründet Linken-Fraktionschef Thomas Thiesmann derweil vor allem mit der Unterstützung für die Wohnungslosenhilfe der Diakonie. Diese müsse besser beworben und die Sprechstunden ausgebaut werden. „Damit sind wir erst einmal zufrieden. Das heißt aber nicht, dass wir das nicht mehr ins Auge fassen werden, sobald sich die Situation verschlechtert“, betont Thiesmann.

Bei Gegenstimmen der AfD und Enthaltung der Linken hat der Rat das Konzept „Housing First“ schließlich mehrheitlich abgelehnt.