Wenden. Die Wendener Hobbyfotografin Karin Grebe hat ihre Leidenschaft für Lost Places entdeckt. Was sie an den verlassenen Orten ganz besonders reizt.
Verlassene Fabriken, leerstehende Autos oder riesige unbenutzte Tunnel – Lost Places stehen bei vielen abenteuerlustigen Fotografen hoch im Kurs. Die Faszination für das „ganz besondere“ Foto führt Interessierte oft an die unheimlichsten Orte. Auch die Wendenerin Karin Grebe ist auf der Suche nach Motiven, die in der tiefsten Natur nur darauf warten, entdeckt zu werden. Im Gespräch erzählt sie, wie sie überhaupt zum Fotografieren gekommen ist und, was sie an Lost Places so fasziniert.
Große Leidenschaft entwickelt
Als Karin Grebe mit neun Jahren von ihrer Oma eine Pocket-Kamera geschenkt bekommt, knipst sie, ohne sich groß Gedanken zu machen, einfach drauflos. Alle möglichen Motive kommen ihr vor die Linse – vor allem die eigene Familie darf sich im Posieren üben. „Ich habe schon als Kind gerne fotografiert. Ich habe ganz oft Urlaubsfotos gemacht“, erinnert sich die Krankenschwester zurück. Bis heute ist es für sie etwas Besonderes, die Geschichten hinter dem Bild zu erzählen und das Foto für sich sprechen zu lassen. „Für mich ist es ein Bauchgefühl. Ich muss etwas sehen und es muss mir gefallen. Ich warte, dass das Bild zu mir kommt.“
Der jungen Wendenerin sind jedoch anfangs Grenzen gesetzt. Das Hobby ist auf Dauer sehr teuer, allein die Entwicklung ihrer Bilder nimmt viel Zeit und Geld in Anspruch. Dazu ist nie wirklich klar, ob das Foto wirklich etwas geworden ist. „Früher war das alles eine Überraschung, wenn der Film nach Wochen zurückkam.“ Erst als sich die Kameratechnik weiterentwickelt und erschwinglicher wird, beschließt die heute 57-Jährige ihrem langjährigen Hobby professioneller nachzugehen. Sie kauft sich eine Spiegelreflexkamera, um ihre schönsten Momente im Leben festzuhalten und lernt dabei im Fotoclub Olpe die wichtigsten technischen Grundlagen kennen. „Aus dem reinen Knipsen ist da deutlich mehr geworden“, berichtet Grebe.
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Zusammen mit Clubmitgliedern besucht die Hundehalterin die verschiedensten Orte in Deutschland und lernt dabei ihre persönlichen Lieblingsmotive kennen. Besonders angetan hat es ihr die Reinheit der Natur. „Mich fasziniert, wie sich die Natur ihren Lebensraum zurückholt“, betont die Fotoliebhaberin. Fast automatisch landet sie mit ihrer Leidenschaft auch bei den sogenannten Lost Places. Über Kollegen geht sie auf Entdeckungstouren und fotografiert verlassene Gebäude oder heruntergekommene Autos. „Ich bin da eher Zuschauer“, achtet Grebe darauf, dass sie sich bei ihrem Hobby auch an Recht und Ordnung hält. In Erinnerung geblieben ist der 57-Jährigen vor allem der Besuch eines öffentlichen Autoskulpturenparks im Neandertal, in dem knapp 50, teils wunderschöne Autos über Jahre in einem Wald vor sich hin vegetieren und die Natur freien Lauf hat.
Riesiger Reiz nach Neuem
Für viele Besucher von Lost Places reichten solche öffentlich verlassenen Orte jedoch nicht aus. Viele beschäftigten sich deutlich intensiver mit der Materie und gingen bewusst das Risiko ein, wegen Hausfriedensbruch angezeigt zu werden oder aufgrund der alten Infrastruktur verletzt zu werden. Von waghalsigen Kletterpartien bis zum Überwinden von riesigen unterirdischen Tunneln sei alles mit dabei, so die Krankenschwester. Die Suche nach neuen verlassenen Orten benötige viel Recherche und Arbeitsaufwand. Immerhin ginge es vielen darum, einen Ort als Erstes zu entdecken. Der Reiz, eine ganz verborgene Geschichte erzählen zu können, treibe die meisten, so auch sie selbst, immer wieder an, auf Entdeckungstour zu gehen. „Wir erzählen mit unseren Fotos Geschichten. Die Geschichte dahinter ist immer faszinierend.“
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Der Besuch von illegalen Lost Places bringe jedoch immer große Risiken mit sich. Zum einen sei aufgrund der Beschaffenheit des Ortes die eigene Sicherheit gefährdet, zum anderen mache man sich strafbar. „Es gilt sehr vorsichtig zu sein, wenn man solche Plätze besucht.“ Die Sorge vor einer tatsächlichen Strafverfolgung sei oft nur wenig ausgeprägt, da in den meisten Fällen der jeweilige Eigentümer gar nicht mehr vor Ort ist. „Die Gesetzeslage ist teilweise schwammig, aber wo kein Kläger, da kein Richter“, fasst Karin Grebe zusammen.
Lost Places
Tatsächlich ist das Betreten von Lost Places nur erlaubt, wenn es sich um kein befriedetes Besitztum handelt. Konkret bedeutet das laut Staatsanwaltschaft Siegen, dass dann ein strafbares Vergehen des Hausfriedensbruchs vorliegt, wenn eine „physische Barriere, die sich deutlich von der Umwelt abhebt“, überwunden wird. Die Staatsanwaltschaft weiter: „Auch Ruinen, Rohbauten, abgesperrte Grabungsareale oder Baustellen können Gegenstand eines Hausfriedensbruchs sein.“ Klage erheben könne jedoch nur der Grundstückseigentümer, da es sich bei einem Hausfriedensbruch nach § 123 StGB um ein absolutes Antragsdelikt handelt.