Fröndenberg. Corona legt in Fröndenberg den politischen Alltag lahm. Wieder einmal. Doch das ist nicht das einzige Problem, das droht zu eskalieren.
Es ist ein Vorgehen der Fröndenberger Verwaltungsspitze um Bürgermeisterin Sabina Müller, das die heimische Politik erzürnt: Nach einem Treffen des Arbeitskreises Radverkehr soll bei einem Mitarbeiter der Stadt eine Coronainfektion festgestellt worden sein. Aus Teilnehmerkreisen heißt es, dass die Bürgermeisterin ihre Mitarbeiter umgehend in Quarantäne schickte; Politiker aus der Runde wurden aber erst mehr als 24 Stunden später darüber informiert. Da haben viele von ihnen schon andere Treffen wahrgenommen.
Stadt dementiert Vorfälle
In der Fröndenberger Politik herrscht derzeit Unmut über die Zusammenarbeit mit der Stadt. Nicht nur habe es die Verwaltung buchstäblich verpennt, frühzeitig auf die Corona-Entwicklungen zu reagieren und politische Sitzungen digital oder aber in größerem und sichererem Rahmen aufzustellen; es ist das Treffen eines Arbeitskreises, das für einige jetzt das Fass zum Überlaufen bringt.
Rückblick: Dienstag, 23. November. Der Arbeitskreis Radverkehr mit Mitgliedern aus Politik und Verwaltung trifft sich im Stiftsgebäude, mit Maske und ausreichend Abstand. Im Nachgang soll bei einem Mitarbeiter der Stadt eine Coronainfektion festgestellt worden sein. Die Stadtbediensteten werden dem Vernehmen nach zwei Tage nach dem Treffen umgehend in Quarantäne geschickt. Sehr zur Verwunderung der heimischen Politiker. Denn die werden erst mehr als 24 Stunden nach der Quarantäneanordnung der Verwaltung informiert. Als „grob fahrlässig“ bezeichnen das einige, die in der Zwischenzeit andere Verpflichtungen bei Treffen mit Vereinen, Familie und im beruflichen Alltag haben. Schließlich hätte man das Virus so unwissend weitergeben können. Tests fallen zwar bei allen übrigen Beteiligen negativ aus. Doch es ist die Tatsache, dass hier scheinbar mit „zweierlei Maß gemessen wird“, die für Unmut sorgt. Auf Anfrage bestreitet die Verwaltung eine Infektion, man habe die Mitarbeiter „nicht in Quarantäne geschickt, sondern ins Testzentrum, um sich testen zu lassen. Alle Tests waren negativ“. Dem widersprechen Insider jedoch vehement.
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Nach WP-Informationen knirscht es derzeit gewaltig zwischen Politik und Verwaltung. Dabei bilden beide Seiten das Grundgerüst der demokratischen Entscheidungen vor Ort. Aufgrund der Corona-Pandemie sind Ausschusssitzungen zuletzt wieder reihenweise abgesagt worden. Es droht „ein politischer Lockdown“, wie zu hören ist. Dabei hätte man frühzeitig auf die Entwicklung reagieren können. Sitzungen, in denen keine Entscheidungen anstehen, sind gemeinderechtlich auch online möglich; in Menden etwa ist das längst Usus. Bisher finden jedoch nur die interfraktionellen Runden, so etwas wie parteiübergreifende Vorbesprechungen, regelmäßig online statt. Laut Stadtsprecherin Ulrike Linnenkamp habe es etwa für den Bau- und Verkehrsausschuss oder den Schulausschuss Onlinetreffen gegeben. Allerdings sind in der Sitzungshistorie seit der Kommunalwahl 2020 keinerlei Online-Zusammenkünfte hinterlegt, es handelte sich schlichtweg um Vorstellungsrunden. Planungen für reguläre Sitzungen – ohne Abstimmungen – gibt es derzeit nicht, wie die Stadt erklärt. „Gleichwohl ist die Idee, den Kommunen in schwerwiegenden Notsituationen, wie einer pandemischen Lage, die Durchführung von Gremiensitzungen in digitaler Form zu ermöglichen, grundsätzlich zu begrüßen“, teilt Stadtsprecherin Ulrike Linnenkamp auf Anfrage mit.
Lokalpolitik möglichst zum Nulltarif
Die nun abgesagten Ausschüsse sind für Insider durchweg entbehrlich, wegweisende Entscheidungen hätten ohnehin nicht angestanden. Doch es geht ums Prinzip und die grundsätzliche Gestaltung der politischen Arbeit in Pandemie-Zeiten. „Wir wussten alle schon im Herbst, dass die vierte Welle kommt“, heißt es dazu. Der Ratssaal im Stiftsgebäude sei längst zu klein, um Hygieneanforderungen zu erfüllen; die Aula der Gesamtschule bietet für einige ebensoviele Risiken: ein Durchlüften des Saals im Allgemeinen sei gar nicht möglich und die mobile Lautsprecheranlage versagt regelmäßig. Dabei hat es vor gut eineinhalb Jahren Sitzungen in der Schützenhalle auf der Hohenheide gegeben, die technisch wie organisatorisch durchaus zu überzeugen wussten. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass sich die Verwaltung Politik möglichst zum Nulltarif wünscht. Denn eine Anmietung der Halle samt Equipment sei nunmal auch ein Kostenfaktor. Eine Covid-Strategie gebe es schlichtweg nicht für den politischen Raum, so der Vorwurf.
Bei der Frage nach einem Corona-Protokoll in der Verwaltung verweist man auf das Land. „Die Entscheidungen werden auf der jeweils geltenden Sach- und Rechtslage in Bezug auf die aktuelle Coronaschutzverordnung getroffen. Die Stadt Fröndenberg/Ruhr folgt den konkreten Vorgaben des Gesundheitsamts des Kreises Unna“, teilt Pressesprecherin Ulrike Linnenkamp auf Anfrage mit. In den Sitzungen der Gesamtschulaula appelliere Bürgermeisterin Sabina Müller zudem, eine Maske zu tragen und Abstände einzuhalten. Die „leistungsstarke Lüftungsanlage“ der Aula tausche die Luft „sechs bis sieben Mal pro Stunde komplett gegen Frischluft von außen“ aus.