Menden. Die Spendenbereitschaft der Mendener kennt gerade in Zeiten der Krise scheinbar keine Grenzen – und die Hilfe ist auch dringend nötig.

In Zeiten der Corona-Krise engagieren sich die Ehrenamtler von Mendener in Not auch weiterhin in der und um die Hönnestadt herum. Das Spendenaufkommen ist zwar weiterhin ungebrochen, doch parallel nimmt auch die Zahl der Hilfesuchenden spürbar zu. Klaus Ullrich,Vorsitzender des Vereins Mendener in Not, erklärt im WP-Interview, wie Beratungen in Zeiten des Abstandhaltens funktionieren und wie der Verein konkret geholfen hat.

Herr Ullrich, wie kommen notleidende Mendener derzeit durch die Krise?

Klaus Ullrich: Ich schicke mal voraus, dass es wesentlich mehr Menschen gibt, die in eine Notlage geraten sind. Das bedeutet nun auch, dass wir mit noch mehr Engagement diesen Menschen helfen. Ich kann es auch mit Zahlen belegen. Allein von Januar bis zum 23. Oktober haben wir knapp 55.000 Euro für Lebensmittelgut-scheine ausgegeben. Das war einer der Schwerpunkte. Wir haben in diesem Zeitraum, bis 18. September, insgesamt 105.000 Euro ausgegeben. Bei diesen Ausgaben geht es um die Verhütung drohender Stromsperren, um Mietzahlungen und Unterstützungen, Kinderbedarf, Gehhilfen und Medikamente.

Also alltägliche Dinge.

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Ja. Aber auch Zwecke wie Beteiligungen an Beerdigungskosten. Es sind alle möglichen Wechselfälle des Lebens betroffen. Wir sehen in letzter Zeit sehr viele Räumungsklagen, und da versuchen wir einen Teil zu überbrücken. Unser Prinzip ist ja: Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Wir geben nicht einfach Geld aus, sondern diese Hilfen werden nach sehr intensiven Gesprächen gewährt. Den Menschen machen wir klar, dass es eine Hilfe ist, die sie in kleinen Raten – aber beständig – irgendwann zurückzahlen. Allerdings gilt das natürlich nicht bei Medikamenten oder Beerdigungskosten.

Treibt der zweite Lockdown die Bedürftigen noch weiter an den Rand der Gesellschaft?

Ich befürchte, dass zumindest die Konsequenzen dieses Lockdowns noch gar nicht abzusehen sind. Viele Firmen werden gerade so über Wasser gehalten, und wir wissen nicht, ob es nicht nur ein Hinauszögern von Insolvenzen ist. Und was danach geschieht – ob sich dann noch alle Firmen halten können oder endlich in die Insolvenz geraten –, das wirkt sich auch auf die Mitarbeiter aus.

Nach dem ersten Lockdown sind gut 55.000 Euro zusammengekommen. Wie hat sich die Spendenbereitschaft und Solidarität der Mendener denn in den vergangenen Wochen und Monaten entwickelt?

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Wir haben – Stand Ende Oktober – in diesem Jahr Spenden in Höhe von 143.000 Euro erhalten. Das bezieht sich auf einen Zeitraum, in dem normalerweise gar nicht so viel gespendet wird. Im selben Vorjahreszeitraum belief sich diese Summe auf rund 25.000 Euro. Es kommt traditionell noch eine größere Spendenwelle in der Vorweihnachtszeit auf uns zu. Dadurch, dass wir so viele Zuwendungen erhalten haben, konnten wir auch in diesem großen Umfang helfen. Wesentlich dabei ist, dass zahlreiche Einzelspenden in Bäckereien, Apotheken, an vielen Mendener Wochenmarktständen eingehen.

Wie geht denn Beratung in der Krisenzeit?

Das geht auch mit Abstand oder telefonisch. Sie wird so oder so geführt und basiert auf den konkreten Unterlagen, die uns unsere Kunden geben. Das sind Bankauszüge, Übersichten über die konkreten Bedürfnisse, Rechnungen oder Mahnungen, sodass wir dann auch die konkrete Hilfe leisten können.

Durch Corona sind auch Menschen in Not geraten, die es so vorher nicht haben kommen sehen. Vor allem Kulturschaffende oder Soloselbstständige. Ist das auch eine Chance, mehr Verständnis für Mendener, die auch unverschuldet in Not geraten sind zu erzeugen?

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Ja, natürlich. Wir denken auch an diese Menschen. Vor allen Dingen: Wir richten nicht darüber, ob sie durch eigenes Verschulden – weil sie ihre Ausgaben nicht im Blick hatten – in Not geraten ist. Oder ob die Menschen jetzt so etwas wie ein Auftrittsverbot ereilt hat. Wir helfen dort, wo Hilfe gebraucht wird. Das betrifft auch Künstler und Kulturschaffende.

Ist die Scham, an Sie als Verein heranzutreten, noch immer so groß wie vor der Corona-Zeit?

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Nein, das denke ich nicht. Ich glaube, dass die Umstände, die dazu führen, dass Menschen in Not geraten, es ihnen erleichtern, sich eher ein Herz zu fassen und uns anzurufen. Denken Sie nur daran: Es gibt viele Leute, die ein bescheidenes Einkommen haben. Und wenn diese Menschen in Kurzarbeit geraten, bedeutet das in den ersten Monaten: 67 Prozent des ohnehin schon bescheidenen Einkommens. Und dann kann man schon in Sorge um die Existenz sein. Denn auch diesen Familien widerfährt das, was uns allen widerfährt: Haushaltsgeräte gehen kaputt, und es bedarf des Ersatzes. Selbst wenn es nur noch 13 Prozent Abzug des Nettolohns sind, wie es bei Familien jetzt der Fall ist, dann ist das immer noch bedeutend weniger, als in normalen Zeiten zur Verfügung stand.

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