Fröndenberg. Das 200-Millionen-Euro-Paket der Landesregierung für Betroffene der Unwetterereignisse gilt nicht für die am 4. Juli getroffene Ruhrstadt.
Die NRW-Landesregierung hat ein 200-Millionen-Euro-Paket auf den Weg gebracht für Betroffene der jüngsten Starkregenereignisse. Die „unbürokratische und schnelle“ Hilfe allerdings könnte an Fröndenberg gänzlich vorbeigehen. Denn das Paket zählt nur für Unternehmen, Städte und Bürger, die am 14. und 15. Juli ihr Hab und Gut verloren haben.
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Noch bevor Hagen oder Ahrweiler einem Trümmerfeld glichen, hat es Fröndenberg am 4. und 8. Juli erwischt. Ganze Ortsteile standen unter Wasser, der Damm eines Angelteichs drohte zu brechen und eine Schlammlawine durch die westliche Innenstadt zu jagen. Die Bilder des Jahrhundertereignisseshaben sich ins kollektive Gedächtnis der Fröndenberger eingebrannt. Jetzt will das Land helfen – und lässt die Ruhrstadt dabei allem Anschein nach im Regen stehen. Denn die Soforthilfen greifen zunächst nur für Bürger, Gewerbetreibende oder Städte, die am 14. und 15. Juli vom Starkregen heimgesucht wurden.
Langfristige Haushaltsbelastung
Das, so Kämmerer Heinz Günter Freck, habe man so auch bereits an die Landesregierung herangetragen. „Wir hätten es uns auch anders gewünscht“, sagt Freck, der nun auf eine Nachbesserung des Hilfepakets in der Landeshauptstadt hofft. Denn die Schäden an der städtischen Infrastruktur sind noch gar nicht zu beziffern; ebensowenig der Schaden an privatem Eigentum oder in Unternehmen. Er dürfte aber in die Millionen gehen. „Wir werden deutlich mehr Geld in die Hand nehmen müssen als ursprünglich geplant“, erklärt der Kämmerer. Und das belastet dementsprechend auch den Haushalt. In Verbindung mit den Ausfällen der Corona-Pandemie, die zumindest durch einen buchhalterischen Trick ausgelagert werden können, sind die Belastungen für den Haushalt so hoch, dass die Ruhrstadt in absehbarer Zeit aller Voraussicht nach wieder in die Haushaltssicherung rutschen wird. Denn schon 2021 schreibt Fröndenberg eigentlich rote Zahlen; verhindert wird das nur durch die Ausgleichsrücklage, eine Art Puffer für schlechte Zeiten. Werden in zwei aufeinanderfolgenden Jahren fünf Prozent dieser Ausgleichsrücklage für den Haushalt genutzt, greift die Haushaltssicherung – und das bedeutet für die Stadt wieder: sparen, wo auch immer gespart werden kann.
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Abhängig ist das aber nicht allein von einer Landeshilfe nach den neuerlichen Unwetterereignissen, sondern auch von der Wirtschaft und allgemeinen Beschäftigung. Diese Faktoren beeinflussen den Haushalt nachhaltig. „Das geht ganz schnell. Es sind prägende Haushaltseffekte“, so Freck. Steigende Arbeitslosigkeit hat auf der einen Seite sinkende Steuereinnahmen zur Folge, und auf der anderen Seite höhere Belastungen für die Kommunen bei den Kosten der Unterkunft; hinzu kommt ein in den vergangenen Jahren stetig steigender Betrag bei der differenzierten Kreisumlage, also der Jugendamtspauschale, da Fröndenberg kein eigenes Jugendamt hat. Das alles bereitet dem Kämmerer regelmäßig schlaflose Nächte.
Fraktionen appellieren ans Land
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Aber auch Fröndenbergerinnen und Fröndenberger, die in den Fluten Anfang Juli ihr Hab und Gut verloren haben, stehen nun buchstäblich im Regen. Ob die Landesregierung das aktuelle Hilfspaket noch einmal nachbessert und ausweitet, ist offen. Doch das ist aus Sicht der Fröndenberger FWG dringend nötig. In einem offenen Brief an NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach fordert Ratsherr Lars Köhle, die Hilfen auch auf Fröndenberg auszuweiten. „Die Aufräumarbeiten dauern zum Teil immer noch an und viele Häuser und Wohnungen sind auf längere Zeit unbewohnbar. Glücklicherweise wurde hier niemand getötet oder schwerer verletzt. Gleichwohl entstanden Schäden in Millionenhöhe.“ Alleine die Kosten für Aufräumarbeiten und Entsorgung des zerstörten Hausrates bedeute für die Betroffenen bereits erhebliche finanzielle Aufwendungen. „Manche Familien geraten aufgrund der Kosten bereits jetzt in existentielle Schwierigkeiten“, so Köhle weiter. Aus Sicht der FWG verbiete es sich „in diesem konkreten Fall, die Billigkeitsleistungen regional und nur auf das genannte Datum zu beschränken“.
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Ähnlich sieht es die SPD. „Viele betroffene Fröndenberger sind unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten und bedürfender Unterstützung“, so Fraktionschef Klaus Böning. Über den heimischen SPD-Landtagsabgeordneten Hartmut Ganzke wolle man nun die „Prüfung einer Einbeziehung der Hochwasseropfer im Kreis Unna in die Soforthilfen des Landes“ anstoßen, wie es heißt. Eine Gleichbehandlung sei aus Sicht der SPD zwingend notwendig.
Stadt bleibt wohl außen vor
Beim NRW-Innenministerium verweist man in der Sache auf ein anderes Sofortprogramm aus dem Jahr 2018, das bei Naturkatastrophen greift. Dieses ist aber bei weitem nicht so aufgebaut wie das 200-Millionen-Euro-Paket, das die Landesregierung nun geschnürt hat – und gilt zudem nur „für natürliche Personen“. Heißt: Die Stadt selbst bleibt vorerst auf den Schäden sitzen. „Ein Prüfungsverfahren ist angestoßen worden“, erklärt eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums auf WP-Anfrage. Das solle klären, ob Fröndenberger über eben jenen Runderlass aus 2018 Soforthilfen beantragen können. „Die Leute werden nicht im Regen stehen gelassen“, heißt es dazu weiter.
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Warum Fröndenberg bei dem neu aufgelegten Programm jedoch zunächst außen vor ist und nicht ebenfalls neben dem 14. und 15. Juli gelistet wird, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. „Man wollte bei der derzeitigen Lage etwas schaffen, das schneller geht als das normale Prozedere“, so die Sprecherin. Sprich: Vielen Menschen möglichst schnell helfen.