Menden. Ford S-Max und Mercedes Vito sind nach dem BMW-Desaster die neuen Streifenwagen der Polizei in NRW. Ein Blick ins Innere auf der Wache in Menden.
Endlich Platz! Wenn sich Jörg Kreutzmann in den Ford S-Max setzt, da drückt nichts mehr. Die persönliche Tasche passt in den Kofferraum. Und wenn man mal schnell aussteigen muss, da bleibt auch der Pistolengürtel nicht mehr am Sitz hängen. Die Polizei steigt in Menden jetzt nach und nach auf die neuen Auto-Modelle um. Der erste Ford S-Max und der erste Mercedes Vito sorgen bei den Beamten in Menden für Erleichterung.
Wenn es nach dem Drehbuch eines James-Bond-Films ginge, dann hätten die Polizisten jetzt einen Abstieg hinter sich. Vor der Mendener Wache an der Kolpingstraße steht weiter hinten noch der alte 3-er BMW, schick glänzend, ein Polizeiflitzer eben wie aus dem Drehbuch. Der neue Ford S-Max dagegen wirkt von außen eher wie ein Auto, mit dem Mütter und Väter ihre Kinder am Kindergarten abliefern (um mal ganz tief in die Stereotypen-Kiste zu greifen).
Ford S-Max: 190-PS und Acht-Gang-Automatik, vor allem viel Platz
Aber Polizeirealität ist nun einmal nicht James Bond. „Das ist optisch vielleicht eine Familienkutsche“, sagt Kreutzmann, der im Bezirksdienst arbeitet. Er schmunzelt. „Aber vor dieser Familienkutsche würde ich nicht einfach wegfahren.“ Der S-Max hat Diesel im Tank, bringt 190 PS, und fährt mit einer Acht-Gang-Automatik, um mal die technischen Daten zu nennen. Nach einigen Wochen im Einsatz sind sich Kreutzmann und viele Kollegen sicher: „Dieses Auto wird unseren Bedürfnissen absolut gerecht.“
Die Straßenlage sei besser als bei dem vermeintlich sportlichen BMW, der mit dem Balver Winter schneller als andere Autos Probleme bekam. Und das neue Platzangebot sorgt schon fast für ein Schwärmen: „In den 3-er BMW packten Sie keinen Strohhalm mehr rein“, sagt Kreutzmann. Ford S-Max und Mercedes Vito haben jetzt hinten aufgeräumte Regale eingebaut. Alles hat seinen festen Platz, von der Absperrleuchte bis zur schusssicheren Weste. „Man hat alles schnell griffbereit.“ Beide Autos haben jede Menge vermeintlichen Schnickschnack zu bieten, alles für mehr Sicherheit. In der Stoßstange ist jetzt ein seitliches Blaulicht. Die Kofferraumklappe blinkt und blitzt auf Knopfdruck, wenn sie geöffnet ist.
Mercedes Vito: Schiebetüren auf beiden Seiten
Auch im Mercedes Vito, der den VW-Transporter ablöst, hat sich gegenüber dem Vorgängermodell richtig viel verbessert. Im „Fahrgastraum“ ist jetzt in der Mitte ein Tisch, der sich zum Arbeiten ausklappen lässt. Der 190 PS starke Neun-Gang-Automatik-Bus hat hinten auf beiden Seiten Türen. Wenn mal ein unwilliger zappelnder Täter festgeschnallt werden muss, dann können die Beamten jetzt von beiden Seiten zupacken und müssen nicht erst halb bäuchlings ins Auto kriechen, auch eine Frage der Sicherheit.
„Man merkt, dass diese Autos in der Praxis ausprobiert wurden“, sagt Jörg Kreutzmann. 100 Polizisten aus allen Polizeibehörden hatten die Fahrzeuge laut Innenministerium vor der Einführung getestet und auch noch Verbesserungsvorschläge gemacht. Das Innenministerium wollte eine Situation wie nach der Anschaffung der 3-er-BMW verhindern. Polizeigewerkschaften hatten die Anschaffung der viel zu engen Fahrzeuge als Desaster bezeichnet. Vorher war die Polizei lange Zeit VW-Passat gefahren. In Menden sollen die Autos jetzt nach und nach ausgetauscht werden. Das Innenministerium verspricht, dass die 3-er-BMW bis Mitte 2021 aus dem Stadtbild auch anderer NRW-Städte verschwunden sein sollen.
Technische Finessen in der Sonnenblende versteckt
Wer im Vito die Sonnenblende herunterklappt und den obligatorischen Schminkspiegel erwartet, wird enttäuscht. An dessen Stelle befindet sich jetzt ein kleiner Monitor für die Überwachungskameras. Anders als früher haben die Polizisten jetzt auch direkt einen Blick auf das, was sie – möglicherweise für ein Verfahren vor Gericht – mit der Kamera aufzeichnen. Gleichzeitig können sie auch einen besseren Blick auf das Geschehen im Rücken hinter dem Bus werfen. Auch interessant: Mendener Polizeichef: „Wir ziehen nicht in eine Sackgasse.“
Die neuen Blaulicht-Anlagen sind jetzt viel flacher, damit der Bus auch in Parkhäuser passt. Die elektronischen Schriftbänder befinden sich jetzt im Bereich der Windschutzscheibe. Neuerdings können die Beamten nicht nur auf die vorprogrammierten Texte zurückgreifen, sondern auch selbst Texte eingeben. Ein „Hallo Mama“ also? Nein, das natürlich nicht. „Wir haben so viele Situationen, die unerwartet kommen. Diese können nicht alle erfasst sein. Da ist es gut, wenn man flexibel darauf reagieren kann“, sagt Kreutzmann.
Polizeiauto ist Arbeitsort für die Polizisten
Der Bezirksbeamte verdeutlicht noch einmal, wie unglaublich wichtig es für die Polizei sei, auf gute Fahrzeuge zurückgreifen zu können: „Unsere Autos sind 24 Stunden am Tag im Einsatz.“ Gleichzeitig seien sie für die Polizisten aber auch bei jedem erdenklichen Wetter Arbeitsort. Nur wenn das Auto funktioniert, kann die Polizei zum Einsatz rasen, die Verfolgung von Verbrechern aufnehmen oder schlimme Straftaten verhindern. Das fordere die Technik mehr als bei jedem Privatauto, erklärt der Polizist: „Manchmal kann man dann auf Fahrzeuge keine Rücksicht mehr nehmen.“
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