Halingen/Menden. Tausende Mendener können im November ihre Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände wählen. Wir fragen Kandidaten nach ihrer Motivation.
Die katholischen Gemeinden in Menden suchen händeringend ehrenamtliche Unterstützer. Anfang November werden der Kirchenvorstand und der Pfarrgemeinderat neu gewählt. Vielerorts mangelt es an Bewerberinnen und Bewerbern. Wir haben mit drei Kandidaten darüber gesprochen, warum sie sich zur Wahl aufstellen lassen.
Bankfachwirtin wird von ihrer Familie unterstützt
Ruth Krumscheid ist seit sechs Jahren geschäftsführende Vorsitzende im Kirchenvorstand in Halingen. Zuvor war sie drei Jahre stellvertretendes Mitglied. Ein ehemaliger Priester hatte die Halingerin damals gefragt. Ihr Sohn war erst eineinhalb Jahre alt, sie fing gerade wieder an zu arbeiten, „da musste ich erst mal gucken, was genau damit verbunden ist“. Als Bankfachwirtin fühlte sie sich beim Thema Finanzen, um das sich der Kirchenvorstand vornehmlich kümmert, auf vertrautem Terrain. Doch für Ruth Krumscheid stand sofort fest: „Ohne die Unterstützung meiner Familie kann das nicht funktionieren.“ Als klar war, dass sie den Rückhalt ihres Ehemannes hat, ließ sie sich zur Wahl aufstellen.
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In manchen Wochen hat Ruth Krumscheid sehr viel ehrenamtliche Arbeit zu leisten, in anderen weniger. Wie viele Stunden sie wöchentlich aufwendet, lässt sich schwer beziffern. Wenn es neben ihrem Beruf und ihrer Familie zeitlich mal besonders eng wird, kann die 46-Jährige auf die Unterstützung der anderen Mitglieder aus dem Kirchenvorstand zählen: „Wir sind ja alle vor Ort.“ Vieles werde mal eben nebenher gemacht, etwa auf einem Abendspaziergang, der ohnehin an der Kirche vorbeiführt.
Bindeglied zum Priester
Abwechslungsreich sind die Aufgaben allemal: „Wir haben uns zum Beispiel um neue Kirchenbankpolster gekümmert und um eine neue Mikrofonanlage.“ Und als der Holzwurm im Hochaltar war, nahm sie Kontakt zur Oberen Denkmalbehörde in Münster auf, kümmerte sich darum, dass eine Firma für Schädlingsbekämpfung dem Holzwurm den Garaus machte. Immer zählen kann sie bei ihren Aufgaben auf Markus Deiters, der seit gut einem Jahr hauptamtlich als Verwaltungsleiter im Pastoralverbund arbeitet: „Ich weiß, dass er mit im Boot sitzt und sich kümmert.“
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Joachim Strotkötter war bereits vor drei Jahrzehnten mal für acht Jahre im Pfarrgemeinderat, vor vier Jahren ließ er sich erneut aufstellen: „Damals wurden dringend Leute gesucht. Als ich gefragt wurde, habe ich das gemacht, weil mir die Kirche im Dorf sehr wichtig ist“, erklärt der 53-jährige Anlagenführer.
+++ Interview mit Verwaltungsleiter Markus Deiters +++
„Schon meine Großeltern und Urgroßeltern haben sich für die Kirche hier eingesetzt“, sagt er mit Blick auf das Gotteshaus. „Ich bin hier getauft worden, zur Kommunion und Firmung gegangen, habe hier geheiratet, meine Kinder sind hier getauft worden und zur Kommunion gegangen, mein ältester Sohn auch zur Firmung.“
14-jähriger Sohn stellt sich erstmals zur Wahl
In diesem Jahr steht neben Joachim Strotkötter unter anderem sein Sohn zur Wahl. Linus ist erst 14 Jahre alt, als seine Eltern ihn fragten, ob er sich zur Wahl des Pfarrgemeinderats aufstellen lassen wolle, „hab‘ ich erst gedacht, die machen einen Scherz“. Doch als dem Realschüler und Handballspieler klar wurde, dass er mit 14 Jahren tatsächlich schon kandidieren darf, stand für ihn schnell fest, dass er das auch wollte: „Das ist schon ziemlich cool.“ Fest steht für Linus, dass er sich nicht nur pro Forma aufstellen lassen will, damit ausreichend Kandidaten zur Wahl stehen, „ich will dann natürlich auch richtig mitarbeiten und mithelfen“.
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Die Mitglieder von Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat sehen sich auch als Schnittstelle und Bindeglied zum Priester, der eben nicht mehr zwangsläufig vor Ort präsent ist. „Es gibt in Menden noch vier Priester für 13 Gemeinden“, erklärt Ruth Krumscheid. „Das war früher anders“, ergänzt Joachim Strotkötter. „Da hatte jede Gemeinde einen Priester, und der wusste über alles vor Ort Bescheid.“ Das könne bei nur noch vier Priestern nicht mehr genauso funktionieren wie früher.
Motto „Damit die Kirche vor Ort bleibt“
Das Motto der Wahl lautet „Damit die Kirche vor Ort bleibt“. „Bei uns kann man sagen: Damit die Kirche im Dorf bleibt“, erklärt Joachim Strotkötter. Der Halinger will seinen Kindern seinen Glauben und sein ehrenamtliches Engagement vorleben, ebenso wie Ruth Krumscheid. Die beiden spüren, wie schwierig es bisweilen ist, Gemeindemitglieder zu einer Kandidatur zu bewegen. „Die Zeiten sind anders geworden“, bilanziert Ruth Krumscheid. „Die Frauen arbeiten fast alle und haben oft keine Zeit mehr für ein Ehrenamt oder sie nehmen sie sich nicht. Und sie können ihren Männern nicht mehr den Rücken freihalten.“ Ohne Unterstützung des Partners beziehungsweise der Partnerin könne ein Ehrenamt nicht gut funktionieren, erklären Ruth Krumscheid und Joachim Strotkötter.
Institution vor Ort erhalten
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Bei allem Verständnis für Kritik an der Institution Kirche sind Ruth Krumscheid und Joachim Strotkötter überzeugt, „dass der Glaube verloren geht, wenn ich keine Institution vor Ort habe. Deshalb möchten wir alles erhalten – auch für die nächste Generation.“ Die beiden wehren sich gegen Menschen, die nur Kritik äußern, ohne bereit zu sein, selbst etwas zu verändern: „Man kann nicht nur meckern, wenn man nicht bereit ist, sich selbst zu engagieren“, sagt Joachim Strotkötter.
Es sei selten schwierig, jemanden zu finden, der mal bei einer Aufgabe mit anpackt, stellen die beiden Halinger fest, „aber es lässt sich kaum jemand aufstellen und wählen“, erläutert Joachim Strotkötter. „Das ist total schade.“ Und Ruth Krumscheid ergänzt: „Wir brauchen das Engagement, sonst läuft es nicht.“
Die Wahl zum Kirchenvorstand und zum Pfarrgemeinderat findet am Wochenende 6. und 7. November statt. Wer in einer der Mendener Kirchengemeinden für den Kirchenvorstand oder für den Pfarrgemeinderat kandidieren möchte, bekommt weitere Infos unter www.pv-menden.de/pgr-und-kv-wahlen-2021. Die Vorschlagslisten können durch die Gemeinden zurzeit noch ergänzt werden.