Rödinghausen. Viele kennen ihn aus dem Fernsehen, nun war er beim Kunstfest in Menden zu Gast: Claus Dieter Clausnitzer. Er sorgte für Gänsehautgefühl.

Düster und bedrohlich krächzte die raue Stimme ein „Nimmermehr!“, nur um gleich wieder in die zitterigen und verunsicherten Tonlagen eines Trauernden abzusinken, während es vor den Fenstern des Kaminsaals von Gut Rödinghausen langsam dunkler zu werden begann. So „melodrammatico“ dieser erste Satz, so melodramatisch ging es am Dienstagabend im Kaminsaal zu, als sich Schauspieler Claus Dieter Clausnitzer mit acht Studenten des Orchesterzentrums NRW um Professor Alexander Hülshoff zusammengetan hatte, um dem Publikum mit einem Ausflug in die Zeit der Romantik einen Schauer über den Rücken laufen zu lassen.

Begeistertes Publikum bei: Von Werwölfen, Untoten und Monstrositäten.
Begeistertes Publikum bei: Von Werwölfen, Untoten und Monstrositäten. © Anja Grevener

Im Rahmen des „Kunstfest Passagen“ trug der aus dem Münsteraner „Tatort“ oder der Daily Soap „Rote Rosen“ bekannte Clausnitzer Werke vor, die auf der Pflichtlektürenliste so manchem Schüler schon eine ähnliche, aber wenige wohlige Gänsehaut über den Rücken haben laufen lassen, an diesem Abend aber für ein begeistertes Publikum sorgten. Bei manchem Zuhörer tauchten durch die Kombination der Musik mit dem Vortrag Clausnitzers sogar Bilder aus der eigenen Kindheit auf, wie Besucher Hubert Mühling aus Hüingsen verriet:

Auch interessant

Als Kind habe er sich als lautstarker Zwerg bei Führungen zu den Hönnetal-Sagen in der dunklen Reckenhöhle das eine oder andere Eis verdient und durch die düstere Stimmung des Vortrags fühlte er sich lebhaft an diese Auftritte erinnert.

Balladen von Poe und Goethe

Vertreten im Programm waren Gedichte und Balladen der Schauerromantik von Autoren wie Edgar Allen Poe, von dem das am Anfang zitierte Gedicht „Der Rabe“ stammt, Johann Wolfgang von Goethe mit seinem „Erlkönig“ oder Theodor Fontanes „Die zwei Raben“. Besonders hervorgehoben wurde einmal mehr die historische Verbundenheit der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff mit Gut Rödinghausen, indem ihr Gedicht „Loup Garou“ über einen Werwolf als Höhepunkt des Abends fast schon wie ein Live-Hörspiel inszeniert wurde.

Wiederholung geplant

Am übernächsten Freitag, 13. September, soll es beim Kunstfest „Passagen“ im Kaminsaal von Gut Rödinghausen erneut „Melodrammatico“ werden, wenn Claus Dieter Clausnitzer und Professor Alexander Hülshoff dann um 20 Uhr zu einem Abend mit „Helden und Verlierern“ bitten.

Extra für dieses Gedicht entwickelte Professor Hülshoff gemeinsam mit Studentin Tsai I-Lin mit Violincello und Marimba eine Atmosphäre aus Musik und Klängen, die den Grusel in den Worten Clausnitzers so stark transportierte, dass mancher Zuschauer sogar sichtbar zusammenzuckte.

Auch interessant

Musikstudentin Tsai I-Lin vom Orchesterzentrum NRW bewies ihr Können auf dem Schlagwerk.
Musikstudentin Tsai I-Lin vom Orchesterzentrum NRW bewies ihr Können auf dem Schlagwerk. © Anja Grevener


„Das Publikum ist sehr aufmerksam, das ist schon besonders“, beschrieb der für die musikalische Gestaltung verantwortliche Professor Alexander Hülshoff die Atmosphäre. „Die Musiker genießen das.“ Für den Musik-Professor stimmte auch die Kombination von Ort und Kultur bestens überein. „Ich war von Anfang an fasziniert von diesem Konzept, dem Übergreifen der Künste, und auch Gut Rödinghausen passt dazu und inspiriert.“

Der Abend war aber nicht nur melodramatisch, sondern mit einem charmanten Augenzwinkern versehen, was vor allem den Auftritten Claus Dieter Clausnitzers geschuldet war, der sich gleich zu Beginn schon als „Kulissenreißer“ betätigte und seinen Vortrag mit dem Umwerfen eines Notenständers lautstark einleitete. Clausnitzer und das Publikum nahmen es mit Humor, was dem düsteren Thema des Abends – neben den nietenverzierten, weißen Schuhen und gekonnten Präsentationen Clausnitzers – eine leichtere Note verlieh. „Meine Idee geht auf“, freute sich Dramaturg und Organisator Volker Fleige über den Zuspruch von Publikum und Künstlern im fast ausverkauften Kaminsaal. Der langanhaltende, laute Schlussapplaus und die „Bravo“-Rufe dürften bei aller Kritik im Vorfeld auch in Abwesenheit einer Pauke für Organisator Volker Fleige wie ein befreiender Schlag dieses Instruments gewirkt haben.