Dortmund/Attendorn.. Er ist nicht wiederzuerkennen, der Mann, der in glanzvollen Zeiten von seinen Attendornern „Felgen-Zar“ genannt wurde und sich seit gestern Morgen als Angeklagter vor dem Landgericht Dortmund verantworten muss. Es ist dem Sauerländer Felgen-Fabrikanten Rüdiger Höffken anzusehen, dass er seit Juli 2011 in der Justizvollzugsanstalt Bochum in Untersuchungshaft sitzt und vor einem mehrmonatigen nervenaufreibenden Gerichtsprozess steht.

Die lange Zeit im Gefängnis hat den einstigen Schatzmeister des Fußball-Bundesligisten Schalke 04, der vor wenigen Tagen 65 Jahre alt wurde, zugesetzt. Der Mann in der blauen Jeanshose, dem weiß-blauen Hemd und dem dunkelblauen Sakko ist schmal und grau geworden, sieht blass und um Jahre gealtert aus, als er gegen zwanzig nach Neun Saal 129 des Landgerichts betritt. Herzlich umarmt er seinen Rechtsanwalt Rainer Brüssow aus Köln-Porz und bemüht sich anschließend an der Anklagebank, den vorläufigen Höhepunkt eines fast beispiellosen Abstiegs ein wenig wegzu­lächeln.

Von Glanz und Glamour ist bei dem Felgenunternehmer, der gesellschaftlich ein großes Rad gedreht hat, im Dortmunder Gericht nichts mehr zu spüren. In einem kargen wie tristen Saal, der so gar nicht in die frühere glitzernde Welt eines Mannes passt, dem Beobachter einen aufwendigen Lebensstil attestierten. Der „Felgen-Zar“ hat seinen Platz an der Sonne im Juli des vergangenen Jahres abrupt verloren. Unter dem Verdacht des Betruges, Bankrotts, der Untreue und Steuerhinterziehung wurde der Sauerländer festgenommen. Er, der Gastwirtsohn und ehemalige Attendorner Karnevalsprinz (1982), der spätestens als Bauer im Kölner Dreigestirn der Narren-Session 2005/2006 bei den oberen Zehntausend in Sauer- und Rheinland angekommen war.

Rüdiger Höffken nimmt auf der harten Anklagebank Platz. Scheinbar in sich ruhend. So wie einst im Dreigestirn, als sich der Südwestfale selbst als „ruhender Pol bezeichnete“ und vom Kölner Stadtanzeiger als „etwas stoischer Sauerländer“ bezeichnet wurde. Wie es wirklich in ihm aussieht, offenbart der frühere millionenschwere Sponsor der Fußball-Clubs von Schalke 04 und dem 1. FC Köln unmittelbar im Anschluss an den 1. Verhandlungstag. Er schließt Ehefrau Helga, die zuvor als Mitangeklagte eine Reihe hinter ihm gesessen hatte, in seine Arme. Aus der Ferne sind Tränen in seinen Augen zu erkennen.

Es gehe seinem Mandanten nicht gut, berichtet Höffkens Verteidiger nach dem nur wenige Minuten ­dauernden ersten Verhandlungstag vor der 43. Strafkammer als ­Wirtschaftskammer. „Für ihn ist das eine Katastrophe“, spielt Rainer Brüssow auf die ­Festnahme vor mehr als zehn ­Monaten an - „wenn man so mitten aus dem Leben gerissen wird“. Dabei habe er doch nur alles versucht, um sein Unter­nehmen zu retten - „mit legalen ­Mitteln“.

Das sieht die Staatsanwaltschaft Bochum, deren Vertreter gestern nicht zum Verlesen der Anklageschrift kamen, anders. Sie will vor Gericht nachweisen, dass die ­Insolvenz von Höffkens Konzern (mit 35 Mitarbeitern am Stammsitz in Attendorn) und seine Privat­insolvenz im Jahr 2008 nicht mit Recht und Gesetz in Einklang zu bringen waren. Angeklagt vor dem ­Landgericht Dortmund sind neben dem Ehepaar Höffken auch noch zwei Vertraute.

Rüdiger Höffken wurde vor knapp vier Jahren vom Landgericht Siegen wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Gestern machte er wieder Bekanntschaft mit einem Gericht. Der 65-Jährige sei froh, so sein Rechtsanwalt, dass der Prozess endlich beginnt. 48 Verhand­lungstage sind bis Mitte ­Dezember veranschlagt. Verteidiger Rainer Brüssow verfolgt dabei ein ehrgeiziges Ziel: „Wir hoffen, dass das Urteil Herrn Höffken ermöglicht, zukünftig ein vernünftiges Leben zu ­führen.“