Menden. . Zwei Jahre nach der Transplantation lernt die Mendenerin Petra Huckschlag ihren Stammzellspender Daniel kennen – ein bewegendes Treffen.

Welche Worte sie als erstes zu ihrem Lebensretter sagte, weiß Petra Huckschlag im Rückblick gar nicht mehr so genau: „Wir haben uns einfach nur angestrahlt und in den Arm genommen“, sagt die Mendenerin. Vor zwei Jahren hat sie die lebensrettenden Stammzellen erhalten. Nun endlich durfte sie den Spender – den 40-jährigen Daniel aus München – persönlich kennen lernen.

Der 40-jährige Daniel aus München bei der Stammzellspende für die Mendenerin Petra Huckschlag.
Der 40-jährige Daniel aus München bei der Stammzellspende für die Mendenerin Petra Huckschlag. © Privat

Als die Bösperderin Petra Huckschlag an Akuter Myeloischer Leukämie erkrankte, war ein Stammzellspender ihre letzte Hoffnung. Sie hatte Ende 2016 zum zweiten Mal die Diagnose Blutkrebs erhalten. Ihre Familie stellte eine der größten Typisierungsaktionen in Menden auf die Beine. Fast tausend Menschen ließen sich im Januar 2017 im Bürgersaal typisieren, um so als potenzielle Stammzellspender dauerhaft registriert zu werden. Aus dieser Aktion gingen in der Folge mehrere Stammzellspenden hervor. Für Petra Huckschlag selbst war der genetische Zwilling nicht dabei. Doch kurz darauf kam die erlösende Nachricht, die für die gelernte Erzieherin mehr als ein Sechser im Lotto war: Der passende Stammzellspender wurde gefunden.

Urlaub am Tegernsee genutzt

Am 14. Februar 2017 wurden der heute 61-Jährigen die lebensrettenden Stammzellen übertragen. Von dem Spender wusste sie lediglich, dass er in Deutschland lebt. Zwei Jahre lang durften Spender und Empfänger sich nicht kennen lernen – das übliche Vorgehen. Sie durften sich Briefe schicken, die aber vorher sorgfältig überprüft wurden, ob es nicht irgendwelche Hinweise auf die Identität gab. Nach Ablauf der zwei Jahre konnten Petra Huckschlag und der Spender einen Fragebogen der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) ausfüllen und ihr Einverständnis zur Weitergabe ihrer Daten an den jeweils anderen geben.

Treffen in München: Petra Huckschlag und ihr  Stammzellspender Daniel aus München.
Treffen in München: Petra Huckschlag und ihr Stammzellspender Daniel aus München. © Michael Huckschlag

München liegt von Menden aus nicht gerade um die Ecke. Als Petra Huckschlag und ihr Mann Michael zum Urlaub am Tegernsee waren, nutzten sie die Möglichkeit der räumlichen Nähe. „Wir haben uns per Mail in einem Park in München verabredet“, erzählt Petra Huckschlag. Der 40-jährige Daniel – in die Öffentlichkeit möchte er nicht mit seinem Nachnamen – kam gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern zum Treffen mit Petra und Michael Huckschlag.

„Ich hatte so viele Fragen“, erinnert sich Petra Huckschlag. Vor dem Treffen sei sie „sehr, sehr aufgeregt“ gewesen. „Da ist einfach eine unendliche Dankbarkeit und riesengroße Bewunderung, dass es solche Menschen gibt, die das machen. Das ist unbeschreiblich.“ Nachdem sie und ihr Lebensretter sich in den Arm genommen hätten, sprudelten die Fragen. Die beiden Familien lernten sich kennen, verstanden sich auf Anhieb gut und verbrachten den Tag zusammen: „Es war so, als wenn wir uns schon ganz lange kennen würden.“

Möglichst viel Normalität im Alltag

In ihren Alltag versucht Petra Huckschlag so viel Normalität einzubringen wie möglich. Doch dass sie durch die Leukämie an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt, spürt sie noch heute an manchen Kleinigkeiten im Alltag: „Ich habe einfach weniger Kraft und bin schneller erschöpft.“

Energie gibt ihr ihre Familie, die „immer an meiner Seite“ ist. Außerdem erfreut sie sich an ihrem Garten und geht gerne in der Natur spazieren. „Es gibt viele Tage, an denen ich gar nicht mehr an die Krankheit denke.“

Weiterhin muss die 61-Jährige regelmäßig zu Untersuchungen nach Hamm und zum Hausarzt. Doch die Abstände zwischen den Untersuchungen vergrößern sich zunehmend.

Während sie in der Zeit nach der Stammzellspende auf bestimmte Lebensmittel verzichten musste und wegen Ansteckungsgefahr nur mit einem Mundschutz das Haus verlassen durfte, gibt es dahingehend für Petra Huckschlag mittlerweile überhaupt keine Einschränkungen mehr, wie sie selbst stolz sagt: „Mein Immunsystem ist wieder auf einem guten Level.“

Dabei erfuhr Petra Huckschlag auch, dass Daniel sich erst wenige Monate vor der Spende hat typisieren lassen. „Ein Freund von ihm war an Leukämie erkrankt“, berichtet Petra Huckschlag. „Er hat sich im November typisieren lassen, im Dezember bekam er dann den Anruf.“ Nach den Voruntersuchungen spendete er schließlich am 14. Februar seine Stammzellen. „Das ist für mich immer noch wie ein kleines Wunder“, sagt Petra Huckschlag.

Mit ihrem Lebensretter will Petra Huckschlag auf alle Fälle weiter in engem Kontakt bleiben. Und auch das Thema Stammzellspende wird sie wohl nie loslassen: „Ich glaube, das ist eine Lebensaufgabe, die immer bleibt.“ Es berühre sie immer sehr, wenn sie beispielsweise auf der Facebook-Seite der DKMS vom Schicksal eines Erkrankten lese: „Besonders schlimm ist es, wenn Kinder erkrankt sind. Ich weiß ja, was die erwartet.“ Ihre Familie und enge Freunde hatten während ihrer Erkrankung und ihrer Genesungszeit die Facebook-Seite „Lebensretter gesucht für Petra“ ins Leben gerufen und die Typisierungsaktion organisiert.

Typisierungsaktion vor zwei Jahren im Bürgersaal in Menden.
Typisierungsaktion vor zwei Jahren im Bürgersaal in Menden. © Archiv WP

Es liegt Petra Huckschlag am Herzen, dass sich möglichst viele Menschen als Stammzellspender registrieren lassen. Deshalb hat sie sich nach dem Treffen mit Daniel entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen: „Ich weiß, dass eine Stammzellspende leider auch nicht immer gut ausgeht. Aber man bekommt eine Chance zu überleben. Und das ist alles, was dann wichtig ist.“