Menden. Über das Kunstfest Passagen in Menden wird immer wieder gestritten. Kulturpolitiker Dirk Huhn (61) fordert mehr Akzeptanz – auch für die Kosten.
Nach einem Drogen-Scherz des künstlerischen Leiters Volker Fleige ist das Kunstfest Passagen wieder in aller Munde. Für die Verantwortlichen im Hintergrund aber gehören die Inhalte der Veranstaltungsreihe auf Gut Rödinghausen in den Vordergrund. Der Kulturausschussvorsitzende Dirk Huhn (Grüne) verteidigt im Interview, warum die Passagen für ihn auch ein Erfolg sind, wenn sie nur ein kleines Publikum erreichen.
Sie sind Stammgast bei den Passagen. Haben Sie sich schon Karten für dieses Jahr gesichert?
Dirk Huhn: Ich habe auch noch andere Hobbys. wir haben auch Wahlkampf. Aber sieben oder acht Veranstaltungen werde ich sicherlich besuchen. Alles was ich mitnehmen kann, möchte ich auch mitnehmen.
Dirk Huhn: Kann Kostenkritik sogar nachvollziehen
Welche Bedeutung hat für Sie Passagen im kulturellen Leben der Stadt Menden?
Das ist für mich ein Format, das man in Städten dieser Größe normalerweise überhaupt nicht findet. Das ist ein Angebot, das unser Kulturangebot abrundet. Vielleicht weiß damit nicht jeder etwas anzufangen. Aber Kunst und Kultur könnten aus meiner Sicht einpacken, wenn man sie nur für die Massen machte. Dafür haben wir viele Angebote, Schützenfeste, den Mendener Sommer. Passagen rundet das ab. Wer sich darauf einlässt kann bereichert werden. Ich sehe das wie bei einer Krankenkasse, die eine Solidargemeinschaft ist. Ich hoffe, dass ein verständiger Mensch dieses Angebot akzeptiert, auch wenn es nicht seinen Geschmack trifft.
Vor allem an den Kosten gab es immer wieder Kritik. Können Sie das nachvollziehen?
Ja, ich kann das nachvollziehen. Ich kann das auch so stehen lassen. Für mich ist aber der Punkt, dass diese Form von Kultur trotzdem ihre Berechtigung hat. Ich nehme noch einmal die Krankenkasse. Da akzeptiere ich auch, dass ich meinen Beitrag zahle für jemanden, der besonders teuer operiert wird. Ich erhoffe mir, dass eine städtische Zivilgesellschaft anerkennt, dass Kunst und Kultur viele Facetten hat. +++ Passagen: Jedes Ticket mit 250 subventioniert +++
Passagen nur ein Teil von Gut Rödinghausen und dem Geschehen
Die Politik hat die Vorgabe gemacht, dass das Programm breiter aufgestellt werden soll, mehr Mendener einbeziehen soll. Wann wird man das erkennen können?
Es ist ein genereller Wunsch, die Mendener einzubinden. Für mich ist Passagen ein Teil von der großen Facette Gut Rödinghausen. Wenn Corona uns mehr Möglichkeiten lässt, müssen wir dort alles reinbringen, was die Mendener Kulturlandschaft zu bieten hat: Chöre, Kapellen, Theater. Ich sehe aber nicht, dass wir das alles auf Passagen übertragen. Passagen ist ein ganz eigenes Format. Da passen viele Dinge nicht hinein, denen wir im Gut Rödinghausen einen eigenen Platz geben wollen. Davon abgesehen sind auch dabei einige Akteure gebürtige Mendener. Natürlich müssen wir auch die Nase im Wind haben und aufnehmen, was ankommt oder was eben nicht ankommt. Da müssen wir offen sein für Veränderungen.
Ein Kritikpunkt ist, dass die Stadt zwar als Veranstalter zahlt, aber Volker Fleige über das Programm bestimmt. Ist da ein anderes Veranstaltermodell denkbar?
Veranstalter ist eigentlich der Förderverein. Wir müssen uns nichts vormachen. Natürlich entzündet sich viel an der Person Volker Fleige. Aber das geht mir viel zu sehr ins Persönliche. Es gibt viele Veranstaltungen, bei denen das Kulturbüro mitwirkt und offiziell Veranstalter ist. Aber auch Theatervereinen und anderen, die wir unterstützen, lassen wir ja die Hoheit über ihr Programm. Hier ist es viel Geld, das in die Hand genommen wird. Aber ich finde, es hat seinen Reiz, so eine Veranstaltung in Menden zu etablieren. Wir müssen aber dahin kommen, dass wir mehr Leute anziehen. Ganz klar. Man muss aber auch darauf achten, dass man nicht nur in seiner Suppe schwimmt. +++ Bericht: Fleiges Drogen-Scherz: Ist das wirklich witzig? +++
Huhn fordert Zeit für die Entwicklung von Passagen
Wo ist da die Grenze, dass Passagen ein Erfolg ist? Ab wann müsste man den Stecker ziehen?
Ich glaube, solche Feste, die langfristig Erfolg hatten, haben eine Zeit gebraucht. Man muss eine Entwicklung sehen. Wenn man aber nach fünf oder sieben Jahren sieht, dass man das Ziel nicht erreicht, muss man sich natürlich Gedanken machen.
Es heißt immer Passagen sei nur für Eliten und Besserverdiener. Kann man denn kein Programm machen, das trotzdem die Ansprüche erfüllt und mehr Menschen erreicht?
Ich kann diese Eliten-Kritik nicht teilen. Es ist ein Programm, dass für viele außerhalb ihres Geschmacks ist. Ich glaube aber auch, dass viele Menschen unserer Stadt dadurch bereichert werden und dadurch eine Berechtigung entsteht.
Ein WP-Leser hat jüngst mal kritisiert, dass immer wieder die selben Menschen im Publikum sitzen und eigentlich noch viel weniger Menschen erreicht werden als es die Zuschauerzahlen suggerieren.
Es gibt einen Kreis von Menschen, der davon angesprochen wird. Ich finde: Für eine Stadt wie Menden, die sich als Kulturstadt versteht, gehört es dazu, auch diese Nische besetzen zu wollen.
Wohin soll es inhaltlich in den kommenden Jahren gehen?
Als Kulturausschuss haben wir das Votum gegeben, dass es erst einmal weitergehen soll. Jetzt lassen wir die Aktiven daran arbeiten.
Ohne Zeitvorgabe?
Das Votum ist nicht an ein Jahr gebunden. Das Votum sagt einfach: Wir als Kulturausschuss wollen, dass das Kunstfest Passagen weitergeführt wird. Wir werden es ständig evaluieren. Wir finden, dass es die Mendener Kulturlandschaft bereichert. Wir wollen, dass es auf lange Sicht erfolgreich ist.
Mehr Programm auf Gut Rödinghausen geplant
Wie sollte denn ein Modell für andere Veranstaltungen auf Gut Rödinghausen aussehen. Gibt es da Konkretes?
Das Kulturbüro hat Kontakte zu Chören und zu Theatervereinen. Aktuell ist es noch an Corona gebunden. Ich weiß, dass das Kulturbüro und Jutta Törnig-Struck in den Startlöchern stehen. Sobald mehr möglich ist, sollen konkrete Formate festgemacht werden. Ich finde wir haben es gut gemacht, dass wir dort ein Kulturzentrum und ein Museum etabliert haben. Es gibt ja jetzt bei Passagen schon zwei Veranstaltungen, die das ganze Gebäude bespielen.
Nach dem Hochwasser wird wohl niemand mehr einen Digitalen Campus im Flutgebiet an Gut Rödinghausen bauen wollen. Wäre da eine kulturelle Erweiterung auf die anderen noch nicht renovierten Bereiche des Guts denkbar?
Das Museum hat seine Exponate an sechs oder sieben Plätzen in der ganzen Stadt verteilt. Man sollte überlegen, ob man da nicht Platz in den Remisen schafft, die diese Exponate zusammenbringen. Zusätzlich kann eine mobile Bühne viele Veranstaltungen unterstützen. Ich glaube, wenn es gelingt, auch die Möglichkeiten des Parks zu nutzen, kann man viel gewinnen. Da braucht man im ersten Schritt nicht noch viele bauliche Veränderungen.