Menden. . Eigentlich wollte er Lehrer werden. Doch dann kam der Zivildienst dazwischen, und danach hatte Pascal Wink völlig neue berufliche Ziele. Der Mendener machte eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Ende dieses Monats wird der 38-Jährige offiziell zum ehrenamtlichen Inklusionsbeauftragten der Stadt Menden bestellt.

Eigentlich wollte er Lehrer werden. Doch dann kam der Zivildienst dazwischen, und danach hatte Pascal Wink völlig neue berufliche Ziele. Der Mendener machte eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Ende dieses Monats wird der 38-Jährige offiziell zum ehrenamtlichen Inklusionsbeauftragten der Stadt Menden bestellt. Der Stadtrat hatte kürzlich den entsprechenden Beschluss gefasst.

„Ich habe damals meinen Zivildienst in der Ruhrtalklinik in Barge gemacht“, erzählt Pascal Wink, einer Reha-Klink für körperlich und/oder geistig Behinderte. „Der Begriff Inklusion war zu der Zeit noch völlig unbekannt.“ Und auch Pascal Wink selbst hatte zuvor keine Berührung mit dem Thema gehabt. „Man kann quasi ohne Schnittstellen zu Menschen mit Behinderungen durchs Leben gehen“, sagt Pascal Wink. Das änderte sich für ihn, als er als Zivi mit Behinderten arbeitete. Im Rückblick weiß er, dass er intuitiv alles richtig gemacht hat: „Gerade in der Behindertenarbeit ist es oft besser, aus dem Bauch heraus zu entscheiden als alles theoretisch zu überlegen.“

Es gab nicht das eine einschneidende Erlebnis, das Pascal Winks Berufswunsch veränderte. Es waren viele kleine Begebenheiten, nach denen für den Mendener feststand, seine beruflichen Vorstellungen zu ändern. Das Aufgabenpaket, das nun vor ihm als Inklusionsbeauftragtem liegt, ist immens, „aber wir fangen nicht bei Null an“. Doch sei Menden eine der letzten Kommunen, die sich in Sachen Inklusion auf den Weg gemacht hätten. Als Beispiel, wo ein Inklusionsbeauftragter künftig im Vorfeld tätig werden müsste, nennt er den neu gestalteten Mühlengraben, der eben nicht barrierefrei erreichbar ist. „Inklusion funktioniert sehr gut, wenn das Thema zur Chefsache gemacht wird“, sagt Pascal Wink und setzt auf Bürgermeister Martin Wächter.

Netzwerk

Eines seiner Ziele, die er gemeinsam mit seinen Stellvertretern Olaf Jung und Petra Homberg anpeilt, ist der Aufbau eines Netzwerks: „In Menden kochen viele Vereine und Institutionen ihr eigenes Inklusionssüppchen.“ Dazu sollen beispielsweise ein Logo und ein Slogan erstellt werden, mit dem sich alle Beteiligten identifizieren können. Eine Homepage als Netzwerk und Infoportal sollen folgen. Wichtig ist ihm, nicht das Rad neu zu erfinden, sondern für viele neue Meinungen offen zu sein: „Ich gehöre keiner Partei an, ich muss da keine Rücksicht nehmen.“

Der zweifache Familienvater hält nichts davon, Behinderte mit den sprichwörtlichen Samthandschuhen anzufassen: „Für mich ist Inklusion auch, nicht nur mit, sondern auch über Behinderte zu lachen. Ein Behinderter darf bei mir genauso austeilen und muss auch einstecken können wie ein Nicht-Behinderter.“ Dazu gehöre auch, wenn eine professionell arbeitende Musik-Band, deren Mitglieder alle behindert sind, schlecht spiele, das zu sagen: „Man muss nicht alles gut finden, was Menschen mit Behinderung tun.“

Balanceakt

Es sei ein Balanceakt: „Man darf natürlich auch Menschen mit Behinderung nicht überfordern und sollte niemanden zwanghaft inkludieren.“ So gebe es sicherlich Behinderte, die in ihrem Alltag ausschließlich mit anderen Behinderten zusammen sind, „das ist natürlich in Ordnung, wenn jemand das so möchte. Aber es geht eben auch um die vielen anderen, die das nicht so möchten.“

Das Thema Inklusion zieht sich bestenfalls durchs ganze Leben. „Wenn Inklusion im Kindergarten anfangen würde, dann müssten wir uns darüber keine Gedanken mehr machen“, sagt Pascal Wink. „Dann wäre es etwas Selbstverständliches.“ Die Barrierefreiheit müsse in den Köpfen der Menschen ankommen. Dazu gehören keine Sonderveranstaltungen für Inklusion, sondern das Thema Inklusion müsse bei regulären Veranstaltungen wie „Mendener Frühling“, „Mendener Herbst“ oder der Pfingstkirmes präsent sein, etwa durch einen Smoothie-Stand; auch Musik und Kultur könnten „super Schnittstellen“ sein: „Raus aus dem Mitleids-Muff“, fordert Pascal Wink. „Behinderte leben mit ihrer Behinderung, sie leiden nicht an einer Behinderung.“ Das Thema soll seine Schwere verlieren. Inklusion bedeute, Rahmenbedingungen an Menschen anzupassen und nicht umgekehrt.

Beratung

Dem Mendener geht es nicht darum, das Stadtbild zu verändern. Oft seien es Kleinigkeiten, die helfen. „Das kann zum Beispiel die Beratung eines Gastronomen sein, woher er eine Rampe bekommt, damit ein Restaurant barrierefrei wird.“ Und gleichgültig, welches Problem sich in Zukunft stellen mag, Pascal Wink ist zuversichtlich, eine Lösung zu finden: „Ich bin mir sicher, dass es für jedes Problem im Bereich Inklusion eine Lösung irgendwo in Deutschland gibt.“ Und warum sollte sich Menden davon nicht etwas abgucken? Denn, so Pascal Wink, „im Grunde bietet Menden alles, um mal eine Vorzeige-Kommune in Sachen Inklusion zu werden.“

Infobox:

- Pascal Wink (38) legte 1996 sein Abitur am Heilig-Geist-Gymnasium ab. Vielen Mendener ist er als Lürbker Schützenkönig (2014) in Erinnerung. Er lebt im Mendener Süden, „die Ortsgrenze zwischen der Lürbke und Lendringsen verläuft genau durch meinen Garten“.

- Pascal Wink hat als Zivi in der Ruhrtalklinik in Barge gearbeitet. Sein Berufsanerkennungsjahr zum Heilerziehungspfleger absolvierte er in einem Wohnheim für Behinderte in Arnsberg, wo er anschließend auch arbeitete. Darüber hinaus war er u.a. in einer Epilepsie-Kinderklinik tätig.

- Vor 13 Jahren wechselte Pascal Wink zu den Iserlohner Werkstätten. Er arbeitet derzeit als Gruppenleiter im Inklusionsbahnhof Letmathe (www.bahn­steig42.de) und ist Redaktionsleiter des „caput“-Magazins.

- Als Inklusionsbeauftragter wird er künftig als Sachkundiger Bürger im Sozialausschuss vertreten sein.

- Bei seiner Tätigkeit wird er unterstützt von Olaf Jung und Petra Homberg. Pascal Wink arbeitet weiterhin bei den Iserlohner Werkstätten und kümmert sich – wie seine beiden Mitstreiter auch – ehrenamtlich um das Thema Inklusion: „Ich empfinde das nicht als Arbeit. Ich hab’ einfach richtig Bock auf Inklusion in Menden.“