Lendringsen. Dass der Gewölbekeller auf Gut Rödinghausen zum Veranstaltungsort beim Kunstfest Passagen werden konnte, war eine Ausnahme. Zunächst zumindest.
Es ging für das „Kunstfest Passagen“ zeitweise abwärts, als sich die rund 40 Zuschauer des „Werther“ aus dem Gutshaus von Gut Rödinghausen in Lendringsen zu einem anderen Veranstaltungsort aufmachen durften. Das Stück um Liebeskummer und Selbstmord wurde nicht, wie im Programm angekündigt, im Kaminsaal gespielt, sondern fand in einem verwinkelten Gewölbekeller unter einem der anderen Gebäude des Gutes statt.
Damit erweitert sich für einzelne Projekte die von der Stadt nutzbare Fläche auf dem Gutsgelände, die ansonsten auf einen engen Umkreis um das eigentliche Gutshaus beschränkt ist. Allerdings mit Einschränkungen.
„Letzte Liebe“
Zur letzten Aufführung des Kunstfests „Passagen“ am Sonntag, 15. September, um 18 Uhr, hat sich eine Änderung ergeben. Es ist noch kurzfristig gelungen, die Rechte an dem Briefwechsel zwischen Bettine von Arnim und dem Studenten Julius Döring zu erhalten. Die Schauspieler Philine Bührer und Matthias Eberle haben eigens für das Kunstfest eine Auswahl der Briefe getroffen. Das neue Stück heißt jetzt: „Letzte Liebe“.
Kleiner Schreck schon vor dem Abstieg ins düstere Gemäuer: Ein Einsatzwagen der Mendener Feuerwehr stand bereit, und zwei Feuerwehrmänner beobachteten das Geschehen über und unter der Erde. Wolfram Semrau, Leiter der Feuer- und Rettungswache Menden, gab aber Entwarnung.
Feuerwehr überprüft außergewöhnlichen Veranstaltungsort
Der außergewöhnliche Veranstaltungsort habe aus Brandschutzgründen vor dem Schauspiel besichtigt und überprüft werden müssen, und auch an anderen Veranstaltungsorten sei die Feuerwehr immer dabei, um im Notfall eingreifen zu können. „Hier fallen wir einfach mehr auf“, erläuterte Semrau, der sich am Eingang zum Keller während des Stückes für Notfälle bereithielt, sein Kollege behielt die kleine Bühne und den Zuschauerbereich samt Technik im improvisierten Regieraum im Auge.
Gut Rödinghausen
In diesem Fall eine sehr offensichtliche Maßnahme, aber auch eine nötige, da der Gewölbekeller zwar über mehrere verwinkelte Räume, bislang aber nur über einen Zugang über eine enge Treppe verfügt. „Das wollen und müssen wir ändern. Darum wird es beim Kunstfest im nächsten Jahr an diesem Ort keine Aufführung geben. Die beiden Aufführungen dieses Jahr waren eine abgesprochene Ausnahme“, erklärte Organisator Volker Fleige.
Alten Zugang wieder öffnen
Es sei aber geplant, 2021 wieder Inszenierungen in diesem historischen Gemäuer stattfinden zu lassen. Dazu soll, so die Planung, ein zweiter Rettungsweg geschaffen werden, indem einer der alten zugemauerten Zugänge zum Keller wieder geöffnet werde.
Der von der Familie von Dücker-Plettenberg als Eigentümer dieses Gebäudes bestimmte und zuständige Verwalter, Rechtsanwalt Ernst Kayser, habe dieser Erweiterung der Aktionsfläche auf dem Gut zugestimmt und die Eigentümerfamilie sei ebenfalls einverstanden. Die Aufführungen in diesem Jahr seien mit dem Bauamt abgesprochen und genehmigt worden.
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„Es war sogar Herr Kayser, der mich auf den Keller aufmerksam machte“, sagte Fleige weiter, der sich sofort von diesem Zufallsfund begeistert zeigte und zusammen mit dem ,Theater Rottstraße 5’ aus Bochum eine Inszenierung an diesem besonderen Ort erarbeitete. Die Wahl fiel auf Goethes „Werther“ mit Martin Bretschneider: „Das Stück musste zum Ort passen.“
Die Schatten an den Bruchsteinwänden, die tiefhängenden Decken, das trübe Wasser einer alten Zisterne, verwinkelte Räume und Ecken und die notdürftig ergänzten LED-Baustellenlampen, die die typischen Kellerleuchten ersetzten, waren für diese dramatische Inszenierung das passende Ambiente. Und vielleicht hat den unfreiwilligen Zuschauern, den Fledermäusen, die dann und wann aus den Ecken flatterten, das Drama um den Grabhügel im Gewölbekeller so gut gefallen wie Wolfram Semrau, der nichts an dem Abend „unter Tage“ zu beanstanden hatte: „Mir hat alles gefallen!“