Kirchhundem. Seit Monaten haben Mitarbeiter der Kids Health Group kein Geld erhalten und berichten von Hinhaltetaktik und Versprechungen. Jetzt packen sie aus.

Die Reha-Klinik für adipöse Kinder in Rahrbach ist geschlossen. Grund dafür sind laut dem in Frankfurt ansässigen Investor, der Health Care Company (HCC AG)finanzielle Schwierigkeiten der Betreiberfirma Kids Health Group Kirchhundem (vormals erst Gesundheitscamp, dann Gesundcamp Kirchhundem). So heißt es in einer Pressemitteilung, dass die Einrichtung zum 15. Mai geschlossen werden musste, nachdem das Notrufsystem angeblich bewusst manipuliert worden und ausgefallen sei (wir berichteten). Im Gespräch unserer Zeitung platzt einer Gruppe Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen, jetzt der Kragen. Zu viel ist passiert, was sich aufgestaut hat. „Das Notrufsystem hat noch nie funktioniert. Es waren zwar die Knöpfe da, aber der Rest hat gefehlt“, berichten die Angestellten und ergänzen: „Das ist doch wieder typisch, genau wie beim Bezahlen unserer Gehälter. Ausreden, nichts als Ausreden.“

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Lange haben die Mitarbeiter geschwiegen, jetzt packen sie aus und sind wütend und fassungslos zugleich. Seit einigen Monaten hätten sie schon kein Gehalt mehr bekommen und auch das versprochene Kurzarbeitergeld sei nicht geflossen. Das Geld sei nur selten pünktlich auf dem Konto gelandet. „Erst kam es zu spät, dann wurde uns mitgeteilt, dass wir es immer erst zum 15. eines Monats bekommen sollen und irgendwann kam dann gar kein Geld mehr“, berichten die Mitarbeiter und sehen ihre Existenz bedroht. Die meisten sind Hauptverdiener und ernähren ihre Familien davon.

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Gegenseitige Anschuldigungen

Ausreden, Lügen und Hinhaltetaktik – die Mitarbeiter berichten von „mafiösen Strukturen“: „Es ist doch schon komisch. Hier wurde Misswirtschaft betrieben und keiner will es gewesen sein oder verantwortlich für diesen Scherbenhaufen sein. Der schwarze Peter wird sich nun gegenseitig in die Schuhe geschoben“, sagen sie. Obwohl sie bei ihrer damaligen Einstellung noch begeistert waren, vom ihnen vorgestellten Konzept. Im Nachhinein betrachtet eine tolle Idee, Kindern mit Übergewicht in einer solchen Einrichtung die Möglichkeit zu bieten, ihre Lebensgewohnheiten zu ändern. „Wir haben großartige Gehaltsstrukturen für eine erfüllende und wertvolle Aufgabe in einem tollen Kollegenteam angeboten bekommen“, erzählen die Mitarbeiter.

Wir standen gefühlt mit einem Bein im Knast, wenn den Kindern etwas zugestoßen wäre.
Anonyme Mitarbeiter - Gesundheitscamp Kirchhundem

Doch so schleppend, wie der Start mit der Eröffnung des Camps lief – diese wurde mehrfach verschoben, fällt das Fazit des mittlerweile eingestellten oder ruhenden Betriebes aus – so recht weiß niemand, wie es für das Gesundheitscamp weitergeht. Schlechte Arbeitsbedingungen seien vorgefunden worden und es habe sich immer mehr herauskristallisiert, dass kein Geld für Investitionen da gewesen sei. So hätten Unternehmungen mit den Kindern abgesagt werden müssen, weil Transporter nicht betankt waren.

Computer wurden weggeschafft

Dann sei im laufenden Betrieb festgestellt worden, dass plötzlich Computer nicht mehr zugänglich waren und am Ende sogar weggeschafft wurden. „Wir standen gefühlt mit einem Bein im Knast, wenn den Kindern etwas zugestoßen wäre“, berichten die Mitarbeiter rückblickend. Im laufenden Betrieb mit zwischenzeitlich teilweise nur zehn bis 15 Kindern sei festgestellt worden, dass ein kurzfristig benötigter Rollstuhl nicht durch die Türzargen und in den Aufzug passt. „Da stellt man sich schon die Frage, wer diese Klinik abgenommen hat.“

Die adipösen Therapie-Kinder und ihre Begleiter sind seit Mitte Mai nicht mehr in der Klinik untergebracht. Innerhalb von zwei Tagen musste die Rehamaßnahme abgebrochen oder beendet werden. Die Mitarbeiter wurden freigestellt und zum Überstundenabbau nach Hause geschickt und seitdem hängen sie in der Luft.

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Eine der Angestellten erzählt: „Ich bin völlig fertig und es fühlt sich an, als wäre ich in einer Depression“, und ein weiterer Mitarbeiter ergänzt: „Die Situation, die Warterei auf das Geld und die Unsicherheit macht mich kaputt. Ich musste mir Geld in der Verwandtschaft leihen, um meine Familie weiter ernähren zu können. Die Bank wollte mir keinen kurzfristigen Kredit einräumen, ohne festes und regelmäßiges Einkommen.“