Menden. Jeder Schnupfen wird aktuell zum Corona-Verdacht. Der Umgang damit könnte nicht nur für Klinken in Erkältungszeiten zur Herkulesaufgabe werden.

Im Vincenz-Krankenhaus in Menden fürchten die Verantwortlichen wegen Corona die nächste Erkältungswelle im Herbst. Hüstelnde oder fiebrige Patienten könnten ohne einen einzigen echten Corona-Fall wegen der erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen den Betrieb massiv beeinflussen, sagt der Ärztliche Direktor Markus Berghoff.

Dr. Markus Berghoff, Ärztlicher Direktor des St.-Vincenz-Krankenhauses, neben einem Beatmungsgerät.
Dr. Markus Berghoff, Ärztlicher Direktor des St.-Vincenz-Krankenhauses, neben einem Beatmungsgerät. © Thomas Hagemann

„Die Frage ist, was im Herbst ist, wenn die Menschen mehr Erkältungssymptome zeigen“, sagt Berghoff. Derzeit sei die Lage sehr ruhig. Es gebe kaum Patienten mit Schnupfen oder grippalen Infekten. Ein Problem könnten dann aber während einer Erkältungswelle die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen sein. Derzeit ist das so: Wer wegen eines Notfalls (vom Herzinfarkt bis zum Beinbruch) notfallmäßig eingeliefert wird und gleichzeitig Erkältungssymptome zeigt, wird bis zum Ergebnis eines Tests isoliert. Das sei zwar aufwändig, aber im Moment wegen ausreichender Kapazitäten sehr entspannt möglich, betont Berghoff. In einer Zeit, in der fast jeder mit Schnupfennase herumläuft, könne das aber anders aussehen.

Eltern unter Druck wegen entlastendem Attest für Kita

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Corona-Fehlalarme sorgen jetzt schon immer mal wieder für Aufregung und ziehen einen größeren Aufwand nach sich: „Wir hatten in Mendener Kindergärten bislang noch keinen bestätigten Corona-Fall“, sagt Stadtsprecher Johannes Ehrlich. Allerdings habe im Juni die geltende Attestregelung gerade Eltern vor teils unlösbare Aufgaben gestellt. „Es gab die Verpflichtung, dass Kinder mit Symptomen ein ärztliches Attest vorlegen mussten, dass sie wieder symptomfrei sind. Das ist aber gar nicht so leicht, weil viele Kinder- und Hausärzte sagen, dass sie das nicht ausstellen.“ Ohne das Attest durften die Kinder die Einrichtung nicht besuchen, echte Corona-Infektion hin oder her.

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Seit Ende Juni gebe es jetzt zum Glück Erleichterung, sagt Ehrlich. Jetzt können Eltern selbst bescheinigen, dass ihre Kinder 48 Stunden lang symptomfrei sind. „Die Kita-Leitung hat dann noch eine Art Veto-Recht und kann auf ein Attest bestehen“, erklärt der Stadtsprecher. „Für die Grippezeit gehen wir davon aus, dass wir dezidierte Regelungen vom Land bekommen.“

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Was derzeit niemand vorhersagen kann: Viel werde wohl vom Corona-Infektionsgeschehen zu dieser Zeit abhängen. Möglicherweise gebe es auch neue Regeln für den Umgang mit Patienten, die Symptome zeigen. „Wir sind froh, dass wir aktuell keinen Fall haben. Aber Covid-19 wird uns noch sehr lange beschäftigen“, sagt Arzt Markus Berghoff. Er erwarte sogar grundsätzliche Veränderungen der Standards. Viele Katastrophen hätten in der Vergangenheit zu veränderten Regeln geführt. Das könne nun auch bei Corona so sein.

Krankenhaus bunkert Schutzmaterial – jetzt kommt ein Preisverfall

Bleibt vielleicht die Grippewelle sogar aus? Niemand weiß genau, ob vielleicht die Schutzmaßnahmen dazu führen, dass sich auch andere Infektionskrankheiten weniger ausgebreitet haben. Auf lokaler Ebene lasse sich das aktuell weder beweisen, noch widerlegen, sagt Berghoff. Aktuell sei einfach keine Saison für solche Infektionen, so dass kein seriöser Vergleich möglich sei.

Reichlich Schutzmaterial für größere Ausbrüche sei übrigens mittlerweile vorhanden. Das Vincenz-Krankenhaus habe aktuell unter anderem mehrere hunderttausend Schutzmasken gebunkert, eingekauft zu horrenden Preisen. Schon jetzt lasse sich leider ein massiver Preisverfall spüren, sagt Berghoff: „Wir haben zu deutlich höheren Preisen eingekauft als wir sie jetzt zahlen.“ Diese Ausgabe müsse man als Klinik auch erst einmal stemmen: „Ich will nicht sagen, das ist totes Kapital. Aber das ist schon eine finanzielle Belastung.“

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