Menden. Mutmacher: Der Mendener Unternehmer Hermann Josef Schulte und Unternehmensberater Jörg Sydow haben die Infektion mit dem Coronavirus überstanden.
Dies ist die Geschichte zweier Mutmacher aus Menden. Der eine ist Unternehmer, der andere Unternehmensberater. Was sie eint, ist ihre Freundschaft – und die Erfahrung, das Coronavirus glücklich überstanden zu haben: HJS-Chef Hermann Josef Schulte, 73 Jahre alt und auch dank Bypässen Angehöriger einer Risikogruppe, und Jörg Sydow (63).
Für beide kam das Virus aus Tirol, genauer: aus dem Corona-Hotspot Ischgl. Sydow war Anfang März dort, Schulte wurde mit großer Sicherheit von seiner Ehefrau angesteckt, die Ende Februar dorthin in den Skiurlaub gefahren war.
Noch sind sie Exoten
„Wer jetzt aus einer Quarantäne heraus ist und als nachweislich Gesundeter geführt wird, ist heute noch ein Exot“, schmunzelt Jörg Sydow. Doch wenn Virologen recht behalten, werden sich in den nächsten ein bis zwei Jahren auch in Menden zwei Drittel der Bevölkerung das Virus einfangen – falls es bis dahin keinen Impfstoff gibt. Umso wichtiger erscheint, was Gesundete jetzt berichten.
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Und die Quintessenz der beiden bekannten Mendener bringt Schulte auf eine Mutmacher-Formel: „Wenn es kein Medikament gibt, dann ist die Psyche entscheidend. Du musst ruhig bleiben, die Krankheit annehmen, fest an die Heilung glauben. Diese Einstellung war für mich die beste Therapie.“
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Das klingt einfacher, als es war. Schulte erwischte das Virus überfallartig, trotz Abstandhaltens nach der Rückkehr seiner Frau, als Irland Urlauber aus Ischgl nicht mehr ins Land ließ. Es war die Nacht nach einer E-Bike-Tour über 60 Kilometer, als er sich fit fühlte wie ein Turnschuh.
Aber: „Um 3 Uhr nachts bekam ich brutalen Schüttelfrost.“
Sammelklage: Vom Ski-Mekka zur Virenschleuder
Weil in einem Lokal in Ischgl Ende Februar ein Corona-Fall bekannt gewesen, aber nicht gemeldet worden sein soll, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen „Verdachts der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“. Der Sammelklage des Verbraucherschutzvereins Österreich durch mehr als 4500 Betroffene aus aller Welt hat sich auch Jörg Sydow angeschlossen.
Der Vorwurf gegen Behörden und Politiker: Weil sie trotz Information über die Seuche nicht rechtzeitig eingriffen, konnte das Ski-Mekka Ischgl zur Virenschleuder werden.
Sydow ahnte es noch in Ischgl, wo er mit Freunden Anfang März ausgerechnet im „Kitzloch“ zum Après Ski war. Der Barkeeper der Kultkneipe soll infiziert gewesen sein und das Virus massiv verbreitet haben. Laut Sydow könnte er sich auch in den knallvollen Gondeln angesteckt haben. „Ich habe jedenfalls noch am Abend gemerkt, dass mit mir massiv etwas nicht stimmt.“
Schulte saß indes in häuslicher Quarantäne und horchte viel in sich hinein. Die Grippe blieb erträglich, doch machte ihm vor allem nachts der Gedanke zu schaffen, dass sich der Verlauf erst Tage nach der Infektion entscheidet. „Kommt die Steigerung? Wer beatmet werden muss, kann schwere Lungenschäden davontragen. Die latente Sorge macht Stress, ich wachte manchmal auf und hatte Atemnot davon.“
Management in Quarantäne
Zugleich ging es auch im Unternehmen HJS in Menden um Corona-Folgen. Kurz vor dem Ausbruch hatte Schulte – schon auf Abstand, aber scheinbar pumperlgesund – mit dem Management getagt, das danach komplett für zehn Tage in Quarantäne musste. Niemand habe sich angesteckt, zeigt sich Schulte heute erleichtert. Derzeit ist etwa für ein Fünftel der 400-köpfigen HJS-Belegschaft Kurzarbeit angesagt.
Sydow berichtet indes von seinen Söhnen, deren Geschäft „Hutfabrik“ in Unna heute fast im Akkord anderen Kopfschmuck herstellt.
Schutzmasken. Gegen Corona.