Märkischer Kreis. Fotomontagen mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach als Adolf Hilter sind unter Querdenkern und Impfgegnern längst salonfähig geworden.

In Sachsen zählen organisierte „Spaziergänge“ unter Querdenkern und Impfgegnern inzwischen schon fast als Montagsdemos der Wende-Jahre. Immer häufiger haben diese Treffen aber auch einen Demonstrationscharakter. Auch im Märkischen Kreis gibt es inzwischen immer mehr Gruppierungen, die sich über Telegram zu solchen Treffen verabreden. Der Ton rund um das Thema Corona ist dabei in den vergangenen Monaten rauer geworden. Eine Analyse.

Fahndungsplakate im RAF-Stil

Seit gut einem Jahr vernetzen sich Querdenker und Impfgegner zunehmend über den Kurznachrichtendienst Telegram (WP berichtete). Anfängliche Skepsis und Verschwörungstheorien rund um die Wahl des US-Präsidenten 2020 haben sich inzwischen weiterentwickelt. Das Narrativ der gestohlenen Wahl, eines Tunnelsystems unter halb Europa oder Chemtrails füllte zeitweise eine Lücke, als die Inzidenzen niedrig waren und fast so etwas wie Normalität herrschte.

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Seit einigen Wochen rücken diese Themen wieder in den Hintergrund. Es geht wieder vermehrt um Corona, eine politische Verschwörung dahinter und eine mögliche Impfpflicht. Dabei sind inzwischen Vergleiche mit der NS-Zeit an der Tagesordnung: Bilder eines Ungeimpft-Sterns; eine Montage, die die frühere Bundesregierung als Schwarz-Weiß-Bild bei den Nürnberger Prozessen zeigt; Gesundheitsminister Karl Lauterbach, dessen Konterfei auf den Körper Adolf Hitlers mit den Worten „Wollt ihr den total Boost?“ montiert ist; oder hochrangige Politiker und Virologen, die im Stile eines RAF-Fahndungsplakates als Terroristen und Staatsfeinde bezeichnet werden.

Polizei greift nur bei Straftaten ein

Die Vernetzung mit Gleichgesinnten läuft in der Regel über Telegram. „Du suchst normale Menschen, die keine Angst haben? Dann komm montags um 18 Uhr zur Post in Lüdenscheid“, heißt es in einer Gruppe.

Die Organisation von gemeinsamen Treffen konzentriert sich derzeit größtenteils auf den Südkreis. Eine organisierte Szene im Nordkreis gebe es laut Polizeisprecherin Anna Becker derzeit nicht. „Im Bereich Hemer/Menden sind das Einzelfälle.“ Im Frühjahr 2021 veranstalteten Impfgegner einen Autokorso in Iserlohn. „Wir haben die Entwicklungen aber natürlich im Blick“, so Becker. In Lüdenscheid habe es zu Wochenbeginn einen kleineren Aufmarsch von Maskenverweigerern im Stern-Center gegeben, wie Becker auf Anfrage erklärt. „Der Sicherheitsdienst hat uns informiert, als wir eintrafen waren die Personen aber nicht mehr vor Ort.“ Von einer Szene könne aus Sicht der Polizei auch in diesem Fall nicht gesprochen werden. Gleichwohl: In mehreren öffentlichen Gruppen sind inzwischen rund 350 Personen vernetzt, teilen immer wieder fragwürdige Aufrufe. „Uns geht es hier um Straftaten, nur dann können wir tätig werden“, sagt Anna Becker.

Dass sich Impfgegner längst über Kreisgrenzen hinweg organisieren, macht ein Blick nach Unna deutlich. Dort hatten am Mittwoch, 8. Dezember, mehrere Dutzend Menschen bei einer Kundgebung gegen eine mögliche Impfpflicht demonstriert. Die Werbetrommel dafür rührten Sympathisanten auch im Märkischen Kreis.