Menden. . Inklusionsbeauftragter Pascal Wink tritt zurück, weil er mit der städtischen Informationspolitik hadert.

Der Lendringser Pascal Wink gilt seit vielen Jahren als engagierter Vorkämpfer für mehr Inklusion im Stadtgebiet. Im Mai 2016 wurde er zum ersten Inklusionsbeauftragten der Stadt Menden ernannt. Am Mittwochabend gab er im Sozialausschuss überraschend seinen Rücktritt bekannt, der im März vollzogen werden soll.

Die Politiker und Vertreter der Verwaltung reagierten sehr betroffen. Doch warum kam es zu der Entscheidung? Hintergründe schildert Pascal Wink im Gespräch mit Redakteur Heinz-Jürgen Czerwinski.

Nach einer Bauchentscheidung klang es nicht, als Sie Ihren Rückzug ankündigten.

Pascal Wink: Das war es auch nicht. Eher das Ergebnis eines bereits längeren Prozesses, in dem die Schnittstellen zwischen Politik, Verwaltung und Inklusionsbeauftragtem immer mehr verschwanden. Vor gut fünf Jahren wurde mit der Übergabe des „1. Kommunalen Aktionsplanes zur Umsetzung der Inklusion in der Stadt Menden (Sauerland)“ der Auftrag an Politik und Verwaltung überreicht, diesen sukzessive umzusetzen. Menden schlummerte damals in einem inklusiven Dornröschenschlaf. Mit den 1. Mendener Inklusionstagen ging es jedoch umso schneller los. Da ist hier vor Ort und in den einzelnen Stadtteilen viel passiert. Wir haben damals ein inklusiv bestelltes Feld übergeben. Der Nährboden ist jedoch relativ schnell wieder zugefroren.

Pascal Wink, ehrenamtlicher Inklusionsbeauftragter der Stadt Menden, im WP-Gespräch:
Pascal Wink, ehrenamtlicher Inklusionsbeauftragter der Stadt Menden, im WP-Gespräch: © Martina Dinslage

Inklusion in Menden doch eher ein Stiefkind? Dabei gibt der Gesetzgeber klare Richtlinien vor.

Absolut. Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 hat sich Deutschland sogar verpflichtet. Damit natürlich auch Menden. Das soll keineswegs populistisch klingen aber: Inklusion ist kein Projekt, keine Wahlmöglichkeit. Inklusion ist geltendes Menschenrecht.

Wie sind Sie bei zuletzt größeren Vorhaben wie dem Anbau der Gesamtschule oder der schulischen Inklusion einbezogen worden?

Das hat bei mir letztlich das Fass zum Überlaufen gebracht. Nach einigen Berichten in der Zeitung, die inklusive Richtungen einzelner Institutionen oder Gruppierungen widerspiegelten, fragten mich Bekannte häufig: Wofür haben wir eigentlich einen Inklusionsbeauftragten? Und das fragte ich mich dann letztlich auch. Laut Satzung soll dem Inklusionsbeauftragten „(...) in wesentlichen Fragen, die den Aufgabenbereich betreffen, vor einer Beschlussfassung durch den Rat/die Ausschüsse Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Dazu sind entscheidungsbedingte Informationen zu übermitteln. Dies kann sowohl in schriftlicher wie auch in mündlicher Form erfolgen.“ Dies ist, wenn überhaupt, nur äußerst mangelhaft bis gar nicht geschehen. Es ehrt die zuständigen Vertreter von Politik und Verwaltung, dass sie dies im Anschluss an meine Rücktrittsbekanntgabe, einräumten. Das macht es aber auch nicht besser.

Wenn man Menden mit anderen Städten vergleicht…

...gibt es beispielsweise auch in vergleichbaren Kommunen inklusive Leuchtturmprojekte oder Modelle, die auch in Menden möglich (gewesen) wären. Inklusions-Schulen beispielsweise. Ach, so viele tolle Projekte und Angebote in den Bereichen Kultur, Arbeit und Bildung. Inklusion ist ja nun nicht gleich Barrierefreiheit. Nehmen sie das Thema Bürgerhaus. Da hatte Menden auch die Möglichkeit, das Thema Inklusion mit all seinen Facetten im Herzen der Stadt zu verankern. Ich weiß nicht, in wie vielen Arbeitsgruppen-, -kreisen und -foren ich da gesessen habe. Am Ende hängt alles an politischen Entscheidungen, die ich natürlich akzeptiere. Aber es sind halt auch immer wieder riesige verpasste Chancen für meine „Baustelle“ Inklusion gewesen.

Sie haben im Sozialausschuss die DanceKlusion-Party als einzig verbliebenes inklusives Vorzeigeprojekt in der Hönnestadt geschildert. Ist es wirklich so schlimm?

Ganz im Gegenteil. Das ist eine wunderbare Entwicklung in diesem Bereich. Ich kann jedem nur raten da einmal hinzugehen und diese einzigartige Atmosphäre zu genießen. Ich meinte damit eher Vergleiche, beispielsweise zum Bahnsteig 42 in Letmathe. Dort hat man eine mehrfach ausgezeichnete Institution geschaffen, die eben jene Bereiche Kultur, Bildung, Arbeit und vor allem Teilhabe unter einem Dach vereint. Ähnliches wäre auch in Menden am Bahnhof möglich gewesen. Oder halt im Bürgerhaus. Insofern ist es großartig, dass die DanceKlusion sich weiterhin hält und entwickelt. Aber die Stadt hat einfach so viel mehr Potenziale. Dazu bedarf es aber zwingend auch politischen Willens. Und den habe ich in all den Jahren kaum gespürt.

Ein Herzenswunsch für Inklusion in Menden...

Es würde absolut reichen, wenn man die Dinge, die im Aktionsplan und in der Satzung verschriftlicht sind, auch dementsprechend verfolgen und umsetzen würde.

Zur Person

Pascal Wink (40, zweifacher Familienvater ) ist in Menden aufgewachsen und insbesondere im kleinen Stadtteil Lürbke und auch dessen Schützenwesen tief verwurzelt. Er wollte nach dem Abitur am (damaligen) Heilig-Geist-Gymnasium eigentlich Lehrer werden. Doch der Zivildienst in der Ruhrtalklinik Menden-Barge und damit die Arbeit mit körperlich und/oder geistig Behinderten brachte eine Wende mit sich. Wink entschloss sich, eine Ausbildung im Bereich der Heilerziehungspflege anzutreten. Wegen seines nachhaltigen Engagements weit über den Beruf hinaus wurde im Mai 2016 zum ersten Mendener Inklusionsbeauftragten berufen. Pascal Wink arbeitet aktuell bei den Iserlohner Werkstätten.