Menden. WP-Heimat-Check: Mendener sind nur durchschnittlich mit der Situation für Senioren zufrieden. Eine Betroffene erzählt aus ihrem Alltag.

Die Pflegerin kommt in das Zimmer. Licht an, ein freundlicher Gruß und schon beginnt der Tag. Sonderlich viel Zeit kann sich die Pflegekraft nicht nehmen, in den anderen Zimmern steht das gleiche Programm an. Wecken, Hygiene, Frühstück – und dann? Das Leben im Altersheim kann mitunter ziemlich langweilig sein. Viele Menschen wie die Mendenerin Christiane Lutz machen sich deshalb bereits im Vorfeld Gedanken darüber, wie ihr eigenes Leben im Alter mal aussehen soll. Ein Leben im Altersheim ist für sie und viele andere dabei keine Alternative.

Sie will sitzen und warten, das ist für Christiane Lutz klar. „Das Problem ist, dass die Senioren in den Heimen keine Aufgaben mehr haben“, sagt sie. Mit 57 Jahren ist Lutz bereits im „engagierten Vorruhestand“, nach vielen Jahren bei der Deutschen Post kümmert sie sich seit April um behinderte Menschen – denn der Dienst dort gehört zu dem sozialen Programm dazu.

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Ihre 90-jährige Mutter und auch ihre Schwiegereltern mussten gesundheitsbedingt ihre gewohnte Umgebung aufgeben und in ein Pflegeheim ziehen. Nicht zuletzt waren die Barrieren in der eigenen, nicht behindertengerechten, Wohnung zu groß geworden. Es waren keine leichten Entscheidungen, weder für die Eltern, noch für die Kinder.

Kaum Abwechslung

„Die Menschen in Pflegeheimen bauen körperlich und geistig schnell ab“, berichtet sie. Das Problem sei, dass die Senioren in den Heimen keine Aufgaben mehr haben. Oft wenig Programm, kaum Abwechslung im Tagesablauf, nur wenig soziale Kontakte – ein Vorwurf an das Pflegepersonal soll das aber nicht sein. „Die tun, was sie können“, so Lutz.

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Personalschlüssel und Pflegekräfte

Doch der Stress, unter dem Pflegerinnen und Pfleger tagtäglich stehen, ist inzwischen bekannt. „Mich würde mal interessieren, wie sich die Leute, die sich die Personalschlüssel ausdenken, ihr eigenes Leben im Alter vorstellen“, sagt Christiane Lutz. Viele Pflegekräfte haben in ihren Augen schlicht und ergreifend keine Zeit, um sich intensiver mit den Senioren auseinanderzusetzen, oftmals bliebe nur die Zeit für das, was getan werden müsse.

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Alternativen zum Lebensabend in einem der Mendener Pflegeheime gibt es, nur sie sind auch immer unter dem Aspekt der Realisierbarkeit zu betrachten. In Brilon beispielsweise leben ältere Menschen auf einem ehemaligen Bauernhof zusammen. Sie organisieren ihren Alltag, ihre Speisen und ihr Programm für den Tag selbst. Ein ehemaliger Milchbauer hatte sich für diese Nutzung seines Hofs entschieden, inzwischen finden dort acht Senioren Platz. „Sowas könnte ich mir auch vorstellen“, sagt Lutz. Sie weiß aber auch, dass nicht alle Menschen auf einem solchen Hof Platz finden können – oder sich diesen Lebensabend auch leisten können.

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Es brauche einfach eine Aufgabe für die älteren Menschen. Um das gewährleisten zu können, hat sie ein weiteres Beispiel parat. Ein Mehr-Generationenhaus in Borchen bei Paderborn könnte sich die Mendenerin auch sehr gut in ihrer Heimat vorstellen. „Da gibt es Wohnungen für Senioren und eine Kita in einem Gebäude“, sagt Christiane Lutz. So blieben die älteren mit jüngeren Menschen in Kontakt. Während die Kinder von der Lebenserfahrung der Senioren profitieren könnten, wüssten diese ihre vorhandene Zeit nützlich einzusetzen. Die Senioren werden in die täglichen Aufgaben wie zum Beispiel Kochen eingebunden: Ein Geben und Nehmen der Generationen – so wie das vor einigen Jahren bei vielen Familien noch ganz normal war.

Bloß keine Belastung sein

Heutzutage aber ist das anders. Die Menschen sind länger berufstätig, fahren weiter für ihren Job. Kinder sitzen länger in der Schule oder haben ein inzwischen sehr vielfältiges Freizeitangebot – die Großmutter oder der Großvater werden dabei schon fast zur Last. „Ich möchte später keine Belastung für meine Tochter sein“, sagt Christiane Lutz. Stattdessen will sie lieber etwas tun, das sie selbst fit hält und für andere von Nutzen ist. Es gibt viele Möglichkeiten, sich im Alter sozial einzubringen – so ganz ohne Berufung möchte sie später nicht sein.

Wie wird der Lebensabend aussehen?

Nach den Erfahrungen, die sie um ihre Angehörigen in Alten- und Pflegeheimen gemacht hat, ist das Thema für die Mendenerin präsent. „Bloß nicht aufs Abstellgleis“ möchte Christiane Lutz. Wie genau ihr Lebensabend einmal aussehen wird, weiß sie heute noch nicht. Dafür weiß sie aber ganz genau, wie er nicht aussehen soll.